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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0438
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424

Das Erzbisthum Magdeburg,

nothhalber angerichtet werden, weil aller orte ge-
legenheit nicht gleich,
Doch sollen die visitatores auch einsehen
haben, dass nach dem spruch Pauli Omnia de-
center et secundum ordinem fiant, im kirchen ambt,
im singen, lesen, reichung der sacramente, hoch-
zeitsegen, begrebnussen, feine ordnung gehalten1)
werde, damit nicht ein jeder pfarherr ihme ein
sonderliches mache, uneinigkeit und ergernus an-
richte; messgewand2), chorröck, lichter ufs altar,
altartucher, singen lateinisch oder teutsch soll man
pleiben lassen, zu halten oder nicht, wie es ein
jede kirche im gebrauch ist, das hiermit durch
enderung, abthuung oder aufrichtung kein unruhe
in kirchen angerichtet werde nach dem spruch
Christi: Regnum dei non venit cum observatione.
Aber ergerliche3) abergleubige ceremonien,
ob die wol alt weren, soll man abschaffen, als ab-
gottische bilder, da etwas ein cultus were angewandt
worden, sacrament heuselein, monstranz, elevatio,
adoratio, circuitus, kirchweihe, taufweihe und der-
gleichen.
Von der disciplina.
Zu vorhutung unchristlichs und ergerliches
leben, so dem heiligen evangelio zu kegen, will
von noten sein,
Erstlich, dass die pfarhern in jederm kreise
gutachtung haben, dass sie selbst nicht streflich
leben, und do etwan ein pfarhern sein wurde, der
ein seufer, spieler, unzuchtiger, haderer, wucherer
oder jeger were, den soll der vicinus pastor mit
ernste vormahnen und ihme das tegliche liegen
in der schenken und ergerliches leben undersagen;
wo er nach beschehener vormanung sich nicht
bessern wurde, soll derselbe der pfar entsatzt und
seinem ergerlichen wesen in keinem wege zu-
gesehen noch nachgehenget werden.
Die pfarherr4) sollen das volk in der predigt
und beichte vormahnen, das sie als christen leben
und niemandes ergernus geben sollen, auch offent-
liche sunde und ergernus in genere strafen, und
do sie sehen under ihren pfarleuten5) lesterer,
trunken polzen, unzuchtige oder die im hass und
feintschaft und vorachtung der predigten und hoch-
wirdigen sacramenten dahin gehen, sollen sie die-
selben fur sich nehmen und zur busse vormahnen.
Do sie nun mutwillig und halsstarrig befunden
und christlicher vormahnung nicht volgen, noch
sich unterweisen lassen und zur besserung schicken

1) Am Rande: Einerlei ceremonien soviel muglich
in kirchen zu halten.
2) Am Rande: Adiaphora.
3) Am Rande : Ergerliche ceremonien abzuschaffen.
4) Am Rande: Offentliche sunde und ergernus in
genere zu strafen.
5) Am Rande: Process mit den ergerlichen personen.

wollten und ein pfarner bedenken hette, jemant
zur taufe oder communion zuzulassen, soll er den-
selben itzo unsern visitatorn, kunftig aber unser
officialei namhaftig machen, die sollen alsdan
darauf wieder den bezugtigten ordentlich inqui-
riren, ihn auf solche inquisition mit seiner not-
turft ordentlich hören und alsdan mit unser vor-
bewust und bewilligung nach billigkeit vorfahren.
Und do jemand daruber in seinen sunden be-
harren1) und darinnen sterben wirt, soll er ohne
einige christliche ceremonien, als singen, leuten
und dergleichen begraben, doch an einen sonder-
lichen hierzu verordenten ort ufm gotsacker oder
kirchhof gelegt werden.
Ingleichen soll es auch mit denen, so in tod-
sunden, ohne besserung, sterben, die so in vollerei,
im balgen, uber dem spiel ermordet, gehalten
werden, und wisse der pfarher hierinnen seuber-
lich zu fahren und das er zuvordammen nicht zu
schnell sei.
Im ban2) offentlich zu erkleren, soll kein
pfarherr fur sich macht haben, sondern die cognitio
und erkentnus unserer officialei soll mit unserm
vorbewust und bewilligung vorhero gehen.
In ehesachen3) soll kein pfarherr zu sprechen
haben, sondern die sachen unsern verordenten
bevehlhabern der officialei alhier zu Halle und
zu Magdenburg zuweisen.
Ein pfarherr soll niemandes frömbdes, die
gelaufen kommen, copuliren oder zusammen geben.
Das aufbieten werde gehalten nach der agenda,
wie in negster visitation verordnet.
Dass4) auch allenthalben in stedten und
dorfern vorhutet und vorboten werde, dass an
sontägen, festen und den gottlichen embtern kein
schenken, zechen, spielen, hantieren, schiessen
oder dergleichen gelitten werde; hiervon sollen
unsere visitatores den gerichtshaltern bevel thun.
Dass auch die feiertage uber ein jeglicher
sich vleissig zur kirchen halte.
Unter der predigt sollen die pfarleute nicht
auf den kirchhofen oder andern pletzen spazieren
gehen, welchs alles an einem jedern orte also ge-
ordnet und darnach daruber gehalten werden soll.
Von einkommen und gutern.
Unsere5) visitatores sollen auch vleissige er-
kundigung nehmen und in eine ordentliche under-
schiedliche registration bringen der kirchen,

1) Am Rande: Unbussfertige, wie die sollen be-
graben werden.
2) Am Rande: Ban.
3) Am Rande: Ehesachen.
4) Am Rande: Unordnung in festen und unter den
gottlichen ambtern.
B) Am Rande: Einkommen der kirchen, pfarren und
custodien.
 
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