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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0470
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Lippe

befunden wird und nicht gleiche Praecepta und Au-
thores geleret unnd gelernet werden können, Son-
dern nach gelegenheit und gestalt einer jeden Stadt,
Schul und mannichfaltigkeit der Knaben sonderli-
che Schulordnung gestalt müssen werden, So wollen
wir in dieser Kirchen Agenden keine Schul Ordina-
tion mit unterschiedlichen abtheilung der Kinder in
Classes oder Decurias, in gewisse Authores, assi-
gnirte Horas, Repetitiones, Exercitia und derglei-
chen stellen oder verordnen, Sondern es ist bedacht
worden, das die Rectores Scholarum neben den Su-
perintendenten Christliche, nottürfftige und der Ju-
gend dienliche Ordnung der Lection und Disciplin in
jedern Schulen irer gelegenheit nach, welche sie bey
inen selbst ermessen und wol verstehen werden, stel-
len und verordnen. Befehlen auch hiemit allen unnd
jeden Schulmeistern, sie wollen sich hierinne gehor-
samlich, friedsam und willig erzeigen.
Zum Dritten. Weil auch die heilige Schrifft hin und
wider bey Göttlichen wolthaten oder straffen ver-
manet und erinnert, die Kinder, wenn sie Jungk sind
und hoffnung da ist und man in den Halß beugen
oder biegen kan298, in der zucht und straffe zu erzie-
hen, Demnach sollen sie auch die vertrawete unnd
befohlene Jungen Knaben on auffhören züchtigen,
auff das sie ire Seelen von der Hellen erretten, Pro-
verb. 23 [13-14], |Nn1v| Und sie mit Rutten, ohn
Poldern unnd gifftigen Zorn, wie manchmal die un-
verstendigen Schuldiener thun, bescheidenlich, ver-
nünfftig, sanfft und gebürlicher weiß straffen.
Darbeneben sollen sich allweg die Schulmeisters
befleissigen, das die kleinen pflantzen des Himmel-
reichs299 und aller Regiment zu aller Erbarkeit und
guten sitten gezogen und geübet werden.
Zum Vierten sollen die Schulmeisters auch im Kir-
chendienst auff die Sontage und andern Festen
trewlich gute achtung geben und derselben mit fleis
zu gebürender zeit warten, den Chor neben iren Dis-
cipeln mit Christlichen Gesengen und Lectionen,
wie Gottfürchtigen und getrewen Mennern gebürt,
versorgen und versehen, die Jugent gewhenen, fleis-
298 Sir 7,25; 30,12.
299 Vgl. Mt 18,3; Mk 10,14.

sig Predigt zu hören und zur Kirchen zugehen, Auch
nicht auff die Sonn- und Festtage, wie sich offt be-
gibt, bey garstigen tropffen in Wein- und Bier-
schencken oder Tabern ligen, darinne schwelgen und
sauffen mit grossem schaden und ergerniß der Ju-
gent unnd einer gantzen Gemein, sondern sollen al-
ler gebüer nach ein Christlich, züchtig wesen und
eingezogen, messig Leben selbst zum Exempel oder
seligen nachfolge iren vertraweten Jüngern füren,
das die Kinder dadurch gebessert und nicht ge-
ergert300 werden, Wie sie vor Gott schüldig und
drümb auch am Jüngsten tage rechenschafft geben
müssen.
Letzlich sollen auch die Schulmeister sampt dersel-
ben Collaboratoren nach gedachter nodtwendiger
und recht- |Nn2r| messiger annemung und bestellung
bey Handtgegebener trewe und glauben den oben
ermelten Personen promittiern und sich verpflich-
ten, das sie allem, wie vor gesagt, durch Gottes gna-
den nachzukommen und trewlich zuleisten willig
und geneigt sein, Das sie darneben unserer Kirchen-
ordnung in den Puncten, die sie belangen, deßglei-
chen der Schulordnung, so mit Rhat der Superinten-
denten, wo es die not erfordert, von den Schul Rec-
torn gemacht werden soll, ungeweigerlich geleben
und, wie sichs bezimpt, gehorsamblich nachkom-
men.
Nach solcher Promission sollen alßbald die Praecep-
tores zum Schul Ampt angenommen unnd eingesetzt
werden. Und damit solche trewe, Gelerte unnd Er-
bare Schulmeister neben iren Mitgehülffen der ge-
bür unnd billigkeit nach redliche Besoldung emp-
fangen und iren guten unterhalt bekommen mögen,
den ein Arbeider ist seines Lohns werdt301, So wollen
wir allen unsern Graffschafften Unterthanen auff-
erlegt und ernstlich befohlen haben, das ein Ersam
Rhat jeder Stadt bey den Schul Emptern Ehrliche
und gnugsame besoldung verordne und anstelle. Da
aber solchs ein Gemeine nicht vermöchte, Alßdenn
wollen wir (geliebts Gott) zu nötiger versorgung sol-
cher Christlichen Schul die gnedige versehnung
300 Verdorben.
301 Mt 10,10; Lk 10,7; 1Tim 5,18.

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