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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0328
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314

Die Grafschaft Henneberg.

Volget, wie ohngefehrlich der text des
passions in obvermeldte sechs predigten
auszuteilen.
Wann ein prediger die historien vom leiden
Christi aus dem evangelisten Mattheo handeln
wolte, als könte er zu der ersten predigt den an-
fang des texts im 26. cap. (Und es begab sich,
da Jesus alle diese rede vollendet hatte) bis an
den unterscheid (Und da sie den lobgesang ge-
sprochen hatten) zuerkleren fur sich nemen. Die
historien aber von der einsetzung des nachtmals
müste er in der ersten predigt vom text der
passion einstellen, weil sie auf den grünen
donnerstag zuverhandeln verordnet.
Zur andern passions predigt neme er den
unterscheid (Und da sie den lobgesang gesprochen
hatten) mit dem volgenden text, bis an den unter-
scheid (Do sie Jesum gegriffen hatten).
Zum dritten, von dem unterscheid an (Do sie
Jesum gegriffen hatten) erkleret er den volgenden
text bis zum ende des capitels.
Zur vierden predigt fing er das 27. capitel
an und berürte es mit der erklerung bis an den
unterscheid (Und do sie in verspottet hatten).
Von dem unterscheid an, der da heist (Und
da sie in verspottet hatten) legt er den text aus
zur fünften predigt, als auf den palmtag früe, bis
an den unterscheid (Und sihe, der vorhang im tempel
zerreis). Aber von dem unterscheid (Und sihe,
der vorhang etc.) als zur sechsten predigt ver-
lese er den text bis zum ende des capitels.
Vom ehestande.
Auf die nechsten sontage nach jedem qua-
tember sol allezeit eine halbe stund, ehe denn
sonst gewöhnlich, darmit neben denen auf die
sontage geordneten ceremonien auch der pfarr-
herr zeit habe, das ehemandat zuverlesen, und
gleichwol auch das ampt zu rechter zeit, wie oben
vermeldt, geendet werde, geleutet werden, wie
denn dasselbige ehemandat auch durch unsere be-
ampten jerlich auf die petersgerichte abgelesen
werden sol.
Es sollen auch alle, so zu der ehe greifen
wollen, vermöge erstberürtes unsers ehemandats,
drei sontage zuvor offentlich auf der canzel aus-
gerufen werden, dergestalt, das der prediger jedes-
mals ausdrücklich vermelde, wenn die ausrufung
zum ersten, andern oder drittenmal geschehe,
ohngefehrlich auf folgende masse:
N. und N. wollen nach göttlicher ordnung
zum heiligen stande der ehe greifen, begeren zu
solchem vorhaben ein gemein christlich gebet, auf
das sie diesen göttlichen stand christlich anfahen
und zu gottes lob, ehr und preis seliglich voll-

enden mögen. Wann auch jemands etwas darein
zu sprechen hette, der sol es bei rechter zeit
thun und an ordentlichen orten vorbringen oder
sich nachmals etwas zu verhinderung darwider
vorzunemen enthalten. Gott gebe ihnen seinen
segen.
Die kirchendiener aber sollen niemand
frembdes ohne gnugsam vorgehend zeugnis, das
er sich anderswo nicht verehelicht habe und ver-
möge des ehemandats das verlöbnus in der bluts-
freundschaft oder schwägerschaft nicht zu nahe
sei, ausrufen, viel weniger in der kirchen zu-
samen geben.
Und nach deme, darmit alle und jede vor-
laufende hendel und geschefte in geistlichem und
weltlichem regiment ohne beiderseits verhinderung
desto bequemer verrichtet, auch umb handwerks
und anderer arbeitsamer leut willen, das dieselbigen
irer arbeit umb so viel desto besser abzuwarten
haben, ein heuptpredig tag, neben der freitags
predigt, wie hieroben vermeldet, und den andern
frügebeten wochentlich verordnet, als sollen
demnach alle hochzeit tage, damit keines andern
tages verordnete geschefte und ubungen verwirret
oder verhindert, und ein jeder seines ampts und
standes werk ohne verhinderung der hochzeiten
auswarten und verrichten möge, auch auf das die
ubrige kosten und unnötige zehrung, sonderlich
bei diesen ohne das schweren und theuern zeiten,
nach laut unsers jüngst publicirten hochzeitmandats
soviel mehr verkommen und abgeschafft werden,
auf obberürten hauptpredigts tag als auf den
mitwochen gelegt werden.
So dann breutgam und braut in die kirchen
komen, sol man, wofern ein orgel verhanden,
etwas zu schlagen anfahen, wo nicht, figuriren,
oder sonst ein geistlich hochzeit lied singen.
Nach diesem sol der kirchendiener auf den
predigstuel gehen, das volk mit verstendigen lauten
worten, wie er sonsten im predigen zu reden pflegt,
zum gebet ermanen und nach gesprochenem vater
unser zu predigen anfahen.
Nach der predigt sol er das volk, wie auf
die sontage und fest zum gebet wider ermanen,
und beide eheleute, das sie solchen ihren an-
angefangenen ehestand christlich fortsetzen und
zu gottes lob, ehr und preis seliglichen vollenden
mögen, ausdrücklich mit einverleiben und also
darauf ein jeder das vater unser beten.
Darnach sol der kirchendiener, ehe er vom
predigstuel gehet, das volk erinnern, das ein jeder,
soviel ihm gefellig, aus christlicher liebe den
armen ins klingelsecklein (welches herumb ge-
tragen werden sol) gott zu wolgefallen, dem ehe-
stand zu ehren und den notdürftigen zu nutz und
steuer geben und einlegen wolle.
 
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