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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0072
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Landau

ein gemeinschafft oder geselschafft des leibs unnd
bluts Christi genennet hat, 1. Corinth. 10.49 Da-
rumb ists nie gehört worden bey den ersten from-
men Christen (die on zweiffel des herrn Abentmal
wol erkanth unnd in der aller höchsten ehren gehal-
ten haben), das ein eintziger Christ allein zube-
gon50 oder zubrauchen understanden habe. |Biiiv |
Von einer heyligen Christlichen gemeynde.
Was ist ein heilige Christliche gemeynde, so zu wir-
diger haltung des heiligenn Abentmals von nöten
sein will?
Es ist ein freuntliche und holtselige geselschafft
oder versamlung etzlicher frommer menschen, die
sich auß dem tribe des heyligen geists mit glauben
unnd liebe von der argen, bösen welt abgesondert,
under den gehorsam und burgerschafft oder regi-
ment des heylgen Evangelii gutwillig begeben haben
und nun des heiligen Christlichen glaubens halben
also einander erkandt und angenommen haben, das
ein yeglicher den andern fur ein fromm, ausserweltes
kinde Gottes unnd seinen lieben bruder in Christo
haltet, Und cristliche brüder liebe in glücke und un-
glücke, geistlich und leiplich, mit im zutheylen und
widerumb auch von im zuentpfangen geneygt ist.
Dann also ist es zu Pauli zeiten mit den Christlichen
gemeynden gestanden bey den Röm., Chorint., Ga-
lat., Ephess., Philip., Coloss., Thess. etc. Darumb
sein sie die heiligen genant worden. |Biiiir|
Ist das auch ein Christliche gemeynde, wann der
grösser teyl in einer versamlung falsch und unge-
recht ist, on waren glauben und on die Christliche
bruder liebe beyeynander wonet und gleichwol die
außwendigen gotzdienste mit fasten, feyeren, bet-
ten, predig hören, Psalmen singen und Sacrament
hendel mit eynander treybent?
Neyn, es ist kein heylige Christliche gemeinde,
sonder ein arme, elende zerstrewung, dann das ist

n-n Fehlt bei Reu.
49 1Kor 10,16.
50 Wohl: zu begehen.

die rechte art und eygenschafft einer heyligen
Christlichen gemeynde, das der grösser teyl fromm
sey unnd die, so sich als unfrom finden lassen, auß
heiliger liebe (durch brüderliche straffe oder durch
den Christlichen banne) auch fromme zumachen
oder von sich auß der heyligen gemeynde, hinweg
zuweißen beflisse. Darumb, wo solichs nit geschicht
unnd die unfrommen offentlich geduldet, durch brü-
derliche straffe nit fromm gemacht oder durch den
Christlichen banne von den frommen nit abgeson-
dert werden, da ist in der warheit unnd fur Got noch
kein heylige, Christliche gemeinde, wie man auß
sanct Paulus zu den Corint.51 und Thessa.52 genug-
sam verston kan. |Biiiiv|
Wie soll im aber ein frommer, ernsthafftiger Christ
thon, wann er ein solche heylige Christliche gemein-
de nicht finden möcht, solt er darumb mit dem heil-
gen abentmal gantz stilsten?
Jha, nach meiner meynung ist besser, inn heili-
ger gotzforcht stillstanden, dann unwürdig des her-
ren Abentmal gehandelt; ursach: dann der auß sol-
cher gotzforcht stillsteet, der fallet doch nit in das
erschröcklich urteyl Gottes Unnd kane nicht desto-
weniger in krafft des waren glaubens des leibs und
bluts Christi so wol teylhafftig werden, als so er das
Sacramentlich abentmal gleich wirdig gehalten het-
te, wie die gotsgelerten wol wissen, darvon Apoca. 3
also geschrieben steet: So yemandt meine stimm
hören wirt nunnd die thür auffthon, zü dem werde
ich eyngeen und das abentmahl mit ime haltenn und
er mit mir.53 Der aber so ganntz ungotsforchtig ist,
das er das Sacramentlich abentmal viel lieber mit
den gotlosen unnd in unwürdigkeit halten will, dann
das er seiner in heiliger gotzforcht ein zeit lang man-
geln wölt, der fallet inn sollich unglück, das er des
götlichen leibs und bluts Christi nit allein manglen
müsse, sonder auch schult- |Bvr| hafftig dran wirt
unnd im selbs das gericht nimpt, wie Paulus 1. Cor.
11 geschriben hat.54

51 1Kor 5.
52 1Thess 4,1-12.
53 Apk 3,20.
54 1Kor 11,27-29.

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