8a. Deklarationsschrift [1589]
8a. Deklarationsschrift.
Erläuterung zu den Artikeln 10 und 13 der Confessio Augustanaa
[22. Dezember 1589]1
Es hetten meyster unnd rhat der statt Colmar sich
gentzlich versehenn, es würden ire prediger auf der
cantzel vor allen dingen der armen christlichen ge-
meind, wölche biß daher aller subtilen gloßen unnd
zänckhischen lehren kein wüßens, verschonet unnd
die vilmehr zu underweisen, inn bGottes wortb ein-
faltiglichen zulehren, dann mit gesuchten subtilita-
tibus beschwerdt, irr gemacht oder geärgert, die ar-
me, schwache gemeinde zuerbawen csich beflißen
unnd iren geschwornnen eydtc2, der so hell, clar
unnd mit runden3 außgetruckten worten deß ver-
dammens, schmähens, subtiler lehr von der persohn
Christi unnd anderer mehr puncten gesetzt, sich er-
innert unnd, den sie wolbedächtlich nach beschehe-
ner fürhalttung geschworen, bedacht haben.
Dieweil man aber leyder anderß inn der erfarung
offentlich befindt, so will einem ersamen rhat offent-
lich auf der cantzlen gemelted verdammungen, ver-
ketzerungen, noch diee daher veruhrsachte gloßie-
rungenn4 in sacrament sachen oder von der persohn
Christi, weniger auch nicht die nammen Sacramen-
tierer5, Sacramentschender, Schwermer6, anziehung
der nammen Zwinglii, Calvinii oder dergleichen,
dardurch der arme gemeine man irrgemacht, mehr
a Textvorlage A (Handschrift): AMS Straßburg 1 AST 98,
Nr. 76 (ohne Blattzählung). Textvorlage B: AM Colmar
GG 158, Nr. 26. Abdruck: Schmidt, Gründliche Wi-
derlegung, S. 140-147.
b-b B: dem wort Gottes.
c-c B: beflissen unnd sich ihreß geschwornen aidtß.
d B: geübte.
e Fehlt in B.
f B: solches alleß.
g B: unnd der.
1 An diesem Tag wurde die Schrift vor dem Magistrat ver-
lesen und die Geistlichen um ihre Stellungnahme gebe-
ten, ob sie entsprechend lehren wollten oder nicht. Vgl.
die Einleitung, S. 485f.
2 Zum Prädikanteneid vgl. Nr. 2.
geärgert dann erbawen, allerhand vilfaltige mey-
nungen unnd unrichtigkeiten entstehen, zugedulden
nicht gebüren, sonder vil mehr, daß solchesf zu-
gedecket | unnd der gemeine mann darmit nicht
irrgemacht oder geärgert unnd andere zu noch
scherpfferer widerlegung bewegt werden, gute ach-
tung zuhabenn amptshalben zusehen.
Derwegen unnd damit die prediger allhie wüßen
unnd verstehen mögen, wie ihr ayd gemeindt unnd
die religion auf die Augspurgische Confession, anno
30 key[ser] Carlen dem V. zu Augspurg ubergeben,
alls der h. göttlichen schrifften gemäß, unnd die ar-
ticul derselben zuverstehen, zuhalten, glauben, und
die kirch alhie reformiert, dero gleichförmig gelehrt
unnd geprediget werden soll, so halten wir, der
meister unndg rhat, das der 10. articul Augspurgi-
scher confession, darumb theils der streit, wölcher
also lauthet: Vom abendmahl deß herrn würdt also
gelehrt, das warer leyb und bluth Christi warhaff-
tiglich under gestalt brodts und weins im abendmal
gegenwertig sey und da ausgetheilt und genommen
werde7, wahr unnd wöllen, das der also auf der cant-
zell gelehrt, gepredigt unnd dem gemeinen man ein-
feltiglich fürgetragen werden solle.
3 Deutlich, s. Grimm, DWb 14, Sp. 1502.
4 Eigentlich: Auslegungen, Erklärungen, aber auch: klü-
gelndes, sophistisches Kommentieren, s. FWb 6,
Sp.2432-2434.
5 Als Sacramentierer wurden von lutherischer Seite dieje-
nigen bezeichnet, die die wesentliche Gegenwart des Lei-
bes und Blutes Christi in Brot und Wein anzweifelten.
6 Vgl. Luther, WA 33, S. 229: Diss rede ich wider die Ar-
rianer, Sacramentirer und andere Rotten und Schwermer,
welche nicht verstehen diesen Text, WA 52, S. 743: Also
sind hernach gefolget die Sacrament schwirmer, die Wider-
tauffer und andere rotten, WA 54, S. 141 das Schwenckfeld
meinen Brieff [...] ausbreitet und mir ubel nach redet sampt
seinen Eutychern und Sacramentsschendern.
7 Vgl. BSLK, S. 64.
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8a. Deklarationsschrift.
Erläuterung zu den Artikeln 10 und 13 der Confessio Augustanaa
[22. Dezember 1589]1
Es hetten meyster unnd rhat der statt Colmar sich
gentzlich versehenn, es würden ire prediger auf der
cantzel vor allen dingen der armen christlichen ge-
meind, wölche biß daher aller subtilen gloßen unnd
zänckhischen lehren kein wüßens, verschonet unnd
die vilmehr zu underweisen, inn bGottes wortb ein-
faltiglichen zulehren, dann mit gesuchten subtilita-
tibus beschwerdt, irr gemacht oder geärgert, die ar-
me, schwache gemeinde zuerbawen csich beflißen
unnd iren geschwornnen eydtc2, der so hell, clar
unnd mit runden3 außgetruckten worten deß ver-
dammens, schmähens, subtiler lehr von der persohn
Christi unnd anderer mehr puncten gesetzt, sich er-
innert unnd, den sie wolbedächtlich nach beschehe-
ner fürhalttung geschworen, bedacht haben.
Dieweil man aber leyder anderß inn der erfarung
offentlich befindt, so will einem ersamen rhat offent-
lich auf der cantzlen gemelted verdammungen, ver-
ketzerungen, noch diee daher veruhrsachte gloßie-
rungenn4 in sacrament sachen oder von der persohn
Christi, weniger auch nicht die nammen Sacramen-
tierer5, Sacramentschender, Schwermer6, anziehung
der nammen Zwinglii, Calvinii oder dergleichen,
dardurch der arme gemeine man irrgemacht, mehr
a Textvorlage A (Handschrift): AMS Straßburg 1 AST 98,
Nr. 76 (ohne Blattzählung). Textvorlage B: AM Colmar
GG 158, Nr. 26. Abdruck: Schmidt, Gründliche Wi-
derlegung, S. 140-147.
b-b B: dem wort Gottes.
c-c B: beflissen unnd sich ihreß geschwornen aidtß.
d B: geübte.
e Fehlt in B.
f B: solches alleß.
g B: unnd der.
1 An diesem Tag wurde die Schrift vor dem Magistrat ver-
lesen und die Geistlichen um ihre Stellungnahme gebe-
ten, ob sie entsprechend lehren wollten oder nicht. Vgl.
die Einleitung, S. 485f.
2 Zum Prädikanteneid vgl. Nr. 2.
geärgert dann erbawen, allerhand vilfaltige mey-
nungen unnd unrichtigkeiten entstehen, zugedulden
nicht gebüren, sonder vil mehr, daß solchesf zu-
gedecket | unnd der gemeine mann darmit nicht
irrgemacht oder geärgert unnd andere zu noch
scherpfferer widerlegung bewegt werden, gute ach-
tung zuhabenn amptshalben zusehen.
Derwegen unnd damit die prediger allhie wüßen
unnd verstehen mögen, wie ihr ayd gemeindt unnd
die religion auf die Augspurgische Confession, anno
30 key[ser] Carlen dem V. zu Augspurg ubergeben,
alls der h. göttlichen schrifften gemäß, unnd die ar-
ticul derselben zuverstehen, zuhalten, glauben, und
die kirch alhie reformiert, dero gleichförmig gelehrt
unnd geprediget werden soll, so halten wir, der
meister unndg rhat, das der 10. articul Augspurgi-
scher confession, darumb theils der streit, wölcher
also lauthet: Vom abendmahl deß herrn würdt also
gelehrt, das warer leyb und bluth Christi warhaff-
tiglich under gestalt brodts und weins im abendmal
gegenwertig sey und da ausgetheilt und genommen
werde7, wahr unnd wöllen, das der also auf der cant-
zell gelehrt, gepredigt unnd dem gemeinen man ein-
feltiglich fürgetragen werden solle.
3 Deutlich, s. Grimm, DWb 14, Sp. 1502.
4 Eigentlich: Auslegungen, Erklärungen, aber auch: klü-
gelndes, sophistisches Kommentieren, s. FWb 6,
Sp.2432-2434.
5 Als Sacramentierer wurden von lutherischer Seite dieje-
nigen bezeichnet, die die wesentliche Gegenwart des Lei-
bes und Blutes Christi in Brot und Wein anzweifelten.
6 Vgl. Luther, WA 33, S. 229: Diss rede ich wider die Ar-
rianer, Sacramentirer und andere Rotten und Schwermer,
welche nicht verstehen diesen Text, WA 52, S. 743: Also
sind hernach gefolget die Sacrament schwirmer, die Wider-
tauffer und andere rotten, WA 54, S. 141 das Schwenckfeld
meinen Brieff [...] ausbreitet und mir ubel nach redet sampt
seinen Eutychern und Sacramentsschendern.
7 Vgl. BSLK, S. 64.
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