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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0291
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3. Kirchenordnung 1566

Von der Ordination.

gDer Heilige Apostel Paulus zum Timotheo spricht
also: Die Lehre, die du von mir gehöret hast bey
vilen zeugen, soltu befelhen treuwen Menschen, die
tüchtig seind, andere zu lehren.180 Mit wölchen wor-
ten der Apostel anzeigt, daß Gott, der Allmechtig,
im wölle ein Christliche Kirch samlen durch die Pre-
diger seines Göttlichen worts und durch außtheilung
der Hochwirdigen Sacrament, und solche Predig des
heiligen Evangelii sol nicht ohn krafft und sonderen
nutz und frucht abgehn, sondern vil seelen zum ewi-
gen leben bringen, wie dann Gott durch Esajam
klärlich anzeigt im 51. cap., da er also sagt: Ich lege
meine wort inn deinen mund und mit dem schatten
meiner hand bedecke ich dich, daß du mir den Him-
mel pflantzest, das ist, daß du mir ein ewige Kirch
samlest durch das wort, damit der Himmel erfüllet
werde wie ein schöner Garten mit pflantzen.181
Zu solchem hohen ampt, wölches nit eines Men-
schen, sondern des Herrn Christi eigen werck ist,
braucht der Allmechtig Gott selbst Personen darzu,
deren er etliche selbst ohn mittel berufft, als die
Propheten unnd Aposteln, wie er auch Paulum ohn
mittel darzu beruffen hat; etliche berufft er durch
gliedmaß der Kirchen, und ist diß sein will, daß wir
diesen unsern gehorsam darbey erzeigen, daß die
Kirch selbst für unnd für tüchtige |92r| Personen su-
che und erwöle, denen das Predigampt nach der ver-
hör und mit dem Gebet befolhen werde; und ob
gleich die Personen nicht ohn mittel durch die Kir-
chen Diener oder gliedmaß etc. beruffen seind, so ist
doch der Herr Christus krefftig duch sein Evange-
lion und Sacrament. Darumb sol das Volck offt erin-
nert werden, diese Göttliche ordnung und gaben zu
betrachten, auch Gott und seinem Son Christo
dancken, daß er also das Predigampt erhelt unnd
dardurch krefftig ist, bey uns wohnet, hilfft unnd

g Von hier bis Fußnote h S. 274 aus KO Pfalz-Zweibrücken
1557 (gekürzt).

180 2Tim 2,2.
181 Jes 51,16.
182 Joh 15,5.

erhöret uns unnd macht uns erben ewiger seligkeit,
sollen auch das ampt und die trewen Personen lie-
ben und ehren, ernstlich Gott bitten, daß er die Kir-
chen nicht wölle zerstören lassen durch Teuffel, Ju-
den, Türcken, Tyrannen, Bapst, falsche Lehr etc.,
daß er uns tüchtige Personen geben wölle und wölle
sie und uns mit seinem heiligen Geist regieren.
Dann warlich, solch Kirchen Regiment ist nicht ein
werck Menschlicher weißheit oder macht, wie vil
toller Reformatores dencken, sondern es ist des Her-
ren Christi werck, wie er selber spricht Joannis 15:
Ohn mich köndt ihr nichts thun.182 Darbey sol ein
jede Kirch diesen gehorsam halten, daß sie treuwli-
che, tüchtige Personen zum Ampt suchen und
wölen.
Darumb ist auch erstlich unser wil und befelch, daß
man nicht gestatte, daß unberuffene und unverhörte
Personen sich selbst ins Ampt eindringen.
Unnd mag uns hiemit nichts aufferlegt werden,
als machten wir Menschen Gebott, dann das ist ge-
wißlich war, daß der beruff, verhör, offentliche ver-
kündigung bey der Kirchen unnd Gebet Göttliche
ordnung seind, und ist tröstlich, daß wir wissen,
Christus wölle das ministerium durch diesen beruff
erhalten, wölches auch baldt nach der Apostel zeit
also angefan- |92v | gen und gehalten ist, wie dann die
Concilia, sonderlich Nicenum,183 außweisen.
Und gehört diese Lehr in diesen Artickel: Ich glaub,
daß ein heilige Christliche Kirch sey, das ist, daß
der Herr Christus gewißlich krefftig sey, wo das hei-
lig Evangelium recht gepredigt und mit glauben an-
genommen würt unnd die Sacrament inn rechtem
brauch seind,184 und würt hie geredt für unnd für
von der Kirchen, die Prediger hat, wölche, laut des

183 Das Nizänische Konzil legte u.a. Regeln fest, wie ehe-
malige Anhänger von Sekten wieder zum Priesteramt zu-
gelassen werden sollten, vgl. Denzinger, Enchiridion,
Nr. 127-128.
184 Vgl. CA 7, BSLK S. 61.

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