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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0300
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Straßburg

zeügnuß gibt, unnd ihnen sovil mehr zufall12 be-
schehen, wievil die jhenen under bdie sichb gemischt
eynfältiger und verirrter gewesen, und sie den
schalck ihrs boßhafftigen fürhabens seuberlichen
under gutem schein verschlagen13 mögen.
Derwegen dann wir abermals, nach dem wir gese-
hen, wie unser außgangen Mandat und gebott von
vilen ubertretten und veracht, dardurch dann dise
leüt uberhand nemen wöllen und die eynfältigen und
gutherzigen under dem schein eyns fromen lebens zu
irrung gepracht und verfürt worden, zuverkhom-
mung vilerley args und bösens disen andern weg an
die hand genommen, die burgerschafften durch die
alten herren von zünfften zu zünfften verschienen
fünff und dreissigsten jars vor sollichen secten, de-
nen sich nit anhängig zumachen, vätterlich und
freündlich erinneren, verwarnen und dieselbigen we-
der zuhausen noch zu herbergen gepieten und ver-
pieten14, dabei wirs noch ungeändert pleiben lassen,
auch sondere herren geordnet15, die [die], so sollicher
irrigen secten behafft, beschicken16, sie verhören,
freündtlich und ernstlich davon abzusteen berich-
ten1, und ermanen solten, damit die Kirch in eynig-
keit pleiben und solche rottungen und trennungen
verhütet wurden. Welcher oder welche aber das nit

b-bHs. Erg. am Rand.
c Hs. Korr. am Rand aus: die.

im Februar 1534 in Münster i. W. zur Errichtung der
Täuferherrschaft gekommen. Das Bild des Münsteraner
Täuferreiches nach außen prägten vor allem die Güter-
gemeinschaft und die Polygamie. Im Juni 1535 wurde
die Stadt durch die bischöflichen Truppen erobert und
die Anführer der Täufer wurden hingerichtet. Der Straß-
burger Magistrat entsandte den Patrizier Bernhard
Wurmser nach Münster, um dort zu untersuchen, ob der
in Straßburg einsitzende Melchior Hoffman persönliche
Beziehungen zu den führenden Köpfen des Täuferreiches
unterhalten hatte. Zu den Einflüssen Hoffmans auf
Bernhard Rothmann vgl. Deppermann, Melchior
Hoffman, S. 296-301.
12 Zulauf, Beifall.
13 Verbergen.
14 Die auf den Zunftstuben verkündigte Disziplinarord-
nung vom 7. Februar 1535 (in diesem Band Nr. 19a).

thun wöllen, dieselbigen haben wir derc Statt und
deren oberkeit verwisen.
Dieweil aber die, so also nit abstohn wöllen und ver-
wisen werden, die statt und ir oberkheyt nit meiden,
sonder zu freventlicher veracht beschehener gepott
und unserer oberkheyt, dem doch meniglich vermög
göttlicher schrift, auch des brieffs, so man jars vor
dem Münster schwert18, zu gehorsamen schuldig,
one scheüch wider in die statt und deren oberkheyt
khommen und von den burgern verschoben19, ge-
hauset und geherberget werden, sollich sect auch
uber die maß von frembden und heymschen sich
mehren und uberhand nemen will, das wir sehen,
das unser milte handlung bei disen verstockten leü-
ten nit verfahet, unnd zubesorgen haben, das es inn
khünfftigem, wie zu Münster auch beschehen, so sie
ihren vortheyl ersehen, zu uffrur und gantzer ver-
derbung diser statt Straßburg reychen möcht, Das-
selbig, sovil möglich, zuverkhommen, so haben wir
uns schuldig geacht, ferrer und hartere straff gegen
sollichen frevelen uberdrettern fürzunemen. Und
namlich, So wöllen wir hinfüro, wie zuvor auch be-
schehen, unsere sondere geordneten haben, die jhe-
nigen, so mit sollichen irrungen, es seien der Hoff-
männischen20 oder anderer thäuffer secten, behafft

15 Zu den im Jahr 1530 eingesetzten Täuferherren vgl.
QGT Elsaß 1, Nr. 235, S. 289: Seind widertäufferherren,
das ist besondere herren auß dem regiment deputirt worden,
diejenigen persohnen, so deß widertauffs verdacht oder in
hafft, zu beschicken, zu befragen und den artickel sie laßen
zu schwören. Denen herren seind geistliche von der hiesigen
kirche zugegeben worden, welche die leuth ires irtthumbs [...]
unterrichten sollen.
16 Vorladen, s. FWb 3, Sp. 1675f.
17 Unterweisen, s. FWb 3, Sp. 1493.
18 Jedes Jahr im Januar wurde der sogenannte Schwörbrief
von 1482 vor dem Münster verlesen und von der Bür-
gerschaft beschworen.
19 Aufgenommen (werden), vgl. Grimm, DW 25,
Sp. 1074.
20 Melchior Hoffman (* um 1500 in Schwäbisch Hall) war
1530 erstmals nach Straßburg gekommen. Zunächst von
Bucer und den anderen Prädikanten aufgrund seiner Ab-
lehnung der lutherischen Abendmahlsauffassung be-
grüßt, kam es nach der Ankunft rasch zu Differenzen
wegen Hoffmans allegorischer und typologischer Bibel-

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