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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0559
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110. Die von Justus Jonas verfasste Ordnung. 1538.

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perfectum, die solten in nehst vormelden artikeln,
wie die itzt gemelten zu S. Niclas in der pfarre
zu S. Bartholomei helfen und itzlichem diser vier
unterdiacon solt geben werden zu solde 40 fl.
Weiter solt verordent werden ein schul-
meister;, wilcher in der kirchen zu S. Bartholomei1)
pflegt mit den jungen knaben zu singen, wilcher
allzeit von d. Philippo Mel. Wittembergk, ader
sunst einen gelerten mann solt verhoret werden,
ehr er zum ampt angenommen, das er latine scri-
bendo ein gut ubung habe, auch in greca lingua
etwa ein guten bericht, ader ufs wenigst hoflichen
anfang habe, dem sol zu solde geben werden,
60 floren.
Dem solten zugeordent werden zween coope-
rarii ader hypodidascali, wilche in latino colloquio
und stilo latino tuchtig, itzlichem zu solde 40 floren.
Die schuel zu S. Bartholomes solte auch zu
nutz der jugend mit vleis mit gnugsam personen
bestellet werden, der schulmeister solt haben
40 floren.
Es solt auch furnemlich aus vorordnung und
comission der landsfursten m. g. fursten und herrn
zu Anhalt volgend durch ein erbarn rath und den
obern pfarrer zu S. Niclas ein befelhaber und
commissarius bestellet werden, vor wilchem alle
kirchen sachen, so pfarrer, prediger mit iren pfar-
kindern, eingepfarreten, hetten ader haben mochten,
alle matrimonial und ehesachen gewisen werden
mochten, domit die seelsorger, pfarrer und prediger,
so mit der seelsorge gnug zuthun haben, nit
mochten in ministerio evangelii gehindert werden.
Zu disem ampt solt erfordert werden ein wol-
geschickter auch welderfaren man, der nit allein
in der heiligen schrift, sunder auch jurisprudentia
ein bericht und ubung hette etc. und was vor
sachen als nemlich prister, kirchen, und pfarren
hendel vor dise commissare gehören solten, was
auch sein jurisdictio und gewalt sein solle, do
muste ein eigen rathschlag ufgefasset und gestellet
werden, ader nachdem m. gnädigster herr der chur-
furst auch willens, mit solchen consistoriis s. churf.
g. land zubestellen, hetten m. g. h. (wo es iren
f. gnaden gefellig) derselbigen bestellung exempel
nach zu folgen.
Dor uber solt vorordent werden ein gelert,
wolgeschickt man, der ein ehrlich, zuchtig eheweib
hette, zu einen meidlein ader jungfrau schul-
meister , dem solt geben werden solt 20 fl. und
sein schuel Ion von einem itzlichen kind 1 qua-
tember 2 g.
Auch solt allezeit bestellet werden 2 custer
ader kirchen diener, dem furnemsten custer 30 gul-
den, der ander 20.
Item es solt bestelt werden ein procurator

1) Dafür corrigirt: Niclas.
Sehling, Kirchenordnungen, Bd. II

und dispensator, der alles einkommen, rente, gulte,
zinse und zugenge, so in disen kirchen sachen
und gotts dienst verordet, und ordentlich ein mane
dor uber sein gewisse richtige vorstendliche re-
gister balde.
Die canonici und erliche alden personen, so
ufm stifte, auch alde priester in pfarren, altaristen,
solten bei iren einkommen der lehen, so inen ge-
lihen, gelassen werden, die zeit irs lebens ane
imands vorhinderung gerucklich zu brauchen, aber
nach irem absterben hetten unser gnedige fursten
und hern, alle vier fursten zu Anhalt sampt dem
rath und stad Zerbst uf weg zudenken, das man
solche einkommen und reditus der lehen und pre-
benden zum teil wendete uf stipendien von sechs
studenten, wilche in artibus und in theologia in
namhaftigen universiteten studirten, kunftig in
emptern, bei den fürsten, auch in der kirchen
und stadt Zerbst mochten gebraucht werden, zum
teil mochten sie zu besserung der solde oban-
gezeigter ampte auch zu andern nutzlichen almosen
gebraucht werden.
Ob man es aber ein stift wil bleiben lassen,
doch das es dem evangelio und der schrift gemess
reformirt, der gestalt das so viel studenten uf die
prebenden gehalten werden, als zuvor canoniken,
und des dieselbigen gleichwol ein psalmo dei
halden, ist dasmal vileicht nit zu schlissen, stehet
uf m. g. hern der fursten allenthalb berath-
schlahen und bedenken.
Doch mocht bedacht werden, das die solde
besser angelegt sind, so man junge wolgeschickte
leute domit uf zuge in rechtbestalten und nam-
haftigen universiteten, wo Philippus, d. Martinus,
der massen andere lectores weren und ubung mit
disputation etc. Dan in den kirchen schulen
unter 10 ader 15 personen sind doch die studia
nit1) vleissig als in den publicis gymnasiis, do die
lectiones und exercitia literarum allzeit im frischen
treiben und werk gehen.
Doch ist doch vor allen dingen achtung zu
geben, das solch prebenden nit zu weltlichem
brauch gezogen werden, sonder es solten personen
mit den und dergleichen kirchegutern ufgezogen
werden, domit man allzeit mit gelerten personen
hab nach zu setzen, domit auch geschickte leute
aufwachsen, wilche die reine christliche lere und
das heilig evangelium und den waren rechten
gotts dienst bei den nachkommen erhalden, dan
vor solche hohe notige sache gottes ehre, erhaldung
christlichs namens und der kirchen belangt, sind
christlich fursten und oberkeiten sorge zu tragen
schuldig, sonderlich so wir diser letzten ferlichen
zeit vor dem jungsten tage stehen, das wie der
her Christus selb prophetiet hat, das glaube jegen

1) Jonas setzt hinzu: also.
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