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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0448
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Sayn

als der zeitliche, sintemal er ein ewig Ding ist und
nimmermehr auffhöret. Solcher Fahr (sprich), lieber
Freundt, wil ich dich erinnert haben, bleibestu ver-
stocket, so bleibestu dirs in Ewigkeit. Widerumb
bekehrestu dich, so soll der zeitliche Tod als die
Straff deiner Sünde auffhören und dort in ewiges
Leben und Freude verwandelt werden. Dann Gott
wil dem Sünder gnädig seyn und vergeben, wenn er
sich von Hertzen bekehret und ihm seine Sünde läst
Leyd seyn. Weiter kan man es mit einem solchen
Menschen nicht bringen. Darumb mag man ihn sel-
bert mit solchen Gedancken bey sich ein zeitlang
arbeyten lassen und Gott für ihn bitten, daß er sein
Hertz erleuchten und dem bösen Geist wehren wöl-
le, etc. |166|
Vom Trösten.
Wo aber das Hertz zuvor blöde, erschrocken oder
durch solche Vermahnung ist erschreckt worden und
läst ihm die Sünde leydt seyn, da muß man als dann
zweyerley Trost haben.
Erstlich den Trost deß Gewissens, daß sie sich
wider das böse Gewissen wehren und mit Gottes
Güte trösten lernen.
Darnach den Trost wider das Sterben und den
schmählichen Todt, daß sie ihn verachten und sich
eines besseren Lebens, dann hie ist, trösten lernen.
Den Trost deß Gewissens mag er also anfahen, nem-
lich daß man zum ersten den Armen Menschen ver-
mahne, er wölle von Hertzen Gott dancken, weil es
doch sonst muß gestorben seyn, daß ihn Gott also
zur Busse gefordert und an den Ort bracht habe, da
man ihnen zu einem rechten Sterben unterweisen
und trösten könne.y Darnach soll man ihn trösten
seiner Sünde halben und vermahnen, daß er dersel-
ben halben nicht verzage. zDann Gott hat nicht
Lust an der Sünder Todt, er wil die Sünde vergeben
und ewig selig machen. Darumb hat er seinen eini-
gen Sohn Jesum Chri- |167| stum Mensch werden
und sterben lassen, auff daß er für uns liedte und wir
y Von Fußnote x S. 427 bis hierher aus KO Pfalz-Zwei-
brücken 1557, Sehling, EKO XVIII, S. 226f.
z-z Aus KO Pfalz-Zweibrücken 1557, Sehling, EKO
XVIII, S. 227f.

durch sein Sterben und Leiden Vergebung der Sün-
den und ewiges Leben hetten.
So dich nun deine Mißhandlung anficht und dein
Gewissen bekümmert, so siehe hieher, was Christus
für dich gethan hat, dann also heist der Spruch:
Christus ist das Lämblein Gottes, welches der Welt
Sünde trägt. Bistu ein Mensch, so bistu auch ein
Stück der Welt, bistu dann ein Stück der Welt, wo
hat Gott deine Sünde hingelegt? Für der Welt ligen
sie auff dir, darumb mustu auch sterben, das ist der
Welt Urtheil. Was aber ist Gottes Urteil? Nemlich,
daß Christus Jesus deine Sünd von dir genommen
und auff sich geladen, dieselbigen getragen und dar-
für bezahlt hat, auff daß du für Gottes Urtheil, so
du dich solches Leidens Christi annimmst, von Sün-
den frey und ein Kindt Gottes in Ewigkeit bleiben
solt. Dann also spricht Christus selber, Joan. 3:
Gott hat die Welt also geliebet, daß er seinen einigen
Sohn hat hingeben, auff daß alle, die an ihn gläuben,
nicht verlohren werden, sondern das ewige Leben
haben.197 Hie hörestu, wo Christus nicht were ge-
storben, müsten wir alle der Sünden halber verloh-
ren seyn. Nun aber Christus gestorben |168| ist, sol-
len wir alle an Christum glauben, das ist, uns seines
Leidens annemmen und gläuben, daß es umb unsert
willen und uns zu gut geschehen sey und daß wir
dardurch von Sünd und Todt erlöset seyn. So sollen
wir nit verloren werden, sonder das ewige Leben ha-
ben.z Diesem Sohn Gottes soltu Glauben geben und
seine Verheissung nicht verachten.
Auff solche und dergleichen Weise soll man den Ar-
men Sündern die Wolthat Christi einbilden und sie
trösten, so wirdt Gott durch seinen Geist bey dem
Wort seyn und wircken. Als dann, so solches ge-
schehen, mag mann auch zu dem ubrigen Stück
greiffen unnd dem Armen den schmählichen leibli-
chen Todt sanfft und leicht machen auff solche
Weise.

197 Joh 3,16.

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