Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0426
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
412

Das Erzbisthum Magdeburg.

ires gefallens anwenden mag, und solle hieruber
der pfarher oder kuster verzeichnus halten, und
den amptman oder gerichtshalter alle quartal be-
richten, obs also gehalten werde oder nicht.
3. Von verächtern des worts und der
h. sacramenten1).
Welche ganz und gar von der kirchen und
dem heiligen sacrament bleiben, die solle der
pfarher erstlich selbs vermanen, wo es vonnöten,
sollen sie auch vor den superattendenten, letzlich
vor unser verordnet consistorium gefordert und
verhört werden. Do keine besserung sein will,
sollen sie nicht gelidden werden, den solche leute
zu den heiden und turken gehören und nicht bei
christlichen gemeinen wonen sollen.
4. Vom gottlosen gesinde.
Hette auch jemand solch gesinde, knechte
oder megde, die solle er dem pfarher anzeigen,
wo sie sich nicht als christen halten wöllen, sollen
sie nicht geduldet werden.
5. Vom saufen vor und unter der predigt.
Unter der predigt und messe soll niemands
in schenkheusern wein oder bier, es were dann
ein wanderer, gereicht werden, viel-weniger solle
man unter den gottlichen empter auf dem kirch-
hofe, oder sonst an andern ortern brantewein
zechen oder feile haben, bei verlust der wäre,
die daselbst ausgelegt, die der richter alspald
nemen solle.
6. Vom aufsagen des catechismi.
Weil den pfarherren befohlen, dass sie alle
sontage nachmittage den catechismum predigen
sollen, so solle auch das volk, sampt iren kindern
und gesinde, sich fleissig dazu halten, dass sie
dem pfarherr aufsagen, wie sie beten konnen,
dass sie nicht als die heiden aufwachsen.
7. Von allerleileichtfertigkeit vor und
unter dem gottes-dienste.
Und des sontags solle kein zechen, spielen,
rasseln, schiessen, rennen, fechten noch tanzen
gelidten werden, die vesperpredigt sei dann gar
aus, oder wo solches ubertreten, solle die ganze
gemeine darumb gebusset werden, und dem ge-
richtshalter ein gulden zu geben vorfallen sein.

1) Bei Mengering steht am Rande: „NB. Vor-
zeiten/sind im/erz-stift Magde/burg su/peratten/denten
und/consisto/rium ge/wesen.“ Fehlt in dem von mir
eingesehenen Drucke.

8. Von zäubern und wahrsagern.
Wo in einer gemeine weren zeuberer oder
zeuberine, die sich cristallkucken, warsagen, segens
understunden, die sollen nicht vorschwiegen werden,
sondern der pfarherr und richter sollens dem
ampte oder gerichtshalter anzeigen, dass solchen
grossen sunden gewehret, und greuel hinweg ge-
than werde.
9. Von schweren und fluchen.
Dass auch niemands aus seinem munde
gotteslesterunge, schweren, fluchen horen lasse, wie
solche schreckliche sunde bei jung und alt schier
in gewonheit kommen, und solle ein jede gemeine
die flucher und lesterer selbs dergestalt strafen,
dass sie dieselbigen erstlich in ein halseisen
schlahen und also etliche stunden, andern zum
exempel, offentlich stehen lassen, folgents nach
gelegenheit der verwirkung umb etliche groschen
bussen. Do aber jemands hieruber mit seinem gott-
lestern und fluchen mutwillig fortfahren wurde,
der solle dem ampte oder gerichtshalter namhaftig
gemacht und alda one gnade gestrafet werden.
10. Von entrichtung der pfarr-gebühr
Die pfarleute sollen irem pfarherren, was sie
von alters zu geben und zu thun schuldig, willig
geben, und sich also gegen inen halten, dass nicht
klage uber sie komme,
11. Von kirchen und schul-gebäuen.
Dass auch ein itzliche gemeine ire gottsheuser,
pfar und custereien bauen, und die pfarher solche
gebeu und pfargueter nicht vorwusten, noch vor-
wusten lassen,
12. Von kirch-rechnung und altar-
leuten1).
Und damit die kirchguter nit von abhanden
gepracht, sondern ordentlich und wie sichs gebühret,
darmit umbgangen werde, sollen in jedem flecken
und dorfe zwen erbare, gottsfurchtige menner zu
alterleuten durch die gemeine, doch mit rath und
vorwissen des pfarrherren erwelet werden, die das-
jenige, was zum gottshause gehorig, jerlich ein-
nemen und zu notturft der kirchen anwenden,
und alle jar auf ein namhaftigen tag der gemeine,
in beisein des pfarherren und gerichtshalters,
oder wenne derselbige an seine stat darzuschicken
wurde, berechenen, und sollen dieselbigen alter-
menner, allemal zum wenigsten acht oder zehen
jar an solchem ampte gelassen, und ohne grosse

1) Sonst heisst es stets: „alter-leuten“. Der von
mir eingesehene Druck hat durchweg „altarmänner“.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften