Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0409
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Mandat zum Kirchenbann 1578

fUnd sovil desto mehr will uns, unsers tragenden
und | von Gott ufferlegten ampts halbenf , obligen,
solchen groben schand und lastern mit gewalt zu-
widersetzen, dieweil dieselbige nit allein in göttli-
chen und kayserlichen rechten bei der leibsstraff
verbotten, sonder auch viler wol bestelter
gkirchen exempel vorhanden seindg, so solch laster
nach ausweisung angezogener10 recht bishero zum
ernstlichsten gestrafft haben und noch straffen
thun.
Uff das sich aber niemand der unwißenheit behelf-
fen11 oder einigerlei weise entschuldigen möge, so
haben wir zuvorderst nit underlaßen sollen noch
wöllen, meniglich in statt und thal, jung und alt,
mann und weib, söhn und töchter, knecht und
mägd, dessen alles durch diß offentlich mandat
hzu avisiren12 und zuverwarnenh:
[I.] iUnd erstlichi, weil Christus, unser seligmacher,
nicht allein seinen lieben apostelen, sonder auch al-
len rechtschaffnen bischoven, pfarrern und kirchen-
dienern in einsatzung des predigambts und kir-
chendiensts beedes, den bind- und lößschlüßel,
jübergiebt und befiehlet13, auch solche beyde schlü-
ßelj von der apostelzeit an bis auf uns je und allwe-
gen in der kirchen Gottes geblieben und gebraucht
worden seind, do in crafft derselbigen die rhu-
lose14, hartneckige und unbußfertige sunder von der
kirchen außgeschloßen, dogegen die bußfertige wi-
derumb zu gliedern derselbigen uff- und angenom-
men worden seind, so wöllen wir demnach unsern
beiden pfarrern und kirchendienern zu Münster und

f-f B: Umb so viel desto mehr will unß unßers tragenden
ambts wegen, so unß von Gott anbefohlen worden.
g-g B: kirchen exempeln zuwieder.
h-h B: zu verwarnen und †...†.
i-i B: Erstlichen.
j-j Aus B übernommen.
k B: erlaubt haben.
l B: diaconen und kirchendiener.
m B: mägdt.
n B: zu beruffen.
o-o B: bey männiglichen desto mehr authoritet, ansehen und
nachtruck.

Mülbach den christlichen | bann, so sie bishero allein
privatim und heimblich gebraucht, hinfüro wie in
anderen Augspurgischen confessions verwandten
kirchen offentlich zufhüren15 nit allein erlaubtk, son-
der auch denselben ohne allen verzug ins werck zu-
richten16 ufferlegt und befohlen haben, also und der
gestalt, das sie, unsere beide pfarrer und derselben
zugeordnete kirchenpflegerl, hinfuhro macht und ge-
walt haben sollen, alle diejenige, mann und weibs-
persohnen, sie seien ehlichs oder ledigs stands, söhn
und töchter, knecht oder kellerinnm ,frembd oder
einheimisch, so entweder des ehebruchs, blutschand,
notzugs, jungfrawschwächung, hurerey oder derglei-
chen unzucht halben verdacht oder beschreiet17
seind, für sich zubeschickenn18, ihnen deshalben nit
allein ernstlich zuzusprechen, sie zu examiniren und
zuerforschen, sonder auch, da sie schuldig befunden
worden, von der kirchen und den heil[igen] sacra-
menten tauff und abentmal gentzlich auszuschlie-
ßen, auch zu denselben nimmermehr zuzelaßen, sie
seien dan der gantzen gemeind, als die sie mit ihrem
bösen exempel offentlich geärgert, widerumb offent-
lich furgestellet und also Gott und der gantzen kir-
chen durch eine freie bekanntniß ihrer sünden und
demüetigen fußfahl versöhnet und zu glidern ange-
nommen worden, in dem dan sie, unsere pfarrer
sambt den kirchenpflegern, niemands verschonen,
sonder mit durchgehender gleicheit, dem bevelch
Christi gemäß, procediren und verfahren sollen. |
Damit auch solcher christlicher bann obei meniglich
authoritet, nachtruck und ansehenso haben möge, so
haben wir ihnen, unseren pfarrern, vier kirchen-

10 Erwähnter, s. FWb 1, Sp. 1615f.
11 Sich herausreden, s. FWb 3, Sp. 783.
12 Mitzuteilen, s. FWb 2, Sp. 1585f.
13 Vgl. Mt 16,19 und 18,18.
14 Ruchlosen (s. dazu auch die Lesart ruchlos in Text B).
15 Zur Handhabung des Bannes in den Kirchen der Refor-
mation vgl. TRE 5, Sp. 186-189 sowie unter Mülhausen
Nr. 15, S. 235-237.
16 Zur Wendung ins werk richten = umsetzen s. Grimm,
DWb 14, Sp. 878.
17 Verklagt, s. FWb 3, Sp. 1752-1754.
18 Vorzuladen, s. FWb 3, Sp. 1675f.

389
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften