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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0134
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Straßburg

2. Mandat zur Predigt des Evangeliumsa
1. Dezember 1523

Wir, Egenolff Röder von Diernsperg, der Mei-
ster1, und der Rhat zuo Straßburg, Thuon allen und
yeden unsern Burgern, angehörigen, verwanten
unnd hyndersossen, sie syen Geystlich oder weltlich,
zuovernemen: Nach dem sich ein zeyt har zwischen
etlichen auß der Priesterschafft, auch etlichen welt-
lichen personen In unser Stat Straßburg und Ober-
keit vielerley reden, reytz und schmähe wort, so
durch die Predicanten und Lyppriester2 uff den
Cantzeln der Stifft, pfarren unnd Klöstern, auch
volgende under der Gemeyn begeben haben, die da
zuo forderst unsern heyligen Christlichen glauben,
darzuo Brüderliche eynhellig lieb belangen, Und der
mossen sich ye lenger ye meer züuoragen möchten,
Also, Wo gebürlichs ynsehen gespart3, Das nichts
anders dann oberste Gotslesterung, auch zweyung
und uffruor zuo besorgen were, Dem selbigen mit
höchstem fleyß, als wir, wie eyner Christlichen
Oberkeit zuo thuon gebürt, Auch ein solchs zuoverhüt-
ten (schuldig syndt), vor zuoseyn, So warnen unnd
erfordren wir eynen yeden, Er sey Geystlich oder
Weltlich, hoch oder nyders stands, Er sey uns mit
pflichten, schirm oder andrer weyß zuogethon, Auch
die hynder uns und bey uns wonen und sitzen, Hie
mit ernstlich, Gebieten und wöllen: Nemlich, das Ir
unnd alle die, so sich Predigens in unser Statt und

a Textvorlage A (Einblattdruck): AMS 1 AST 47, Nr. 4.
Textvorlage B (Einblattdruck): AMS 1 MR 3, Bl. 121
(alte Zählung), S. 208 (neue Zählung). Das Mandat wur-
de in die Disziplinarordnung von 1535, Bl. C 2v-3v auf-
genommen (Der Titel dort im Inhaltsverzeichnis lautet:
Mandat, das allein das heilig gotswort geprediget soll
werden und auff den Cantzlen alle Schelt- und schmach-
wort zuovermeiden sey, von predicanten und auch von
burgern). Abdruck: Röhrich, Geschichte 1, S. 455f.;
Moeller, Edit strasbourgeois, S. 57f.

1 Egenolf Röder von Diersberg, * um 1480 in Straßburg,
† 1550 ebendort, trat 1515/16 als Konstofler (Gesell-
schaft Zum Hohensteg) erstmals in den Rat ein. In den
Jahren 1518, 1523/24, 1526/27, 1529/30, 1532/33,

Oberkeit underziehen und gebruchen, uff allen
Cantzeln nichts anders dann das heylig Evangelium
und die leer Gottes frey, offentlich und was zuo me-
rung der lieb Gottes unnd des nechsten reycht, dem
gemeynen Christlichen volck verkünden wölt Unnd
ander Stempenyen4, dem heyligen Christlichen glau-
ben ungemeß, Auch alle Reytz unnd schmähe wort,
darzuo alles, das den gemeynen man in ergernyß oder
zweyfel füren oder zuo eyner embörung unnd unge-
horsame gegen seyner oberkeit, sie sey Geystlich
oder weltlich, reytzen oder bewegen möcht, Eüch
gentzlich enthalt, entzihet und nit hören laßt. Dar-
neben auch Ir und eyn yeder unser Burger, under-
thon unnd ynwoner gegen den Leyen Und herwider-
umb die selbigen gegen den Geystlichen personen an
allen unnd yeden ortten sich aller uffrürischen und
schmäch worten und was zuo beleydigung, schmach,
uneer und verletzung unsers heyligen Christenlichen
glauben dienen und den nebenmenschen zuo abbruch
Brüderlicher liebe bewegen oder füren möchten, ent-
halten und absündern, Sunder eynen Gotgefelligen,
Brüderlichen fryden, ye eyner gegen dem andern,
mit worten und wercken beweysen unnd vestigkli-
chen halten, Deheiner den andern weder Ketzer,
Buoben, Schelmen, Bößwicht oder der gleychen, we-
der zuo ruck5 noch under augen, nit schelten, mit der

1535/36, 1538/39 und 1549/50 bekleidete er das Amt des
Stettmeisters. Zwischen 1525 und 1529 war er Mitglied
der XV und zwischen 1530 und 1550 Mitglied der XIII.
Röder gilt als wichtiger Förderer der Reformation in der
Reichsstadt. Vgl. Brady, Ruling Class, Nr. LXXVI;
Abray, People’s Reformation, S. 239; Bucer, Corre-
spondance 1, Nr. 46, S. 199.
2 Zur Verwendung der Bezeichnung Leutpriester als Hete-
ronym zu Pfarrer und plebanus seit der Mitte des 13. Jh.
im südwestdeutschen Raum vgl. Grimm, DWb 12,
Sp. 850 mit zahlreichen Belegen.
3 Zurückgehalten, unterlassen wird.
4 Unnützes Tun, s. Grimm, DWb 17, Sp. 674.
5 Hinterrücks.

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