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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0077
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Einleitung

1. Die Grafschaft Wittgenstein

Die Grafschaft Wittgenstein an der oberen Lahn und der oberen Eder grenzte im Norden an das kurköl-
nische Herzogtum Westfalen, im Südwesten an die Grafschaft Nassau-Dillenburg und im Südosten an die
Landgrafschaft Hessen.
Das nach der Burg Wittgenstein benannte Grafengeschlecht ist 1174 belegt.1 Mit dem Tod Siegfrieds II.
erlosch 1359 die Hauptlinie der Grafen, und Siegfrieds Schwiegersohn Salentin von Sayn-Homburg2 (1354-
1384) erbte den größten Teil der Grafschaft. Er führte den Titel „von Sayn zu Wittgenstein aus dem Hause
Sponheim“,3 seine Nachfolger nannten sich kürzer „von Sayn-Wittgenstein“.
Ende des 14. Jahrhunderts wurde die selbständige Herrschaft der Sayn-Wittgensteiner von benachbar-
ten Territorialherren (den Grafen von Katzenelnbogen, Solms und Nassau), die Rechte im Wittgensteiner
Raum erworben hatten, bedroht. 1392 musste Johann III. von Wittgenstein seine Güter an die Grafen von
Nassau-Dillenburg zu Lehen auftragen. Gegen diese Bindung suchte man Rückhalt bei den Landgrafen von
Hessen und schloss 1436 mit ihnen eine Erbverbründerung. Das Bündnis wurde mehrfach erneuert, und
1493 begab sich Graf Eberhard I. von Wittgenstein (reg. 1469-1494) - gegen den Protest Nassaus - in ein
Lehnsverhältnis zu Hessen.4
Neben dem Wittgensteiner Kernland um Berleburg und Laasphe gehörten auch die Herrschaften Hom-
burg5 im oberbergischen Raum und Vallendar bei Koblenz, die Salentin von Sayn-Homburg 1357 in die Ehe
mit Adelheid von Wittgenstein gebracht hatte, zum Besitz der Grafen. Die Herrschaft Homburg, die
südlich von Gummersbach, inmitten des Territoriums der Herzöge von Berg lag,6 war vor 1259 den Grafen
von Sayn zugefallen, die sie seit 1361 gemeinsam mit den Grafen von Wittgenstein regierten.7
Die kleine Grafschaft Wittgenstein, die zum Oberrheinischen Reichskreis gehörte, bestand aus den vier
Ämtern Wittgenstein, Erndtebrück, Richstein und Berleburg.8 Der größte Teil des Landes war mit Wald
bestanden, dessen Forst- und Wildbann bei den Wittgensteiner Grafen lag. Die überwiegend bäuerliche
Bevölkerung war in der Bewirtschaftung des Waldes tätig, daneben lebte sie von Viehzucht und in geringem
Maße vom Bergbau.9

1 Wrede, Territorialgeschichte, S. 15f.; Klein, Verhält-
nisse, S. 10f.; Neweling, Geschichte, S. 196.
2 Unter den Grafen von Sayn hatte 1294 eine Erbteilung
stattgefunden, die zwei Linien hervorbrachte, die Johann-
linie (Johann I., der Sayn erbte, reg. 1284-1324) und die
Engelbertlinie (Engelbert, der Vallendar und Homburg
erbte, reg. 1287-1336). Die Engelbertlinie erhielt die
Grafschaft Wittgenstein, Düwell, Reformation 2012,
S. 57f.
3 Die Linie der Grafen von Sayn war 1246 erloschen und die
Grafschaft Sayn durch Heirat an das gräfliche Haus
Sponheim gekommen. 1277 teilte sich das Sponheimer
Geschlecht in zwei Linien, die Grafschaft Sponheim und
die Grafschaft Sayn, Winckel, Aus dem Leben Ludwigs,
S. 3.
4 Zum Landesausbau der Grafschaft Wittgenstein siehe
Wrede, Territorialgeschichte, S. 24-38; Düwell, Refor-
mation 2012, S. 55f.; Pfau, Zeitspuren; Heckmann,
Geschichte, S. 6; Klein, Verhältnisse, S. 10-17; Newe-

ling, Geschichte, S. 196-203; Demandt, Geschichte des
Landes Hessen, S. 514-517; Burkardt, Grafschaft Witt-
genstein, S. 466-475; Schmidt, Wetterauer Grafenver-
ein, S. 564; Spies, Wirtschaft, S. 14.
5 Auch Homburg vor der Mark (=Grafschaft Mark)
genannt.
6 Zu den anhaltenden Auseinandersetzungen, die sich aus
diesen geographischen Verhältnissen mit den Herzögen
von Berg ergaben, siehe Heckmann, Reformation,
S. 22-24; ders., Umfang, S. 160-162.
7 Wrede, Territorialgeschichte, S. 82-90; Demandt,
Geschichte des Landes Hessen, S. 515; Winckel, Aus
dem Leben Ludwigs, S. 3; Heckmann, Reformation,
S. 5-8; ders., Umfang, S. 160-175; ders., Vergleich, S. 55-
119; ders., Geschichte, S. 3-45.
8 Zu den Ämtern siehe Wrede, Territorialgeschichte,
S. 121-123; Burkardt, Grafschaft Wittgenstein, S. 484.
9 Klein, Verhältnisse, S. 25-37; Burkardt, Grafschaft
Wittgenstein, S. 485f.; Demandt, Geschichte des Landes

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