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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0445
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1. Eheordnung 1583

die weibspersohn acht tag auch in einer gefängnus,
und dann beede noch umb zwaintzig gulden an gelt
gestrafft werden. Und ob schon ihnen, sonderlich
der weibspersohn, ihre sprüch9 und forderung von
wegen der schwäch- und schwängerung vorbehalten
sein soll, so sollen sie doch hiemit wißen, weil sich
die weibspersohnen je länger, ye mehr und etwan
darumben der unzüchten befleißen und |11 | darzue
bewilligen, daß sie zue vermaintem abtrag ihrer eh-
ren ein zimbliche summa gelts erobern und andern
dardurch zu solchem laster auch ursach geben, daß
ihnen auff solchen fall das wenigst für das maiste,
auch etwan nur ein paar gulden und ein paar
schuch, doch alles den kayßerlichen rechten, andern
löblichen ordnungen und gewonheit nach erkandt
und, da sie keine burgerskinder, alßdann zur statt
hinauß, ihren pfennig anderstwo zu zöhren, gewißen
werden sollen.
Es möcht auch eine weibspersohn eines so bösen
geschrays und verdächtigen anhangs sein oder selbs
zu ihrem fall ursach geben, deren soll nit allein
nichts erkandt, sondern andere mehrere straff obrig-
keit halben gegen ihr vorbehalten sein. Und welche
kinder also |12| und anderer lästerlichen10 sachen
halben unehelich gebohren werden, die sollen deß
Zum dritten: Von verbottenem grad in
Nachdeme sich je länger und mehr zuträgt, daß et-
liche unverschämbte11 persohnen, ungeacht daß sie
mit bluthfreundschafft oder schwagerschafft einan-
der dermaßen verwandt, daß sie göttlicher und na-
türlicher zucht und erbarkeit oder sonst rechtmeßi-

α Rathsprotocoll, d. ii. Maii 1658. [Im Ratsprotokoll zum
11. Mail 1658 heißt es:] Demnach Martin Narzer, weber
(der seidthero todts verfahren) in dem verwichenen
herbst mit seiner sponsa Barbara Kantschin, und zwahr
unter jungfrawlichem krantz, zu kirchen gangen, welche
in 6 woehen hernach eines kinds genesen und die straff
bißher angestanden, alß soll sie dieselbe mit dem thurn
und gelt vermög der eheordnung außstehen und erstat-
ten. Weil aber erst in anno 1653, den 4. Octobris, auff
trib der herrn gaistlichen new geschloßen und in die ehe-
ordnung gebracht worden, daß solche persohnen an ei-
nem freytag auff das lasterstüelin gesezt werden und of-

bürgerrechts alhie nicht fähig, sondern deßelben
verzugen und auß gemainer statt gebiet unverzogen-
lich verwisen werden.
Welche verlobdte persohnen, deren verspruch
gleichwol unstrittig oder aber strittig gewesen und
zue einer erörterung und entschaid gebracht wor-
den, sich unerbarer und ärgerlicher weiß vor dem
öffentlichen christlichen kirchgang und hochzeittag
unehrlich und unordenlich zusammen halten, die
sollen zugleich vor dem kirchgang gefänglich einge-
zogen und die mannspersohn acht tag im thurn mit
waßer und brodt und die weibspersohn vier tag auch
in einer gefängnus, sampt beede mit zwaintzig gul-
den paarem |13 | gelt gestrafft werden. Darzue soll
ihnen hiemit ernstlich gebotten sein, daß sie nach
solcher begangenen schandt ohne jungfrawliche ge-
zierde, nur sie beede allein ohne hochzeittliche spühl
und ohn alle gastung, zu kirchen gehen und sich ein-
seegnen laßen. Da aber dergleichen persohnen under
jungfrawlichem schein und dero zierden sich ein-
seegnen laßen und hernach ihre begangene schandt
offenbahr wurde, so sollen sie neben obgesezter
thurnstraff mit dreyßig gulden an gelt zu erlegen
angesehen und darzue an einem freytag in der wo-
chenpredigt offentliche kirchenbueß thunα. |14|
bluthsfreundt- und schwägerschafft
gen satzungen halben keine rechte, ordenliche und
göttliche ehe miteinander besitzen mögen, sich ehe-
lich zusammen zu verpflichten understehen, welches
dann vor Gott grewlich und abscheulich, auch da-
rauß vil ärgernus und sonst allerhandt unrath erfol-

fentliche kirchenbueß thun sollen, alß seind auch hieran
die herrn gaistlichen gehört, die limitieren es dahin, daß
sie vor und nach der predig solchen persohnen in der
sacristey das gesezt [!] scherpfen und die predig darauff
dirigieren wolten, die delinquenten aber in ihren stüelen
sitzendt gelaßen werden sollen. Dabey es künfftig auch
bey andern in dergleichen verbrechen verbleiben und
daß lasterstüelins befreyt sein sollen.

9 Ansprüche.
10 Lasterhaften, mit Makel behaftet.
11 Schamlose.

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