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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0457
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90. Jüterbogk. Form der öffentlichen Busse. 1562.

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accidentia neben der kirchen Zufällen vom gelaut
einnehmen , sollen sie darinne gute und treue
rechnung zu thun schuldig sein, auch ihre inventaria
und was1) ihnen vertrauet in der zeit in gute
verwahrsam nehmen und fleissig aufheben.
Von kirchen gesängen in gemein.
Die gesänge in der kirchen, so zur communion,
vesper2), predigten, catechismo, metten, hochzeiten,
begräbnüssen gebraucht werden, sind zum theil
droben gemeldet. Sie sollen aber doch in gemein
auf die zeit, fest, materien der predigten gerichtet
sein, dass sie de tempore lauten und darinnen die
unordnung nicht gestattet werde, dass man ohne
noth und mit ergernuss ohngefähr oder fürsätzlich
die gesänge, die sich auf die zeit nicht schicken,
einmenge, denn christliche freiheit ist nicht

1) C.: so.
2) C.: „vesper“ fehlt.

wider gute ordnung daraus niemand denn eigen-
sinnige geister schreiten.
Wie aber solche gesänge auf benannte zeit
nach einander gehen sollen, und ordentlich durch
das jahr gebraucht werden, das ist in ein schrift-
lich verzeichniss verfasst worden, und was mangelt,
sol noch darzu verzeichnet werden, allen schul-
dienern und cantoribus künftig sich darnach zu
richten, derhalben unter nöthen geachtet, hier
einzuverleiben. Soll es aber für nötig angesehen
werden, kann es jeder zeit, nach jeder kirchen
gelegenheit geschehen1).
1) C. hat noch folgende Note:
„Nota. Herr m. Martinus Röber, pfarrher zu
S. Ulrich, hat den 30. dezember 1623 berichtet, dass er
von d. Johan Oleario sel. vernommen hette, das diese
kirchenordnung von h. d. Justo Jona sel. dem ersten
ev. prediger in Halle erstlich abgefasset, hernach von
h. d. Martino Luther revidiret, und durch e. e. rath
autorisirt, ihme Oleario auch bei eintritt seines amts
sich darnach habende zu richten, von wohlgemeldtem
rathe uberantwortet worden sei.“

Jüterbogk.
Hilfsmittel: Förstemann, Neue Mittheilungen aus dem Gebiete historisch-antiquari-
scher Forschungen. Bd. 4. Heft 3. S. 114 ff. (enthält: Telle, Urkundliche Nachrichten zur
Geschichte der Kirchenreformation in der Stadt Jüterbogk, mit einer Excommunication. Weih-
nachten 1562.) Bd. 6. Heft 3. S. 16 (enthält: Telle, Anderweite Nachrichten zur Geschichte
der Kirchenreformation in der Stadt Jüterbogk); Götze, Protokolle der ersten Kirchenvisitation
im Lande Jüterbogk (Magdeburger Geschichtsblätter 10, 117 ff., 209 ff., 378 ff.).
Archive: Magdeburg, St.A., A. 6, Nr. 545.
Auf der Visitation des Jahres 1563 erliessen die Visitatoren eine Ordnung (Magdeburg,
St.A., A. 6, Nr. 545, S. 116 ff.). Es wurde ihnen eine Schul-Ordnung überreicht (Magde-
burg, St.A., A. 6, Nr. 545, Bl. 173—197. Abgedruckt bei Götze), sowie eine „Form, wie man
mit offentlichen sündern in der kirchen alhier zu Jüterbock mit öffentlicher christlicher buss
procediren oder verfahren soll, durch die prediger daselbst aus gottes wort gestellet und von
einem erbaren rathe, richtern und schöppen, auch ganzer gemeine bewilligt, angenommen und
bestätigt, anno 1562“ (Magdeburg, St.A., A. 6, Nr. 545, Bl. 198—204). Diese Buss-Ordnung
theilt Götze im Auszuge mit. Wir drucken sie erstmalig ganz aus Magdeburg, St.A., A. 6,
Nr. 545, Bl. 198-204, ab. (Nr. 90.)

90. Form der öffentlichen Busse. 1562.
[Aus Magdeburg, St.A., A. 6, Nr. 545, Bl. 198—204.]

Forma oder weis, wie man mit offentlichen
sündern in der kirchen alhier zu Jüterbock mit
öffentlicher christlicher buss procediren oder ver-
fahren soll, durch die prediger daselbst aus gottes
wort gestellet und von einen erbaren rath, richter
und schöppen auch ganzer gemeine bewilligt, an-
genommen und bestätigt anno domini 1562.

So oft als bei uns zu Jüterbock imands offent-
lichen sünde und laster, darein er aus verführung
des teufels und seines eigenwillens gefallen, genug-
sam überzeugt ist, und er mit christlicher kirchen
wiederumb versöhnet zu werden begehret, soll
man mit ihme offentliche busse zu thun, uf die
form und masse procediren wie folgt.
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