Wittgenstein
und darauß die, so er zuvor bestelt, freundlich ex-
aminiren und underweisen, unnd die jenigen, so die
heuptstück gelernet und wissen, der gemeine, ihren
glauben offentlich zubekennen, vorstellen, under die
communicanten, welche die sacrament mit gebrau-
chen, mögen zelen, und die gemein vor sie, das ihr
glaube und erkentnuß gemehret werde, bitten. Will
man eine gewisse zeit darzu haben, wird die fasten-
zeit nit ohndienlich seinn, unnd nicht also ohn ord-
nung und underscheidt, wie bißher geschehen, ver-
mengt durcheinander stehen lassen, dann solches
der jugent zu mehrem fleiß ursach wird geben, und
kann auch ein pastor seine communicantes desto
besser erkennen unnd wissen, zudem, das es inn der
alten kirchen breuchlich gewesen. |55v | Dieweil aber
an diesen stunden der predigt und rechtem brauch
des sontags die hochzeiten und kirmessen34 nicht
wenig verhinderung bracht haben und noch bringen,
soll keinem hinfuro auff ein sontag hochzeit zuhal-
ten vergönnet und zugelassen, viel weniger kirmess
in flecken oder dörffern gestatet, unnd da jemands
dieses verachten und darwieder thun würde, durch
den pfarherr und seniores der oberkeit, welcher zu
fürderst hierauff zusehen und die uberfarer zu straf-
fen gebürt, angezeiget werden, wie auch in gleichem
auff die bettage, welche (wie vorgesagt) auff die
freitage geschehen, ein auffsehen seinn soll.
Von den sacramenten
Soviel die außspendung der heyligen sacramenten in
der christlichen gemein belangt, sollen die ministri
nach Gottes wort und Christi befelh einhelliglich
und rein behalten, was zu der substantz einer jeden
action eigentlich gehört, also das alles, so notwen-
dig, auch sonst in allen gemeinen, an allen orten und
zu allen zeiten vonn allen gleubigen ist angenomen
und gehalten worden, steiff und fest behalten werde,
in den mitteldingen35 aber, welche man ohn sünde
thun oder lassen mag, die freyheit, welche die kirche
jeder zeit groß gehabt, bleibe. |56r, v leer, 57r|
34 Kirchweihfeiern.
35 Adiaphora = die gleichgültigen Dinge; menschliche
Handlungen und Verhaltensweisen, die für die sittliche
Güte oder Schlechtigkeit nicht von Bedeutung sind,
Herms, Art. Adiaphora, in: RGG 1, Sp. 115-119.
Von der tauff
Auff das die heilige tauffe mit gebürender andacht
und schüldiger danckbarkeit administrirt und ent-
pfangen werde, sollen erstlich die vätter der kinder,
so zur tauff zu bringen, selbst zu den dienern des
worts kommen und die thewre gaben Christi, auch
dienst der kirchen, mit christlicher demut begeren.
Da soll dann der diener die vätter der geheimnuß
des heiligen sacraments fleissig erinnern, mit getre-
wer vermanung das geschenck und werck Christi, so
alda mitgetheilet, ihren kindern mit warem glauben
und gebürender andacht zuentpfangen und sich
demselben in allem dienst und zucht des kindes
danckbar zubeweisen, sie auch fragen, was [für] leu-
te sie zu gevattern gebeten. Und wenn die nicht gute
christen sein, die sich in aller gemeinschafft der lehr,
sacramenten und christlicher zucht halten, soll der
diener des worts die vätter von ihrem vorhaben
freundlich abweisen, und das sie bey diesem heiligen
sacrament durch kein ungeschicklichkeit oder miß-
brauch sich des herren todts und heiligen bluts
schüldig machen, vermanen, wie sie dann auch sol-
che gevattern nicht annemen unnd alle andere, so
sie zulassen, fleissig ihres thuns underrichten und
vor ungeschicklichkeit unnd mißbrauch in gleichem
sollen verwarnenn.
Was die in ohnehe erzeugte kinder anlangt, will
die oberkeit nicht (wie bißhero geschehen) dieselbi-
gen zuteuffen bestellen, sondern sollen dasselbige
thun entweder die haußleute, welche die dirnen auff-
halten36 und bey |57v| sich gehabt und gehalten ha-
ben, oder die jenigen, welche von den dirnen in kin-
desnöten bey der warheit den wehemüttern3 und
weibern angezeiget werdenn. Im fall aber die etwa
außgetretten, nicht vorhanden sein würden, sollen
an stadt deren die eltern oder nehesten freunde des
kindts sich annemen und ihn zur tauffe helffen, an-
gesehen, das es mit denen, welche sie also anzeigenn,
oder auch, die sie auffhalten, nicht rein sein zuver-
36 Beherbergen, aufnehmen.
37 Hebammen.
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und darauß die, so er zuvor bestelt, freundlich ex-
aminiren und underweisen, unnd die jenigen, so die
heuptstück gelernet und wissen, der gemeine, ihren
glauben offentlich zubekennen, vorstellen, under die
communicanten, welche die sacrament mit gebrau-
chen, mögen zelen, und die gemein vor sie, das ihr
glaube und erkentnuß gemehret werde, bitten. Will
man eine gewisse zeit darzu haben, wird die fasten-
zeit nit ohndienlich seinn, unnd nicht also ohn ord-
nung und underscheidt, wie bißher geschehen, ver-
mengt durcheinander stehen lassen, dann solches
der jugent zu mehrem fleiß ursach wird geben, und
kann auch ein pastor seine communicantes desto
besser erkennen unnd wissen, zudem, das es inn der
alten kirchen breuchlich gewesen. |55v | Dieweil aber
an diesen stunden der predigt und rechtem brauch
des sontags die hochzeiten und kirmessen34 nicht
wenig verhinderung bracht haben und noch bringen,
soll keinem hinfuro auff ein sontag hochzeit zuhal-
ten vergönnet und zugelassen, viel weniger kirmess
in flecken oder dörffern gestatet, unnd da jemands
dieses verachten und darwieder thun würde, durch
den pfarherr und seniores der oberkeit, welcher zu
fürderst hierauff zusehen und die uberfarer zu straf-
fen gebürt, angezeiget werden, wie auch in gleichem
auff die bettage, welche (wie vorgesagt) auff die
freitage geschehen, ein auffsehen seinn soll.
Von den sacramenten
Soviel die außspendung der heyligen sacramenten in
der christlichen gemein belangt, sollen die ministri
nach Gottes wort und Christi befelh einhelliglich
und rein behalten, was zu der substantz einer jeden
action eigentlich gehört, also das alles, so notwen-
dig, auch sonst in allen gemeinen, an allen orten und
zu allen zeiten vonn allen gleubigen ist angenomen
und gehalten worden, steiff und fest behalten werde,
in den mitteldingen35 aber, welche man ohn sünde
thun oder lassen mag, die freyheit, welche die kirche
jeder zeit groß gehabt, bleibe. |56r, v leer, 57r|
34 Kirchweihfeiern.
35 Adiaphora = die gleichgültigen Dinge; menschliche
Handlungen und Verhaltensweisen, die für die sittliche
Güte oder Schlechtigkeit nicht von Bedeutung sind,
Herms, Art. Adiaphora, in: RGG 1, Sp. 115-119.
Von der tauff
Auff das die heilige tauffe mit gebürender andacht
und schüldiger danckbarkeit administrirt und ent-
pfangen werde, sollen erstlich die vätter der kinder,
so zur tauff zu bringen, selbst zu den dienern des
worts kommen und die thewre gaben Christi, auch
dienst der kirchen, mit christlicher demut begeren.
Da soll dann der diener die vätter der geheimnuß
des heiligen sacraments fleissig erinnern, mit getre-
wer vermanung das geschenck und werck Christi, so
alda mitgetheilet, ihren kindern mit warem glauben
und gebürender andacht zuentpfangen und sich
demselben in allem dienst und zucht des kindes
danckbar zubeweisen, sie auch fragen, was [für] leu-
te sie zu gevattern gebeten. Und wenn die nicht gute
christen sein, die sich in aller gemeinschafft der lehr,
sacramenten und christlicher zucht halten, soll der
diener des worts die vätter von ihrem vorhaben
freundlich abweisen, und das sie bey diesem heiligen
sacrament durch kein ungeschicklichkeit oder miß-
brauch sich des herren todts und heiligen bluts
schüldig machen, vermanen, wie sie dann auch sol-
che gevattern nicht annemen unnd alle andere, so
sie zulassen, fleissig ihres thuns underrichten und
vor ungeschicklichkeit unnd mißbrauch in gleichem
sollen verwarnenn.
Was die in ohnehe erzeugte kinder anlangt, will
die oberkeit nicht (wie bißhero geschehen) dieselbi-
gen zuteuffen bestellen, sondern sollen dasselbige
thun entweder die haußleute, welche die dirnen auff-
halten36 und bey |57v| sich gehabt und gehalten ha-
ben, oder die jenigen, welche von den dirnen in kin-
desnöten bey der warheit den wehemüttern3 und
weibern angezeiget werdenn. Im fall aber die etwa
außgetretten, nicht vorhanden sein würden, sollen
an stadt deren die eltern oder nehesten freunde des
kindts sich annemen und ihn zur tauffe helffen, an-
gesehen, das es mit denen, welche sie also anzeigenn,
oder auch, die sie auffhalten, nicht rein sein zuver-
36 Beherbergen, aufnehmen.
37 Hebammen.
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