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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0198
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Straßburg

Frag: Also wiltu, das der gleubig kein |b 7r| zweyfel
haben solle, dan das Christus mit disen worten im
sein lieb unnd bluot schencke zur erlösung?
Ant.: Ja, dann darümb thut er hin zu: Der für euch
geben oder zerbrochen würt, das für euch vergossen
würt zur ablösung der sünde.
Frag: So glaubstu nit, das er sein leyb und bluot im
nachtmal fleischlicher weyß verwandelt oder under
brot und wein verborgen hab?
Ant.: Ich glaubs nit, dan er blib ye leyblich sitzen
vor iren augen. Und nach disen worten bleibt das
brot brot, der wein wein, also nennt es der Herr
selbs. Es sind zwar alle werck des Herren warhafftig
unnd erschynen also geystlich oder leiplich, yedes
seyner art nach, wie sy fürgeben werden. Er hat
wasser zu wein leyplichen gemacht, da was es auch
keyn wasser mer, sonder für warhafftig recht und
natürlichen wein leiplich erkant und befunden70.
Den blinden von geburt an macht er leiplichen se-
hen, die phariseer gestunden solichs71. Lazarum
macht er lebendig; vil sahen in mit leiplichen augen,
das er lebet72. Sein leyb und blut gibt er uns auch
warhafftig, aber nicht leyplich, sonder geystlich zur
speyß und tranck. Dan er sagt: Wer meyn |b 7v|
fleysch isset und mein blut trinckt, der ist in mir
und ich in im73. Das geschicht ye nit anders dann
geystlichen, wie es bey den gleubigen warlich, aber
geistlichen erscheint und gesehen würt. Sy werden
im glauben gesterckt, sy trachten nach der ehren
Christi, sy dienen iren brüdern, si verachten die
welt. Also würt die unsichtbar gegenwertigkeit
Christi und seins geysts warlich gespüret und erfa-
ren. Aber kein leyplich gegenwertigkeit Christi würt
im brot erfaren, darumb ist er nicht leyplichen da.
Frag: Was geschrifft hastu, das der Herr sein leyb
unnd blut nit geben habe, fleischlicher weiß zu essen
und zu trincken?
Ant.: Das der Herr, Jo. 6 [63], fleischlich essen und
70 Siehe Joh 2,1-11.
71 Joh 9.
72 Joh 11,1-45.
73 Joh 6,56.
74 Erster Teil der Einsetzungsworte (Mt 26,26; Mk 14,22;
Lk 22;19; IKor 11,24).

trincken seyns fleyschs unnd bluts als unnütz selbs
verwirfft und sagt: Mein wort sind geyst und leben,
das ist, sy reden von geystlichem essen und trincken
und von dem, das lebendig macht. Solichs beschicht
innwendig durch den glauben. Was fleyschlich und
dem gottlosen gemein ist, mag nit geyst und leben
sein.
Frag: Ist dann einerley essen und trincken des leybs
und des bluts, Joan. 6 [41-58], und in der reichung
des brots und des weins?
Ant.: Ja, allein hat |b 8r| der Herr im nachtmal die
zeychen darzu thon, aber ein inhalt der lere ist es an
beyden orten, Dann Joan. 6 [51] spricht er: Das
brot, das ich geben werde, ist mein fleysch, das ich
für der welt leben geben würde. Im nachtmal redet
er eben dise meinung: Nemet hin und essent. Das ist
meyn leyb, der für euch hingeben würt74. Gleiche
rede haben eynerley verstand, wie dann Joan. 6 nye-
mant anders dann geystlichs verstehen mag etc.:
Christus ist ein geistliche speiß im hertzen, und er
würt nitt mit mund als ander leyplich speiß geessen.
Frag: Es seind aber helle dürre75 wort: Das ist mein
leib, Diß ist mein blut.
Ant.: Die wort des Herren sind liecht und erleuchten
die kleyn verstendigen, das ist, sy weysen allweg
auff glaub und liebe. Und alle prophecey sol dem
glauben enlich sein. Wo es in worten on die maß des
glaubens ston gülte, so dürfft ich mein vatter nit
vatter nennen. Ich dürffte nyemant auff dem weg
grüssen und müste keyn schuch anhaben76 etc. Auff
den lebhafftigen geist und nit auff den todten buch-
staben sollen wir sehen77. Was der Herr redt und
thut, das dient als zum heyl, dann er ist der heil-
macher. Deß- |b 8v| halb kan nit geferlich geirrt wer-
den, so helle wort auff den lautern verstand des
geists, dem ander geschrifften zu stimmen, gedeutet
werden. Man sol zwar78 alle wort nach des redenden
verstandt deuten.
75 Einfache, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1740f.
76 Vgl. Lk 10,4.
77 Vgl. 2Kor 3,6.
78 Wahrhaftig.

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