Mülhausen
21. Sonntagsmandata
30. April 1561
Wir, der Burgermeister und Rhadt der Statt Mül-
husen, Thund kund menigklichen1:
Nach dem der Allmächtig, ewig und barmhertzig
Gott sich einer Statt Mülhusen nach vilen erlitnen
geferden vätterlichen erbarmt und vor andern
völckern und anstossenden nachburschafften mit
seinem heyligen wort (welches der seelen ware speiß
unnd ewigs leben ist2) gnediglichen heimgesucht und
erleüchten lassen, dadurch wir nit allein auß der ge-
waltsame3 deß leidigen sathans, sondern auch auß
der grusammen gefangenschafft deß Widerchrists,
darin wir dan mit mancherlei banden und geferden
unnd, wie zubesorgen, nit on nachtheil der seelen
und leibs schwerlichen gefangen gehalten, gnedigk-
lichen erlößt seind, Darumm wir nun billichen seiner
Göttlichen Mayestat danckbar seyn und seinen hey-
ligen nammen mit besserung unsers sündtlichen le-
bens on underlaß loben, preysen und ehren solten,
So wirdt doch diß alles von uns wenig betrachtet
noch zu hertzen gefaßt, sonder, erst durch soliche
vätterliche heimsuchung und reichliche gaben etwas
feiger4, hochfertiger5 und mutwilliger worden, sein
wort straffen und warnen gantz verachtend, darzu
aller leichtfertigkeit und ungerechtigkeit also erge-
ben, das unser leben und wandel menigklichem er-
gerlichen und vil mer einem vyhischen unnd Heid-
nischen dan Christlichem leben mag vergleychet
werden, dann6 wir seinen zorn one zweifel über uns
dermassen erweckt, das zubesorgen, wo wir uns nit
bald besseren, die billiche, wolverdiente straff nit
ußbleiben, sondern unns, wie andere völcker, die
a Textvorlage (Einblattdruck): AM Mulhouse Nr. 4653.
Ein weiteres Exemplar des Einblattdrucks findet sich
unter der Nr. 4652.
1 Jedermann.
2 Vgl. Jer 15,16; Joh 5,24.
3 Herrschaft, s. FWb 6, Sp. 1824f.
4 Frecher, unverschämter, s. Grimm, DWb 3, Sp. 1442.
5 Stolzer, anmaßender (s. v. hoffärtig).
sich an kein warnung kheren, werde heimsuchen,
Welches wir dann innigklichen zu hertzen gefüerdt
und daruß billichen bewegt worden, solich ergerlich
leben, sovil müglichen, mit hilff deß Allmächtigen
zuverbesseren.
Und die weil dan erstlichen das Reych Gottes vor
allen Dingen zusuchen7 unnd sein Göttlichs wort,
die rechte wegleitti, auch unsers heils gewüsse si-
cherheit, und fürnemlich der Sontag von der Kir-
chen nit zu unnutzem muessiggang, zur fresserey
nach mutwilligem spylen und leben, sonder darumb
bedacht unnd uffgesetzt, das an dem selbigen
menigklichs mit muß Gottes wort hören, sich zu
dem gemeinen gebett unnd den heiligen Sacramen-
ten verfügen, auch sonnst in allweg mit einstellung
der haußarbeit zu der leer und underweisung seiner
seelen heils und säligkeit schicken8, dem selbigen
nachgedencken und sein leben darnach anrichten
soll, Aber etliche leichtfertige gemüter dessen wenig
achten unnd auff solchen tag sonst andere unnot-
wendige hendel, so diese uffsatzung9 verhindern, der
mehrentheil fürnemmen, sich, nit zu kleiner verlet-
zung fremder unnd heimscher, der Kirchen und ge-
meind Gottes entschlahen, die predigen nit, wie
Christenleüten gebürdt, besuchend, sonder vil mehr
auffs landt anderen iren handtierungen nachlauffen,
Oder welche, gleych bey langer wyl10 zum Gottes
wort kommend, hie aussen under der Kirchen thü-
ren und glockenhauß stand Oder wol als bald under
der predig andere üppigkeit11 an den thoren, zyl-
stetten12, auff der gassen, vor ihren heüseren, bey
6 Wodurch.
7 Vgl. Mt 6,33.
8 Sich schicken - sich hinbegehen, sich rüsten für.
9 Gebot, Anordnung, s. FWb 2, Sp. 712f.
10 Obgleich sie aus Langeweile, s. FWb 6, Sp. 2309f. (s.v.
gleich 16).
11 Unnütze, nichtige Dinge, s. Grimm, DWb 24,
Sp. 2348f.
12 Schießplätzen, s. Grimm, DWb 31, Sp. 1098f.
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21. Sonntagsmandata
30. April 1561
Wir, der Burgermeister und Rhadt der Statt Mül-
husen, Thund kund menigklichen1:
Nach dem der Allmächtig, ewig und barmhertzig
Gott sich einer Statt Mülhusen nach vilen erlitnen
geferden vätterlichen erbarmt und vor andern
völckern und anstossenden nachburschafften mit
seinem heyligen wort (welches der seelen ware speiß
unnd ewigs leben ist2) gnediglichen heimgesucht und
erleüchten lassen, dadurch wir nit allein auß der ge-
waltsame3 deß leidigen sathans, sondern auch auß
der grusammen gefangenschafft deß Widerchrists,
darin wir dan mit mancherlei banden und geferden
unnd, wie zubesorgen, nit on nachtheil der seelen
und leibs schwerlichen gefangen gehalten, gnedigk-
lichen erlößt seind, Darumm wir nun billichen seiner
Göttlichen Mayestat danckbar seyn und seinen hey-
ligen nammen mit besserung unsers sündtlichen le-
bens on underlaß loben, preysen und ehren solten,
So wirdt doch diß alles von uns wenig betrachtet
noch zu hertzen gefaßt, sonder, erst durch soliche
vätterliche heimsuchung und reichliche gaben etwas
feiger4, hochfertiger5 und mutwilliger worden, sein
wort straffen und warnen gantz verachtend, darzu
aller leichtfertigkeit und ungerechtigkeit also erge-
ben, das unser leben und wandel menigklichem er-
gerlichen und vil mer einem vyhischen unnd Heid-
nischen dan Christlichem leben mag vergleychet
werden, dann6 wir seinen zorn one zweifel über uns
dermassen erweckt, das zubesorgen, wo wir uns nit
bald besseren, die billiche, wolverdiente straff nit
ußbleiben, sondern unns, wie andere völcker, die
a Textvorlage (Einblattdruck): AM Mulhouse Nr. 4653.
Ein weiteres Exemplar des Einblattdrucks findet sich
unter der Nr. 4652.
1 Jedermann.
2 Vgl. Jer 15,16; Joh 5,24.
3 Herrschaft, s. FWb 6, Sp. 1824f.
4 Frecher, unverschämter, s. Grimm, DWb 3, Sp. 1442.
5 Stolzer, anmaßender (s. v. hoffärtig).
sich an kein warnung kheren, werde heimsuchen,
Welches wir dann innigklichen zu hertzen gefüerdt
und daruß billichen bewegt worden, solich ergerlich
leben, sovil müglichen, mit hilff deß Allmächtigen
zuverbesseren.
Und die weil dan erstlichen das Reych Gottes vor
allen Dingen zusuchen7 unnd sein Göttlichs wort,
die rechte wegleitti, auch unsers heils gewüsse si-
cherheit, und fürnemlich der Sontag von der Kir-
chen nit zu unnutzem muessiggang, zur fresserey
nach mutwilligem spylen und leben, sonder darumb
bedacht unnd uffgesetzt, das an dem selbigen
menigklichs mit muß Gottes wort hören, sich zu
dem gemeinen gebett unnd den heiligen Sacramen-
ten verfügen, auch sonnst in allweg mit einstellung
der haußarbeit zu der leer und underweisung seiner
seelen heils und säligkeit schicken8, dem selbigen
nachgedencken und sein leben darnach anrichten
soll, Aber etliche leichtfertige gemüter dessen wenig
achten unnd auff solchen tag sonst andere unnot-
wendige hendel, so diese uffsatzung9 verhindern, der
mehrentheil fürnemmen, sich, nit zu kleiner verlet-
zung fremder unnd heimscher, der Kirchen und ge-
meind Gottes entschlahen, die predigen nit, wie
Christenleüten gebürdt, besuchend, sonder vil mehr
auffs landt anderen iren handtierungen nachlauffen,
Oder welche, gleych bey langer wyl10 zum Gottes
wort kommend, hie aussen under der Kirchen thü-
ren und glockenhauß stand Oder wol als bald under
der predig andere üppigkeit11 an den thoren, zyl-
stetten12, auff der gassen, vor ihren heüseren, bey
6 Wodurch.
7 Vgl. Mt 6,33.
8 Sich schicken - sich hinbegehen, sich rüsten für.
9 Gebot, Anordnung, s. FWb 2, Sp. 712f.
10 Obgleich sie aus Langeweile, s. FWb 6, Sp. 2309f. (s.v.
gleich 16).
11 Unnütze, nichtige Dinge, s. Grimm, DWb 24,
Sp. 2348f.
12 Schießplätzen, s. Grimm, DWb 31, Sp. 1098f.
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