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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0394
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Münster im Münstertal

e10. Von dem h. kindertauff
κAls wir auch nun etlich jahr hero befunden, das et-
liche unsere burger und angehörige, welche der all-
mechtig mit leibsfrucht gesegnet und ihnen kinder
beschert, über den hey[ligen] tauff unzuläßige per-
sonen zu gevattern und götteln29 gebetten haben,
welche nit allein zum theil unserer wahren christli-
chen und catholischen religion der Augspurgischen
Confession zuwider und entgegen, sonder auch zum
theil in unserm christenthumb dermaßen übel er-
bawet, das sie nit allein nit wißen, von wem, warzu
und warumb der h. tauff eingesetzt, sonder auch zun
zeiten die ubrige fünff stuckh unsers h. catechismi
nit gelernet oder verstehn, ja, das noch ärger und
zuhören erschröcklich ist, etwan gar nit bethen kön-
den, und aber nit allein den predigern, sonder auch
uns als einer (ohn ruhm zumelden30) christlichen
oberkeit keinswegs gebüren will, einiche gottlose,
abgöttische, leichtfertische, epicuresche und in un-
serm christenthumb unerfahrne und ungeübte leüth,
es seyen jung oder alt, mann oder weibspersonen,
bey dem h. kindertauff zuzelaßen oder zugedulden,
in ansehen, das solche leüth der göttlichen dreyfal-
tigkeit, so bey der h. tauff selbs gegenwertig ist, ein
grewel und disem hohen sacrament ein schand-
flecken seind. |
11. Von gevatterschafft
λDemnach, so wöllen wir hiemit allen unsern bur-
gern und angehörigen zu statt und thal umb ihr
selbs seelen heyl und seligkeit willen zum fleißigsten
ermahnt, erinnert, ihnen auch dabey neben unsers
tragenden und von Gott anbefohlenen ambts zum
ernstlichsten eingebunden31 und befohlen haben, das
hinfüro diejenigen, denen der allmechtig kinder be-
schert fund dieselbige allhie zu Münster in S. Leo-
κ Anno 1576. Sambstag post Michaelis [6. Oktober].
λ Anno 1576. Sambstag post Michaelis.
μ Anno 1575. Sambstag post Michaelis [1. Oktober].

e-e Die Abschnite 10-13 fehlen in C.
f-f Gestr. in B.
29 Paten und Patinnen, s. FWb 6, Sp. 446 und FWb 7,

digarien pfarrkirch oder zu Milbach tauffen laßen
wöllenf, fromme, gottsförchtige, erbare und in un-
serem hey[ligen] christenthumb wol erbawent mann
oder weibspersonen, knaben oder töchter uber ihre
kinder zu gevattern und götteln gewinnen und er-
bitten sollen, uff das die göttliche mayestet nit be-
leidiget, dises hohe sacrament entunehret oder je-
mands geärgert werde.
Damit auch hinfüro solche ärgerliche exempel
fürkommen32 und in künfftigen mit dem hey[ligen]
kindertauff wie in anderen wolbestelten kirchen ge-
bürende und christliche ordnung gehalten werde, so
setzen, statuiren und wöllen wir, das nun hinfüro
diejenigen, so ihre kinder in unseren beeden kirchen
zu Münster und Milbach tauffen laßen wöllen, uffs
wenigst den tag zuvor, auch ehe sie einiche gevatter
und göttlen erbitten oder gewinnen, bey dem orden-
lichen pfarrer und kirchendiener erscheinen und nit
allein der beeden elteren und deß kinds, sonder auch
der gevatter und götteln tauff- und zunamen nam-
hafft machen und einschreiben laßen sollen, damit
uns hernacher deßhalben gebüerend relation und be-
richt geschehen könde. |
12. Vom hey[ligen] nachtmahl
μFerner setzen, ordnen und gebietten wir auch, das
nun hinfüro in unsern beeden kirchen allhie zu Mün-
ster und Milbach uff die Sontäg, wann das hey[lige]
abentmahl gehalten wirt, niemands mehr auß un-
sern burgern, es seyen jung oder alt, mann oder
weibspersonen, ohn sondere rechtmäßige ursachen
auß der kirchen gehn, sonder in derselben, bis das
hey[lige] nachtmahl gereicht und der gottesdienst
allerdings33 verrichtet wirt, verbleiben sollen, und
dasselbig bey straff 5 ß, in sonderer betrachtung,
das göttlich mayestat bey solcher fürtrefflichen und
unausprechlichen geheimnuß gegenwertig und durch
Sp. 165f. sowie Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 155 und
247.
30 Siehe Anm. 11.
31 Eingeschärft, s. Grimm, DWb 3, Sp. 153; Adelung 1,
Sp,1689.
32 Vorgebeugt (werde), s. Grimm, DWb 4, Sp. 760f.
33 Ganz und gar, s. FWb 1, Sp. 790f.

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