Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0466
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lippe

ten in die helse henge für allerley kranckheit und
Zauberey, noch öffentliche Wein und Bierkrüge und
Schencke hilte Oder sonst unehrliche handtierung
|Ll4r| ubte, Item Ein Rochloß, ergerlich Leben fürete
mit sauffen, spielen, zancken, doppeln283 oder an-
dern oberzeltenk Gotteslesterlichen wandel und dar-
inne thatlich ergriffen, sol er seines Ampts zur straf-
fe privirt oder beraubt sein und alßbalt verur-
laubt284 werden.

Letzlich wollen wir auch den Unterthanen gebie-
ten, das sie den Küstern in Stetten, Flecken und
Dörffern ahn irer alten, gewönlichen, hergebrachten
Besoldung nichts abbrechen, Sondern alles zu irer
auffenthaltung geben, was von Alterß her gebreuch-
lich.
Auch soll es mit dem auff- und abziehen, Gebaw
und absterben der Küster (wie oben ermelt von den
Pastorn und Caplanen) gehalten werden.

Von den Kirchschworn

Man hat in der Jüngst gehaltenen Visitation aller
Kirchen unser Graffschafften merckliche unrichtig-
keit bey den Dechanten oder Templirern, wie nach
dieser Land art die Vorsteher der Kirchgebewen
unnd Auffkümpfften285 genennet werden, augen-
scheinlich erfaren, Welcher gestalt die Kirchschworn
neben irer fahrlessigkeit und verseumnis des Kirch-
gebews weder schreiben noch lesen gekünt, dadurch
denn die güter, so von Altem herkommen, zur Kir-
chen und unterhaltung des Waren Gottesdienstes
bescheiden, der Kirchen entzogen und die Heubt
Register mit den Briefflichen urkünden, verzeichnis-
sen und Registern, dazu gehörig, |L14v| verrückt und
in einen unerstatlichen286 abfall gekommen, mit was
schaden, nachteil und verderb der Kirchen, kan ein
jeder selbst leichtlich und wol abmessen oder ge-
dencken.
Durch solche ungeschickligkeit der Dechanten
ist erfolget, das keine bestendige Heubt Register
uber die Renthe und einkommen der Kirchen ver-
fasset und angestellet sein, Darinnen die Jerliche
Einname und Außgabe, empfangen unnd gethan,
verzeichnet worden, Daher man nicht hat können
erfaren oder erforschen allein, Wohin und wozu der
Kirchen einkommende Renthe angelegt und ver-

k Im Druck: obenzelten.
VII/II,2,1, S. 1121f.: „Wo auch warhaftig befunden wür-
de, das ein küster noch mit gottlosen teufelssegen oder
arzney umbgieng und (wie auf etlichen dörfern ge-
schicht) S. Johannes evangelium schriebe, den leuten an
die helse hinge für allerley krankheit und zauberey, ...
soll er seines ampts zur straffe priviert oder beraubt sein
und alsbald verurlaubt werden“. Vgl. ebd., Anm. 8.

wendet, Sondern auch (Leyder) viel Geistliche Gü-
ter mit den Heubt Registern und Brieffen gentzlich
verloren und zerstrewet sind.
Weitter ist auch an vielen örten kundlich und
unleugbar befunden, das die Vorsteher oder Verwal-
ter der Kirchbew güter keine richtige, urkündliche
und rechtmessige Jhar Rechnung gethan, Und so
bißweilen eine Blinde rechnung287 geschehen, ist die-
selbige entweder durch den Küster in beysein etli-
cher wenig Kirchspiels Leuten unter dem Volsauffen
heimlich (wie sie denn die Rechnung der Kirchen-
güter für ire geheimniß gehalten) eingenommen
worden. Und was die Dechanten von den Renthen
erübert, haben sie mit unnötigem fressen und sau-
ffen, Viehischem prassen und schwelgen auff vier
oder fünff Gefreßtagen unnützlich umbracht unnd
verzeret. Was sie aber nicht haben auff vier oder
fünff Saufftagen verbrassen kündt, dasselbige ist
zum theil in iren eignen nutz geschlagen oder iren
negst Verwanten freunden, | Mm1r| guten Nachbaw-
ren und Zechgenossen on Jerliche Pension entlehnet,
zum theil unter ihnen selbst mit Unchristlicher ge-
schwindigkeit des vortheils und eigen nutzs partiert
und außgetheilt, Darüber denn die Kirche und der-
selbigen zugehörige Wohnunge bawfellig worden,

283 Würfelspiel.
284 Entlassen, Grimm, DWb 25, Sp. 2048.
285 Einkünfte, Grimm, DWb 1, Sp. 679; FWb 2, Sp. 513.
286 Unersetzlichen, Grimm, DWb 24, Sp. 509.
287 Falsche Rechnung, Scheinrechnung, Grimm, DWb 2,
Sp.122.

448
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften