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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0465
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93. Etliche artikel zu notwendiger kirchenordnung zugehörig Magdeburg. Vom 3. April 1554. 451

Solches gereichet auch nicht zu schaden oder
schande, den man sich bereit zu schanden gemacht,
sondern zu ehren bei gott und den menschen und
zu gedeien an leib und seele, welches wir denn
auch nach unsern ampt alleine darinne suchen.
Es solten auch diejenigen, so mit solchen
fellen übereilet wurden, neben iren eltern und
freunden billich von inen selbs auch one solche
kirchenordnung drumb bitten.
Der ander artikel.
Welche nicht zum abendmal des herrn, noch
zur taufe sollen zugelassen werden. Diejenigen,
so in offentlichen stadtrüchtigen überwiesenen
sünden stecken, da von sie fürsetziglich und
trotziglich nicht wollen ablassen, konnen noch
sollen, solang bis sie enderung und besserung zu-
sagen, nicht zum brauch des hochwirdigen sacra-
ments des altars, noch bei der taufe gevatter zu-
stehen zugelassen werden, als da sind verharliche
lesterische papisten, die sich nicht bekeren wollen,
die in offentlichem hurenleben ligen und nicht
ablassen wollen oder von iren menern oder weibern
gelaufen und noch nicht rechtlicher weise von
einander gescheiden sein, sich an andere buben
oder belge gehenket; die in übermessigem unzim-
lichem unchristlichem wucher liegen und wollen
nicht ablassen ; die kirchen güter zu sich on alle
billigkeit gerissen, der kirchen entwendet und in
iren nutz angeleget und die geschenkten almosen
nicht wollen soviel inen möglich wider der kirchen
zuwenden; in laugwirigem hass und feindschaft
verharren und wollen nicht verzeihen oder mit
andern der gleichen groben sünden verhaftet
sind etc. Denn solche empfahen das sacrament
unwirdig und nemen inen selbs das gerichte, das
ist die ewige verdamnis wie Paulus sagt. Bei der
taufe aber können sie nicht beten noch iren christ-
lichen glauben bekennen.
Item diejenigen, so sich des sacraments genz-
lich oder ein oder aufs meiste zwei jar enthalten,
sollen auch nicht bei der taufe gevatter zustehen
zugelassen werden aus gleichen ursachen, wie ge-
meldet. Vermanen auch christliche eltern, fals sie
wollen solche leute iren kindern nicht zugevattern
bitten. Es soll auch hinförder der vater selbs komen
und umb die taufe seines kindes wie billich
bitten, das man sich bei ime der gevattern er-
kundigen könne.
Der dritte artikel.
Welche man mit christlichen ceremonien, das
leuten und singen nicht wil lassen begraben.
Diejenigen so entweder gar nicht oder in
einem oder zweien jaren nicht das sacrament des
leibs und bluts Jesu Christi empfangen haben und

also drüber versterben, sollen vorthin nicht mit
gewonlichen und christlichen ceremonien und also
one gesang und geleute zu der erden bestatet
werden. Denn solche können nicht für christen
geachtet werden, sintemal sie nicht mit dem herrn
Christo haben wollen gemeinschaft halten, seines
leidens und sterbens nicht wollen geniessen.
Es solten auch billich solche auf den gots-
ackern und begrebnüssen einen sonderlichen ort
oder schlaf stete haben, da sie hingeleget würden.
Item gleiches falles wollen wir uns halten
gegen denen, die über dem spielen und in den
zechen in hader und trunkenheit erwürget werden,
balde tod bleiben und nicht mit dem geringsten
eine ernste bekerung zuverstehen geben können,
denn solche in einem sehr bösen werke durch
gottes gericht ergriffen werden und ir leben lassen.
Der vierde artikel.
Von denen, so lautere papisten sein und bis
an ir ende bleiben.
Welche als pure verstockte papisten und feinde
des evangelii Christi des rechten gebrauchs der
sacramenten und der rechten kirchen versterben,
denen solte man billich unsern kirchhof, da die
christen auf ligen und schlafen, genzlich abschlagen,
damit man nicht eine vermengung machete zwischen
den gepeinen der christen und der offentlichen
abgesagten und endlichen feinden Christi. Denn
auch hie auf dieser welt ein unterscheid zwischen
gleubigen und ungleubigen, zwischen christlichen
und antichristischen personen und gemeinen soviel
immer muglich solte gehalten werden. Dazu
brauchen die papisten gegen uns evangelische
solchen ernst, das sie uns nicht wollen auf ire
vermeinte geweihete kirchof lassen begraben, das,
wie sie fürgeben, ire heilige orter nicht mit unsern
leiben möchten verunreiniget werden. Wieviel
mehr sollen wir christen in solchem stücke einen
christlichen eifer erzeigen.
Aber weil wir hoffen, solcher leute sind nicht
viel, sonderlich unter unsern pfarrkindern, müssen
wirs noch zur zeit geschehen lassen, das sie auch
auf unsere begrebnis, doch an einen sondern ort
gar beseits von den andern gelegt werden und
dasselbige on alle christliche ceremonien. Aber
doch mit dem bescheid, das, wo derselbigen zuviel
wolte werden, wir inen das begrebnis unter uns
gar abzuschlagen verursachet werden.
Wollen auch bitten, andere christen wollen
von dem begrebnis solcher leute als der personen,
welche dem antichrist verwandt, sich enthalten.
So aber auch baalitische pfaffen, mönche,
nonnen oder des geistlichen gesinds oder ge-
schmeisses unter uns weren, denen on alle be-
kerung die seele ausfüre, denselbigen wollen wil-
den ort unsers begrebnis genzlich abgeschlagen
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