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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0160
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Herrschaft Rappoltstein

[7-11]. Unnd andere mer sind auch getauft worden,
haben das nachtmal deß herrn enntpfangen zue irer
verdambnus, als Simon Magus34, Judas, der verre-
ther35, Ananias unnd Sapharia36 unnd anndere mer,
wie in der 1. Cor. 10. cap. [1-5]. Derhalben man die
seelickhait der kinder noch niemandt andern37 dem
sacrament nit zugeben noch zurechnen solle, unnd
dahin nit sovil notdurft anwenden, dann von wegen
der kleinen kinder. Die zusagung Gotes macht sie
selig unnd heiliget sie, vor unnd ee sie geboren wer-
den.
Wil auch darmit nit sagen, das die sacrament un-
nütz seien unnd die zeichen bloß38, wan sie geben
unnd geraicht werden39. Ich sag auch nit, das mans
verachten solle, sunder man soll sie brauchen in aller
eer unnd reverentz unnd glauben, das die zusagung,
die uns darinn gethon unnd versigelt seindt, war-
haftiglich beschehen unnd geben. Wir geben aber
die crafft unnd selickhait dem zeichen nit zue, wel-
che irdische element sein, doch zue heiligen dingen
geordnet und geeignet. Aber dem wort unnd zu-
sagung deß herren geben wir daßelbig zue, angese-
hen, das solche zusagung Gotes den vatern, den
glaubigen, unnd iren kindern gethon ist von Abra-
ham her, welcher ist der vater aller glaubigen40.
Unnd hernach, vor und ee sie geboren werden, glau-
ben wir, das | diser zusagung, obschon die sigel nit
darahn waren, die kinder doch selig machte, gleich
wie die brieff oder gschriften einem mann ohne sigel
möchten dienen; aber die sigel ohn die geschrift wer
gantz untaugenlich und unnütz. Unnd sunderlich
die schrift unnd zusagung Gotes, welche nit künden
lugenhaft nach betriiglich befunden werden41, wann
schon die kinder im mueter leib stürben oder baldt
nach der geburt sie underlaßen42, darumb nit selig

34 Vgl. Apg 8,9-13.18-24.
35 Vgl. Mk 14,10-11.18-21.
36 Vgl. Apg 5,1-11.
37 Weder die Seligkeit der Kinder noch die von jemand an-
derem.
38 Gehaltlos, leer, s. FWb 4, Sp. 642.
39 Vgl. Nr. 4, Art. 31.
40 Vgl. Röm 4,16-18.
41 Vgl. Tit 1,2 und Hebr 6,18.

zuwerden durch daß bluet Jhesu Christi und die
crafft deß heiligen geists, in inen zugeeignet unnd
zugefueget der verdienst derßelbigen, inhalt der zu-
sagung Gotes. Derohalben wachen wir, aus deß
menschen hertzen außzutilgen die bebstliche unnd
verdamliche mainung, von welchem die gantz weldt
vergifft ist worden, vermainen, das die kinder, so
vor dem tauff sterben, verloren unnd verdambt
seien.
Verwerfen noch weiter als geverliche ding dise Sor-
bonische irthumben, sovil gesaget als babstliche
doctor43, nemlich, das in der notdurfft alle menner
unnd weiber mögen tauffen, wider das ernstlich ge-
bot Jhesu Christi, welcher gibt den bevelch allein
den apostlen unnd dienern seines evangeliums44,
unnd darzue, das man möge tauffen in allen waßern
unnd zue jeder stundt. Sind auch in solchen irthumb
gefallen, | das sie haben gesagt, wan man ein kind
zum tauff trage unnd es schwach oder in todes noten
were unnd kein mitel het, waßer zuehaben, unnd
man zum zibrunnen oder uff ein waßer bruckhen, als
dann solt mans in brunnen oder waßer werffen unnd
dise wort sagen: Kind, ich tauff dich im namen deß
vaters, deß sohns unnd deß heiligen gaists. Die ur-
sach warumb, sprechen sie45, das kind würd sunst
verdambt. Unnd es werdt vater unnd mueter ewig-
lichen verfluchen, dermaßen, das weger46 wer, das
ein stat oder lannd were undergangen. Also sind die
armen väter unnd mueter mit forcht und schre-
ckhen umbfangen worden, waren gwißlich angefoch-
ten. Wann ire kinder also sturben unnd wann sie
schwach waren, eilten sie zue aller stund, tag unnd
nacht, dießelbige zum tauff zubringen. Aber die erst
kirch haben solche grewliche meinung nit er-
khanndt; die glaubigen haben auch solche leichtfer-

42 Im Stich lassen, verlassen, s. Grimm, DWb 24,
Sp.1653.
43 Gemeint ist die theologische Fakultät der Sorbonne in
Paris, die als höchste Autorität in theologischen Fragen
galt, vgl. Lex. d. MA. 6, Sp. 1719-1721 und TRE 12,
S. 1-12.
44 Hier wird wohl auf Mt 28,16-20 angespielt. Vgl. auch
Nr. 4, Art. 21.
45 Sie begründen das damit.
46 Besser. Vgl. Grimm, DWb 27, Sp. 3106.

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