Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0140
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
126

Die Schwarzburg’schen Herrschaften.

(Nr. 27.) Ein „Ordo Blanckebergensis scholae, quam brevissime comprehensus“ (Sondershausen,
Regierungsarchiv F. 71/2, Rudolstadt, Archiv, A. V, 4a, Bl. 1—4) gehört wohl auch in diesen
Rahmen, wird aber nicht abgedruckt.
Sehr beachtenswerth ist auch ein „Verzeichnis etzlicher beschwernuss articul und vor-
brachter klagepunkte, welche sich in vorstehender visitation alhier in der stadt Sondershausen
befunden und unserm gnädigen herrn darin geburlichen einsehen zu haben, vorgetragen werden
sollen“, wohl ein Bericht der Visitatoren an den Landesherrn. Es wird hier geklagt über
Bettlerunwesen, über die Höhe des Schulgeldes, Noth im Spital, schlechte Besoldung der Schul-
lehrer, über Sünder in der Gemeinde (Einer ist des Flacianismus verdächtig, ein Anderer hat sich
„offentlich verehelicht, will seine frau nicht zur kirche fuhren“, „ein vater hat seine tochter
offentlich verlobt, will sie nun nicht zur frau geben“). [Vgl. die Akten im Sondershausener
Archiv F. 71/2 und in Rudolstadt a. a. O]
Ehe wir zur grossen Visitation von 1587 übergehen, müssen wir noch einer kleinen
Agende gedenken, welche im Jahre 1574 für die Oberherrschaft erlassen wurde: „Kirchenordnung
wie dieselbe in Ober-Schwarzburgischer herrschaft mit ceremoniis in stedten und dorfern ein-
trechtig gehalten werden“. Dieselbe liegt, von einer Hand des 16. Jahrhunderts geschrieben, im
Fürstl. Landesarchiv Sondershausen F. 643, 6 Lagen, 12 Blätter, erste Lage Umschlag, von
welchem das erste Blatt auf der Aussenseite die gleichzeitige Aufschrift trägt „Kirchenordnung
anno 1574“ und auf der inneren Seite das Inhaltsverzeichniss enthält. Eine moderne Abschrift in
der Ministerial-Bibliothek Sondershausen, Schwarzburg. II, 45a. Die Ordnung gelangt hier erst-
malig nach Sondershausen F. 643 zum Abdruck. (Nr. 28.)
In der sogleich zu nennenden Visitation von 1587 wird auf diese Agende von 1574 Be-
zug genommen.
Von besonderer Bedeutung war die grosse Visitation von 1587. Es findet sich ein umfang-
reiches „Bedenken auf was form und weise eine visitation anzustellen anno 1587“ in dem Rudol-
städter Archiv, A. V, 4a, Bl. 181—220, auch (sehr schön geschrieben) im Sondershausener Archiv,
Schwarzburg. Visitationsakten 1587, Bl. 1 ff. [Moderne Abschrift in der Ministerial-Bibliothek
Sondershausen II, 48, Bl. 171 ff.] Es ist nicht ersichtlich, von wem dieses Gutachten herrührt.
Dasselbe giebt die leitenden Grundgedanken der folgenden Visitation an und gewährt auch einen
guten Einblick in die herrschenden kirchlichen Zustände. Daher sei eine kurze Inhaltsangabe
gestattet. Die Visitation hat sich zu erstrecken: auf reine Lehre, auf Sonntagsheiligung, auf
Unterdrückung von Zauberei und Wahrsagerei, auf die Dauer der Predigt, darauf, ob der Prediger
die Predigt aus dem Buche oder dem Concept ablese, ob er die Sakramente und Ceremonien „der
kirchenordnung dieser herrschaft ebenmächtig“ halte, „ob er in der kirche oder zu hause beicht
sitze, mehr dan eine person auf einmal absolvire“, „ob er aus eigener erkenntnis und vorsatz
ohne bevehl seines inspektoris jemanden die absolution und heilige abendmal versage“; auf
Sorge für das Einkommen, für die Schulen (ob diese der Visitations-Ordnung Herzog Heinrich’s
von Sachsen und der Kirchen- und Schul-Ordnung Kurfürst August’s gemäss eingerichtet sind;
folgt eine Ordnung des Schulwesens); der Figuralgesang soll eingeschränkt werden, „damit der
gemeine mann auch diesfalls in seiner andacht nicht gehindert werde“ u. s. w.
Zu Visitatoren wurden von den Vormündern der Kinder des Grafen Hans Günther, den
Gebrüdern Grafen Johann Antonius zu Oldenburg und Delmenhorst, Herrn zu Jever u. s. w.
bestellt: der Superintendent und Pfarrer in Arnstadt, Josua Loner; Andreas Hunolt, Pfarrer zu
Sondershausen; Bastian von Germar, Hauptmann; Jobst von Heiligen; Dr. Daniel Gutentheter,
Kanzler; M. Johann, Börner; Christoph Kirchberger. Vgl. die Vollmacht vom 15. Juli 1587 in
dem Rudolstädter Archiv, a. a. O. Bl. 220 ff., auch in Sondershausen, a. a. O.
Aus dieser Visitation ist hervorzuheben eine Ordnung der Fest- und Feiertage, auf die
auch in dem sogleich zu nennenden Abschiede unter XV Bezug genommen wird. Dieselbe wird
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften