Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0189
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8. Der erste Straßburger Katechismus

ich Christum bedarff unnd on in in Gott nit glauben
mag, sage ich, das ich solliche lieb gern leystenn
wölt, aber es felet mir weyt und hab Gott unnd
meyn nechsten der massen nitt lieb, als ich solte.
Darumb ich nit selig bin, das weiß ich, Dann ver-
flucht ist, der nit alle wort dißes gesetz auffrichtett,
das er darnach thue, 5. Mos. 27 [26]. Also glaub und
vertraw ich Gott noch nit, sytemal sein wort mich
verflucht, biß das Christus für meyne sünd gnug
thut. Wan das beschicht in meim hertzen, so bin ich
sicher der gnaden Gottes, meyns hymelschen vat-
ters. aAlso ists offenbar, das on Christo ich Got nit
glaubenn maga. Man sicht zwar wol, das betrach-
tung der gebott mirb |a 5r| inbildet den zorn Gottes,
den die natur hasset, darumb das gesatz zorn an-
richtet, Ro. 3 [19-20]. cDa ist dann Christus, der trit
für mich und würt für mich ein fluch, das ich geseg-
net seyc, Gal. 3 [13]. Da volget der ungezwifelt glau-
ben an Got, dwil ich glaub, das Christus ist mein
erlösung und heyligung13.
Deßhalb sprich ich fürter im glauben: Und in Jesum
Christum, seyn einigen Sun, unsern Herren. Welche
wort durchs wörtlin ’Und' dem vorigen anhangen
und in eim glauben als glider in eym leib mit inge-
schlossen seynd und sollen nit von einander zerris-
sen werden.
Frag: Diewyl der glaub selig macht, und du glaubst
an Christum, so bistu schon selig und darffst nichts
gutz thun?
Ant.: Wie ich der gebott achte unnd bedarff, ist zu-
vor gesagt und bedunckt mich genug offenbar, das
wölchem geben ist zu glauben, dem ist auch geben
ein selbs williger Geyst, die eer Gottes in im zu für-

a-a B: Also ists mir gewiß und gnug offenbar, das ich on
Christo Gott nit mag glauben.
b Erg. B: und yederman.
c-c B: Den miltert die wellt durch ihr selbs angenommen
werck und menschen gebot. Wir aber haben Christum in
solchem streyt, der tritt für uns und würt für uns eyn
fluch, das wir gesegnet seyen.
d B: eussern.
e-e B: Ja, und sag weiter.
f Erg. B: Und wo bey solchen brüchen gnad gesucht, würt

dern gegen jederman, wölche gefürdert würt, so der
gleübig seim nechsten ist, das Gott im ist, das ist:
gütig, milt und barmhertzig, Wölches die ware bil-
dung Gottes14 in uns ist. Deßhalb sol und muß ich
meim nechsten guts thun. Aber ich |a 5v| bedarff
seyn nitt zur seligkeit, die ich allein auß gnaden und
vorhin15 hab, ehe ich meym nechsten von hertzen
guts thun mag.
Frag: Was haltestu für gute werck?
Ant.: Allein den glauben an Christum gegen Got,
Jo. 6 [29], Und in unsernd dingen übung der liebe
gegen dem nechsten.
Frag: Ist singen und lesen in der kirchen auch ein
gut werck?
Ant.: Nein, dann es geschicht on glauben, dann Gott
hat es nyendert geheissen und hasset selbs erwelte
gotsdienst. Zu dem so bessert es niemant. Was eüs-
serlich gut sein soll, das sol dem nechsten nutz sein
und zu besserung dienen, Dann Gott würt alleyn im
geyst und in der warheit an gebettet16.
Frag: Also sagstu, das mit deynen wercken magstu
allein dem nechsten dienen, dem du allein nutz sein
magst?
Ant.: eIch sag auch weitere, das auß disem grund das
beichten, ablaß lösen, bilgerfart thun, underschay-
dung der speyß und tag, meß lesen und hören, in
summa alles, das im brauch ist bey der eüsserlichen
kirchenn, wie es on wort Gottes beschicht, also be-
schicht es auch wider die lieb und würt mit grossem
kosten nüt geschafft, damit vil armer getröst wer-
den möchtenf. |a 6r|

der name Gots hoch entunehret und ware abgötterey an-
gericht. Dann Gott ist alleyn der nothelffer und Christus
der gnaden stul.

13 Vgl. 1Kor 1,30.
14 Die wahre Einprägung des göttlichen Vorbilds, s. FWb
4, Sp. 399f.
15 Zuvor.
16 Joh 4,24.

173
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften