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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0107
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1a. Kirchenordnung 1555

ihnen seins |41 | unfleisses oder anderer ursachen halb
bei uns anzudragen und zuverclagen.
Item, das er die studiosos und schuler nit mit
feusten, stecken oder ruetten umb den kopff noch
mit fussen dretten soll, wie etlich grobe esel thuhen,
so die schuler mit solcher ungereumbter41 stroeffe
den studiis feint und gehas42 machen, sonder soll sie
moderate mit der rueten stroeffen und zuchtigen.
Item, das er seinen schulern ufferlegen und sie
darzu halten solle, hien und wieder nicht uff den
gassen in der statt noch dobaussen43 zu lauffen, wild
und wust zusein, sonder sie darumb vleissig stroffen
soll.
Item die schuler anzuhalten, vor herren, grevin,
edlen und andern ehrlichen, auch alten, bedagten
leuten ire bareten44 abzuziehen und ad bonos mores
mit ernst anzuweisen und solchs durch sonderliche
dozu verordente buben animadvertiren zulossen,
und die, so es uberschreitten, mit der rueten stroef-
fen.
Item, das er den schulern die kalte wasser- | 42 |
bade, darin etwa, wie die erfarong gibt, etzliche er-
soffen und elendig umbkomen seint, in keinigen weg
gestatten noch zulossen soll.
Item, das er keinem schuler gestatten soll, dol-
chen, messer und dergleichen, domit sich die schuler
etwa aus kindischer dorheit bis uffs leben oder sonst
schedlich verletzen, zu dragen.
Item, das er nit gestatten soll, das seine schuler
zerfetzte und zerschnittene kleider45, den riffia-
nern46, spitzbuben und andern leichtfertigen leuten
gleich, machen lossen oder andragen und, so das be-
schehe, sie dorumb zu stroffenn.

41 Ungereimter, unangebrachter, überzogener, Grimm,
DWb 24, Sp. 812-817.
42 Verhasst, Grimm, DWb 5, Sp. 2327.
43 Nach draußen, Grimm, DWb 2, Sp. 658.
44 Kopfbedeckungen der Schüler, Grimm, DWb 1,
Sp.1131.
45 Anspielung auf die unter Landsknechten verbreitete Mo-
de, die Kleidung an verschiedenen Stellen aufzuschlitzen
und mit Stoff in anderer Farbe zu unterfüttern, Rogg,
Matthias, Landsknechte und Reisläufer: Bilder vom
Soldaten. Ein Stand in der Kunst des 16. Jahrhunderts
(Krieg in der Geschichte 5), Paderborn u.a. 2002,
S. 18-20; Reich, Anne-Kathrin, Kleidung als Spie-
gelbild sozialer Differenzierung. Städtische Kleiderord-

Item, das er sein schulern nicht gestatten solle,
sich uff die schloß47 in die reisige stell48 noch sonsten
in die herbergen zu den frembden gesten zuverkri-
chen und die pferd in das wasser in und auß helffen
zu reiten, sonder etlich schuler doruff zustellen, die
deßhalb aufsehens haben und solchs, so eß geschehe,
anzeigenn. | 43 |
Item sein schulern ernstlich zu befellen, daheim,
so mhan essen will oder gessen hat, das benedicite
und gratias49, dergleichen, so mhan abents unnd
morgens schlaffen gehet und uffstehet, sich seg-
nen50 und vleissig betten.
Item soll er sonderlich uffsehens haben, das seine
schuler ire haer gekembt, sich under den augen,
auch ire hend sauber geweschen haben, und so das
nicht beschehen, sie jeder zeit dorumb zustroffen.
Item uffachtong haben, wie die schuler ire bu-
cher sauber oder unsauber halten und nach befin-
dung sie darumb stroeffen.
Item die schuler, so darzu duglichen seint, vleis-
sig anhalten, das sie wol lesen und schreiben lernen,
auch ire scripta mit vleisse zu ubersehen und zu
emendiren, domit die schuler, so von wegen irer al-
tern armuts zu volligem studiren nicht mochten un-
derhalten werden, je zum wenigsten das schreiben
und lesen fassen, welchs ihnen hernochmols in viler-
lei wege vurdreglichen und dinstlichen ist. | 44 |
Was sonsten den schulern vor lectiones vorzule-
sen von noten sein will, das soll mit unsers jeder zeit
superintendentis rathe beschehen, domit die schuler
ehe51 gebuerlicher zeit nit zu hoch gefuerdt oder
sonst verseumbt und negligirt werden.

nungen vom 14. bis zum 17. Jahrhundert am Beispiel der
Altstadt Hannover (QDGNS 125), Hannover 2005,
S. 166f.
46 Rufian = Hurenjäger, Kuppler, Lotterbube, Grimm,
DWb 14, Sp. 1408f. Vgl. ähnlich in der Nassau-Dillen-
burger Kirchenordnung [1537], Sehling, EKO X,
S. 83.
47 Die Residenzen der Grafen von Sayn-Wittgenstein in
Berleburg und Wittgenstein.
48 Pferdeställe, Grimm, DWb 14, Sp. 746.
49 Luthers Tischgebete, BSELK S. 892f.
50 Vgl. Luthers Abend- und Morgensegen, BSELK S. 890f.
51 Vor.

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