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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0381
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74. Formula pacificationis. Vom 30. December 1580.

367

lehr und aufnehmung der kirchen gottes (per
vinculum spiritus sancti zum höchsten von nöten)
uns mit ernstem fleiss bemühet zwischen vor-
gemelden collegen und fratribus, so jetzund all-
hier in unser stadt und in unserer ministerio
verbi et sacramentorum seind, vorerzehlte gebrechen
und irrungen abzuhandeln und fruchtbarlich bei-
zulegen.
1. Horridarum phrasium αμνηστια.
Es ist aber solche tractation und handlung in
dem namen des allmechtigen aus christlichem
eifer und inniglich gewünschtem friede von uns,
dem rate und ganzem ministerio unserer evan-
gelischen kirchen allhier also vorgenommen und
angestellet:
Dass nemblich über und von wogen etzlicher
mit missverstande aufgenommenen reden, darvon
und dahero die fürgefallene irrungen sich ver-
ursachet und weiter beschwerung künftiger zeit
daraus hetten entstehen und erwachsen können,
nach eines jeden person und der zugetragenen
händel nothurft und gelegenheit erforderung ge-
pflogen; derowegen ist ein jeder insonderheit be-
fraget, dass er frei und ohne scheu vermelden und
anzeigen wolte, was er an ein oder der andern
oder mehr personen in ministerio für mangel und
fehl an lehr, leben und wandel hette und wüste,
warumb und was ursachen, darauf die erklärung,
so ein jeder insonderheit endlich und schliesslich
gethan, dahin mit allen fleiss gerichtet und vor-
bracht worden: das sie ingemein und insonderheit
ihr lehr und predigamt daher angestellet, auch in
künftiger zeit durch verleihung gottes des all-
mächtigen unbegreifliche gnad und segen in dieser
kirchen und ihnen anbefohlenen und vertrauten
schäflein und zuhörern an- und vortragen bedacht,
welches durchaus ohne einige corruptelen, allein
aus gottes wort und h. göttlicher schrift, den
dreien fürnehmen und von der ganzen algemeinen
christenheit angenommenen und beliebten sym-
bolis [am Rande: symbola: nicenum, athana-
sianum, augustana confessio] apostolico, niceno
et athanasiano, darzu augustana a. dreisig in
der grosen reichsversamlung keisers Caroli des
fünften, von den protestirenden ständen, klär-
lichen confessione und erfolgeten apologia den
büchern des herrn Lutheri und herrn Philippi,
beeder christlicher gedächtniss, soferne sie der
normae doctrinae nemlich h. schrift gemäss ge-
gründet, gleichstimmig und darmit einhellig überein-
treffe , welche diese jetzo insonderheit von ihnen
eingenommene erklärung sie nochmals in ge-
sambter und gemeiner vorvorderung einhellig er-
innert, und darauf bis auf ihr sterbstündelein zu
beruhen und zu beharren, endlichen und schliess-
lichen erkläret und mit beständiglichen bejahen
bewilliget und bestädiget.

Was dann anlanget die beschwerliche an-
gezogene reden, inspecie: 1. als solte im ministerio
und sonsten geredet worden sein, das gottes wort
mutabile und dispensabile sei, 2. das man Lutherum
nicht gros achtete, 3. das man synergistische worte
gebrauchte, und was dergleichen reden mer an-
gezogen und fürbracht worden, weil aus fleisigen
genommenen erkundigen und nachforschung, auch
der personen eigenen erklärung, das jetzt berührte
reden von keinem unter den collegen und brüdern
des ministerii gebraucht und ausgeredt und allein
in missverstande aufgenommen, sondern sie mit
der beschehenen erklärung sämbtlich und sonder-
lich wol zufrieden; so sind derowegen solche reden
dergestalt beigelegt, verworfen, abgetödtet und in
vergessenheit gestellet, ob weren dieselben nie ge-
schehen oder erfolget. Es sollen auch vorgemelde
reden auf einen oder den andern des evangelischen
ministerii jetzo noch in künftigen zeiten, do solche
in ihren predigten ohngefehrlich wider die papisten
oder andere schwermer, so dieselben zu gebrauchen
pflegen, erwehnet und geführet werden solen, nicht
gemeinet, verstanden noch aufgenommen werden,
auch keiner den andern zu einiger uneinigkeit in
ihren predigten noch sonsten in andere wege die
geringste ursache bei entsetzung seines amts und
anderm gebührlichen einstehen nicht geben. Dann
weil uns und einem christen und friedliebenden
bewust, was solche und dergleichen uneinigkeiten
der theologen vor schaden, ergernüss und unheil
in der christlichen gemein und bei unsern wider-
sachern wirken und schaffen thun, so viel weniger
wollen hinforder einige dissidia und contentiones
dulden und leiden, sondern mit mehrem ernst,
fleiss und eifer demselben widerstehen und be-
gegnen, und sollen also abgesatzte reden wie denn
auch andere mit vorgefallene personalia mehr
auf deroselben allen vorgehenden consens und
guten willen zu grunde beigelegt und aufgehoben
sein und bleiben, haben auch darauf in unser
gegenwart sämtlich einer den andern dextras
fraternae conjunctionis et societatis gegeben und dem
allmächtigen frommen gott von herzen gebeten,
dass er sie per vinculum pacis in solcher einigkeit
erhalten und alle distractiones, causas und occa-
siones ad discidia gnädiglich abwenden und hin-
fürder sie dafür behüten wolle.
2. Ordo sessionum.
Wir wollen auch ferner und ist unser wille
und meinung, weil bis dahero licentiatus d. Galle
das seniorat ambt in unserm ministerio mit unser
bewilligung und zulassung verwaltet, und jederzeit,
da es von nöten gewesen, die andern herrn des
ministerii zusammenfordern lassen, dass er auch
nochmals darbei gelassen und von uns darzu ver-
ordnet und gesetzet sein soll, und soll sonst die
ordnung und sessiones im ministerio und von den
 
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