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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0437
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85. Instruktion zur Visitation. Vom 25. Mai 1583.

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gemeine, sonderlich die hauswirte, furgefordert
und nachvolgender gestalt gefraget:
Ob1) sich auch die zuhörer vleissig zum wort,
beichte und abentmal finden,
Ob auch die wochen uber predigten geschehn
und die hohen fest, desgleichen die fest aposto-
lorum und andere gute ceremonien2) gehalten
werden,
Wie sich die pfarkinder und schueldiener
schicken kegen die obrigkeit jedes orts, ob sie sich
auch in unnötige weltliche sachen mengen, oder
res ad se non pertinentes curiose reformiren,
Ob die obrigkeit auch treulich uber den
pastorn, kirchen und schueldienern halte, ob sie
auch der lehre halben zuweit ins kirchenregiment
greifen3),
Wie man mit den armenheusern, testamenten
und allem, was den armen zu gute verordnet,
umbgehe4),
Ob5)auch die ordnung mit dem aufbieten
braut und breutigams gehalten werde, damit nicht
die leichtfertigkeit derer, so sich zwei oder drei-
mal vorlobet haben, gesterkt werde,
Item6) ob auch vleissige achtung gegeben,
damit keine zusammen gegeben werden, die in
vorbotenen gradibus sich zu vorehelichen fur-
nehmen,
Ob auch einig gar volks, so an andern ortern
sich verlobt und nicht zusammen gegeben werden
wollen, allhier im erzstift ohne der obrigkeit jedes
orts vorwissen copuliret werden,
Ob7) auch die getauften kinder aufgezeichnet
werden sambt ihren baten,
Item8) braut und breutigam wan sie auf-
geboten und hochzeit gehabt,
Item9) von den todten, wan sie gestorben
und begraben,
Ob10) auch die kranken visitiret und mit
notturftigem trost und dem abentmahl versorget
werden, und wie es mit den begrebnussen gehalten,
Und11) hierneben sollen unsere visitatores
vleissige nachforschung haben, wie die armen
leute, beide, in heusern und hospitalien, mit speise,
trank, tuchtigen balbirern und anderer wartung
vorsorget werden, und do sie bei ihnen in dem

1) Am Rande: Wie sich die zuhörer halten.
2) Am Rande: Ceremonien.
3) Am Rande: Schutz der pastorn.
4) Am Rande: Hospitalia etc. wie dar mit umb-
gangen.
5) Am Rande: Ordnung mit dem auf bieten und
copulirn.
6) Am Rande: Vorbotene gradus.
7) Am Rande: Vorzaichnus der getauften kinder.
8) Am Rande: Braut und breutgam.
9) Am Rande: Vorzaichnus der todten.
10) Am Rande: Kranken zu visitirn.
11) Am Rande: Erkundigung wie es mit den armen
leuten in spitaln gehalten.

mangel spuren wurden, sollen sie solchs dem
rathe, auch den vorstehern der hospitalien und
gemeine kasten, auf den dorfern aber den junkern,
schulzen, kirchvätern und gemeinen bauren vor-
melden, ihnen geburliche hulfe und rath zu schaffen,
Ob1) auch die kirchenpersonen in euserlichen
leben, in kleidung und sonsten ihrem stande nach
sich ohne ergernuss und ehrlich bezeigen,
Ob sie sich der kretzschmer, vorbotenen weren
und ergerlicher gefehrlicher geselschaft enthalten,
Ob sie auch medici, procuratores sein,
Wie der pfarher seinem eigenen hause vor-
stehe, sein weib und kinder regire, damit er nie-
mant ergernus gebe,
Ob2) einigkeit unter den kirchenpersonen
und schuldienern sei und wie sie sich mit ein-
ander vortragen, ob auch einer auf den andern
in der kirchen schelte und steche,
Ob3) in der stadt oder im kirchspiel personen
seint, die in offentlichen sunden leben, als im todt-
schlage, ehebruch, unehelicher beiwohnunge oder
anderer unzucht, diebstal, in abgotterei, zeuberei
und anderer gotteslesterung, in vorachtung der
predigt, und der heiligen sacrament, in wucher etc.
Ob etzliche ihren seelsorger schenden oder
pochen, ihren eltern ungehorsam sein oder die-
selben schlagen,
Ob4) etzliche eheleute von einander gelaufen
oder sonsten in uneinigkeit leben,
Und do nun jemants rohelos (so!) oder erger-
lich befunden, denselben sollen unsere visitatores
zur besserung ernstlich vormahnen5) und den pfar-
hern bevelen, auf die leute ferner zu sehen, auch
die pfarleute zu sagen lassen, dass sie als christen
sich erzeigen und ihrem selsorger volgen wolten.
Es soll6) auch an einem jeglichen orte dem
gerichtshalter angezeigt werden, das er ihm be-
volen sein lassen solle, neben dem pfarhern und
kirchendiener gottes ehre und erbauung der
christenheit treulich zu fordern.
Von ceremonien.
An den eusserlichen ceremonien, welcher der
vierde punct dieser visitation ordnung, ist gottes
ehre und dienst, auch die religion und menschen-
trost nicht gelegen, darf auch gleichformickeit in
allen kirchen in solchen euserlichen weisen nicht

1) Am Rande: Wie sich die kirchendiener im
eusserlichen wandel vorhalten.
2) Am Rande: Ob einickeit zwischen den kirchen
und schuldienern sei.
3) Am Rande: Ergerliche personen.
4) Am Rande: uneinickeit zwischen eheleuten.
5) Am Rande: Vormahnung der ergerlichen per-
sonen.
6) Am Rande: Vormahnung der gerichtshern.
 
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