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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0313
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49. Des durchlauchtigen hochgebornen fürsten und herrn, herrn Georg Ernsten, kirchen ordnung. 1582. 299

augspurgischen confession, mit verleihung gött-
licher gnaden, bis an unser ende bestendig zu-
verharren gedenken.
Nach dem aber anfangs der vorgenommenen
christlichen reformation etliche viel sonst unnötige
und in gottes wort ungebotene ceremonien umb
der schwachen blöden gewissen willen, so sich
damals allererst zum evangelio begeben solten,
geduldet worden, und aber, dem allmechtigen sei
lob und dank, dieses licht des heiligen evangelii
so herrlich aufgangen und durch den segen gottes
soviel frucht geschafft, das bei unsern unterthanen
dergleichen ceremonien ferner zu behalten keine
notdurft, und uber das auch eine gute zeit hero
in solchen eusserlichen kirchen gebreuchen in
unserer fürstlichen grafschaft kirchen (wie denn
auch wol durch gutherzige kirchendiener je zu
zeiten zu geschehen pflegt) allerhand ungleicheit
eingefüret und bisdahero gebraucht worden, dar-
durch wir bewogen vor einer guten anzahl jar
mit dem damals darzu delegirten ministerio solcher
unser fürstlichen grafschaft zu beratschlagen, wie
solche unnötige ceremonien ab und sonsten der
ungleicheit mit guter bequemligkeit rat zu schaffen,
auch eine bestendige und gleichförmige, sonder-
lich aber auch unserer fürstlichen grafschaft und
derselben inwonender unterthanen gelegenheit
nach bequeme kirchenordnung in solchen eusser-
lichen kirchen gebreuchen anzustellen sein möchte,
welche uns dann zur selbigen zeit, das wir
selbsten, als dem die gelegenheit unsers ort landes
und unserer unterthanen am besten bewust, der-
gleichen ordnung fassen und begreifen lassen, und
ihnen als denn dieselbige ferner zu uberlesen und
zu beratschlagen ubergeben wolten, unterthenig
aufgetragen und heimgestellet, und wir solches
demnach also gnedig auf uns genomen und dar-
auf eine kirchenordnung mit vieler reiner, gott-
seliger und hochgelarter auswertiger theologen
rat und bedenken , welche auf fleissige erwegung
derselbigen, das sie nichts unchristliches oder so
wider gottes wort sein möchte darinnen befünden,
uns ausdrücklich zugeschrieben und zu erkennen
geben, stellen und verfassen, und fürter dieselbige
gedachtem unserm ministerio vorlegen und ir
iudicium und christlich bedenken darüber begeren
und zur hand bringen lassen, uf welches gefolget,
das auf gegenwertige ordnung geschlossen und sich
der endlich verglichen worden, in welcher fur
nemlich allein dahin gesehen, das das jenige, was
etwan ubrig und unnötig von ceremonien und
dadurch allein die zuhörer lang aufgehalten, auf
das und damit die predigt des göttlichen worts,
sampt dem gebrauch der heiligen hochwirdigen
sacramenten, welches denn die furnembsten heupt-
stück sind, darinnen die seligkeit allein stehet,
und darauf die christen furnemlich sehen sollen

und müssen, desto eiveriger und mit willigerm
herzen besucht, betrachtet und demselben ab-
gewartet, beigethan und abgeschafft werde, dieweil
sonsten durch menge und viele der kirchen-
gebreuche die leute gemeinglich dahin geraten,
das sie mehr auf solche eusserliche sichtbarliche
ceremonien, als der natur und vernunft, welche
ohne das in gottes sachen ein thörin ist, annem-
licher und anmutiger, denn uf die predigt, lehr
und sacramenten selbsten ire andacht richten und
achtung geben.
Wir wollen aber hierdurch andere kirchen
und gemeine der christlichen augspurgischen con-
fession verwandt und zugethan, das sie vieleicht
andere und mehr ceremonien im brauch füren und
haben, gar keines weges gestraft, noch denselben
einige mass gegeben haben, denn wir, wie oben
vermeldt, allein dahin gesehen, wie die kirchen
gebreuche in unserer fürstlichen grafschaft, nach
derselben allerhand gelegenheit, vermöge christ-
licher freiheit, damit sie dero kirchen am dienst-
lichsten und erbaulichsten seien, gerichtet und
angestellet werden mögen.
Wann auch durch unserer religion der augs-
purgischen confession verwandte stende in eine
durchaus gehende gleichförmige agend oder kirchen-
ordnung, soviel die ceremonien anbelanget, künftig
bewilliget werden solte, wollen wir uns denselben
hierdurch gar nicht, so wenig als von dem be-
kentnus reiner einmütiger lehre, abgesondert
haben; so wol als wir uns auch hingegen diese
unsere ordnung nach gelegenheit der zeit, und wie
es unserer fürstlichen grafschaft kirchen jederzeit
am erbaulichsten sein möchte, ordentlicher weise
zu endern und zuverbessern, hiermit vorbehalten
haben wollen.
Und solchem allem nach wollen wir hiemit
unsere verordnete kirchenräte und decanos, auch
alle andere gemeine pfarrherrn und kirchendiener,
unserer visitation unterworfen, gnediglichen er-
innert haben, das sie solche unsere kirchenord-
nung, wie dieselbige, als obgemeldt, allein zu
gottes ehren, fortpflanzung seines reinen heil-
wertigen worts und evangelii und seiner heiligen
kirchen christlicher erbauung in dieser unserer
fürstlichen grafschaft, wie gott weis, gemeinet und
angestellet, also auch gleicher gestalt irem ampt
nach treulich befördern und fortsetzen und sich
derselben semptlich, allerlei ergernis und unord-
nung zuvermeiden, gemess erzeigen und christ-
liche gleichheit halten wollen.
Nicht wenigers wollen wir auch alle unsere
unterthanen, wes standes die sind, aus christlicher
väterlicher vorsorge, als ihr von gott geordnete
obrigkeit, gnediglichen vermanet und von ihnen
begeret haben, das sie sich auch disfalls alles
christlichen gehorsams gegen gott und seiner
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