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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0121
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Einleitung

den Jahren 1558 oder 1559 entworfen worden sein. In ihr geht es fast ausschließlich um die Versammlung
des Prebyteriums. Über die Zahl der Ältesten, ihre Verteilung auf die einzelnen Ortschaften des Lebertals
oder die innere Organisation erfährt man aus ihr kaum etwas63. Der Text der Ordnung ist in einer aktua-
lisierten Fassung aus dem Jahr 1649 überliefert. Im Laufe des 17. Jh. schlossen sich dann weitere Neufas-
sungen an64.
6. Bericht des Predigers Pierre Marboeuf über die Lehre der französischen Gemeinde [1560], (Text S. 125)
Mehrfach beklagte sich Marboeuf in seinen Briefen an Egenolph IV. über die feindliche Haltung der luthe-
rischen deutschen Gemeinde und die Nachstellungen von seiten der örtlichen Behörden und forderte von
ihm eine Gleichbehandlung der deutschen und der französischen Untertanen65. Eine Unterstützerin fand er
anscheinend in der Gräfin von Erbach, die sich bei ihrem Schwiegersohn Egenolph für die Belange der
französischen Gemeinde einsetzte66. In seinem Schreiben an Calvin vom 27. Juni 1560 berichtete Marboeuf
dem Genfer Reformator von dem Hass, der ihnen seinetwegen von deutscher Seite entgegenschlage67. Den
Gegnern hielt Marboeuf vor, die Stellung der französischen Kirche beim Herrn von Rappoltstein unter-
graben zu wollen.
Zur Verteidigung der reformierten Position diente auch die Dokumentation der Ordnung der französi-
schen Gemeinde in dem für Egenolph IV. bestimmten Bericht „Kurtze und einfaltige erklärung der lehr
christlichen glaubens, so zu Markirch [...] verkündiget und bestettiget wurdt“. Der Bericht, in welchem
Marboeuf immer wieder auf das Bekenntnis zurückgreift, ist in zwei Fassungen überliefert: Beide stimmen
zwar inhaltlich überein, sieht man einmal vom Fehlen des letzten Abschnitts in der unter Anmerkung c
edierten Fassung ab, die Ausgestaltung und Formulierung der einzelnen Punkte weicht dann aber so stark
voneinander ab, daß ein getrennter Abdruck der beiden Fassungen sinnvoll erschien68.
7. Vergleich zwischen der deutschen und der französischen Gemeinde, 28. Mai 1561 (Text, S. 132)
Am 8. Februar 1561 wandten sich die französischsprachigen Bewohner des Lebertals in einem Schreiben an
Egenolph IV. und baten um einen neuen Prediger für den verstorbenen Pierre Marboeuf. Gleichzeitig
ersuchten sie ihn um die Überlassung der durch den Abzug des katholischen Priesters, eines gewissen
„Meister Noah“, frei gewordenen Kirche von Eckerich69 oder entsprechend um die Zuweisung eines für den
Neubau einer Kirche geeigneten Platzes. Die Verfasser des Briefes wiesen darauf hin, daß es für die
Gemeinde immer schwieriger werde, den Gottesdienst in verschiedenen Privathäusern abzuhalten, da
immer neue Leute in das Tal strömten, auch, daß den deutschsprachigen Untertanen des Herren von
Rappoltstein eine eigene Kirche zur Verfügung stehe70.
Egenolph IV. gestattete den französischen Bewohnern des Tals, von denen ein großer Teil in Eckerich
wohnte71, die Nutzung der Kirche. Er hielt auch an dieser Entscheidung fest, als der Straßburger Bischof
Erasmus von Limpurg als zuständiger Diözesan im Herbst 1561 einen Priester nach Eckerich entsandte, um
die Kirche wieder für den katholischen Gottesdienst in Besitz zu nehmen72.

63 Bei den Verhandlungen über einen Ausgleich zwischen
der deutschen und der französischen Gemeinde im Mai
1561 (Nr. 7) finden neben dem Prediger Arnaud Banc
vier Älteste namentlich Erwähnung.
64 Vgl. Ludemann-Magdelaine, Discipline, S. 133.
65 Vgl. Denis, Églises, S. 289.
66 Vgl. Calvin, Opera 18 (CR 46), Nr. 3214, Sp. 109.
67 Ebd., Sp. 108: non ignarus es, quanta sis invidia apud
Germanos [...]; scires, quam schyticis debachationibus
indies impetimur sub tuo nomine.

68 Bei Muhlenbeck, Histoire, S. 465-470 ist nur die hier
als Haupttext edierte Fassung enthalten.
69 Die Kirche (Saint-Pierre sur l’Hâte) lag außerhalb des
Ortes auf einem kleinen Berg; ihre Kollatur stand den
Herren von Rappoltstein zu.
70 AD Haut-Rhin 1 E 83 / 169. Auszüge des Briefes finden
sich bei Muhlenbeck, Histoire, S. 93f.
71 Vgl. die Zahlen zur Verteilung der Einwohner in Denis,
Églises, S. 204.
72 Vgl. Adam, Kirchengeschichte Elsaß, S. 361. Erst durch

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