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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0416
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Straßburg

Den uber das, das die gleubigen dabei erinnert
werden der bruderlichen trew unnd liebe unnd der
einigkheit, als die sie viel von einem brodt essen
unnd von einem kelch trincken186, so ermanet es sie
auch unnd furnemlich der grossen unaußprechlichen
gutthat Christi, ihres heilandts, was er innen wor-
den unnd zu ihrem heil gethan unnd erworben hatt,
uff das sie, im glaubenn an ime gesterckt, gentzlich
in im bleiben unnd lebenn.
Dieweil dan das nachtmal des herren Christi
testament ist, das er selber seiner kirchen gestifft
unnd geordnet hatt unnd darinn den köstlichen
theuren schatz seines verdiensts allen gleubigen uß-
spendet unnd mittheilet, so solle auch billich sollich
nachtmal inn der kirchen von den christen mit höch-
ster anndacht unnd gebürender ehrembietung ge-
hallten, empfangen unnd genossen werdenn. |103|
Aber die erfarung bezeigett leider, je ernstlicher
unnser lieber herr Jesus Christus sein nachtmal ge-
stifft unnd verordnett hatt und je heiliger unnd
nutzlicher es ist, je187 schwerer, greulicher irthumb
unnd mißbrauch durch den sathan darin gefurt wor-
den sein. Den uff einer seiten ist es nicht ein auß-
theilung des verordneten nachtmals Christi blieben,
sonnder ist zu einem schawspill und furnemlich da-
hin mißbraucht worden, das es sollt seines wercks
halben ein versön opffer sein fur die sundt der le-
bendigen unnd der todtenn. Auff der annderen sei-
ten ist es dahin gedeutet, als ob das nachtmall ein
ledig188 gedenck zeichen were des abwesenden Chri-
sti vund dasv der warhafftig leib unnd das warhafftig
blut Christi mit brodt und wein nicht gewißlich
außgetheillt und von den gleubigen geeßen unnd ge-
truncken wurdt189.
Darumb, so man von dem h. nachtmall Christi
hanndlen will, soll man sich ann-|104| fencklich fleis-
sigen, daß hievon recht gelert unnd geglaubt, dar-
nach, daß es ordennlich und der kirchen nutzlich
außgetheilt unnd empfangen werde. Was aber unnd

v-v Erg. am Rand.
186 Vgl. 1Kor 10,16-17.
187 Je [...] desto, s. oben Anm. 23.
188 Bloßes, inhaltsloses, s. FWb 9, Sp. 591f.

wie vom nachtmall solle in der kirchen gelert und
geprediget werdenn, ist droben gemeldet in den fur-
nembsten punctenn christenlichen lehr190 unnd
wurdt nachmals weiter gemeldet werden in volgen-
den articul von der vorbereitung.
So soll nun das h. nachtmal furnemlich uff die Sonn-
tag und fest oder so man sunst gemeine ernste ge-
bett versamlungen hatt und die gantze gemein Chri-
sti versamlet ist, gehallten werden, alls inn der statt
inn allen pfarhen je zu 14 tagen, uff dem lanndt aber
inn den dörffern ime monat ein mal oder zu acht
wochen und uffs lengst uff die vier cottember191, vor
oder nach ungeferlich, wie es dem volck am gelegen-
sten sein mag.
Es sollen aber die kirchen diener mit sonnderem
vleiß unnd ernst ermanen unnd den |105| leuthen den
nutz und die nottdurfft des gebrauchs dieses h. sa-
craments fleissig anzeigen und erzelen, damit sie
sich desselbigen gern, willigklich unnd zum offten-
mal teilhafftig machen, besunders dieweil sich etli-
che dermassen dargegen stellen, als sei nichts uff
erden, des sie weniger bedörffen dan eben dieses
sacraments, und wöllen dennocht christen heissenn,
lassen sich duncken, weil sey nun vom bäpstlichen
zwang frei seindt wordenn, so seien sie garnicht
schuldig, diß sacrament zu gebrauchenn, sonnder
mögen sein wol emperen und frei on alle sundt ver-
achten, und wen sollich sacrament nirgendt ge-
braucht wurdt oder gar undergienge, daß wer innen
gleich viel.
Diese sicherheit unnd erschröckenliche verrach-
tung des herren abenndtmal soll durch die predig
ernstlichen gestrafft werdenn.
Wan dan das nachtmal auff ein Sontag oder annde-
ren feiertag in der kirchen zuhalten furgenommen
wurdt, solle sollichs acht tag zuvor von der cantzell
dem volck |106| verkundiget und annzeigt werden
mit der ernstlichen vermanung, das sie sich die

189 Marbach setzt sich hier zunächst von der katholischen
(einer seiten) und dann von der reformierten Auffassung
(annderen seiten) des Abendmahls ab.
190 Siehe oben S. 381f.
191 Quatember.

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