5. Kirchenordnung [1581]
5. Kirchenordnung3
[1581]
Ringenbergh1
Kirchenordnung
Ordnung, wie es mit der christlichen lehr, gemeinen gebet, heiligen sacramenten, disciplin oder
kirchenstraff, einleitung der ehe, christlichem cathechismo, besuchungh der krancken, haltungh der
feirtagen, begrebnus der todten und den synodis [gehalten werden soll]
Von der christlichen lehr und predigh
Es spricht der herr Jesus Christus, unnser einiger
heilandt, der erschiennen ist, daß er den hohen unnd
verborgen willen unnd rath Gottes von der men-
schen säligkheit solt offenbahren2, zu seinen heilig
apostelnn und allen andern beruffenen dienern,
Math. 28 [19-20]: Gehet hin in alle weldt, predigt
daß evangelium allen creaturen, item: Lehret sie al-
les halten, was ich euch bevohlen hab, mit welchen
wortten der herr zuverstehen gibt, daß nit nothwen-
digers uff erden sey, dan die predigh seines heiligen
worts.
Dieweil nun dieselbe den ordentlichen kirchen-
dienern bevohlen, so sollen sie allen fleiß anwenden,
das wort Gottes unnd nit menschen satzungen und
treum3 lauter unnd rein dem volckh vorzutragen
etc., unnd sollen daneben sich befleißigen, daß sie in
ihren predig gutte ordnungh halten und nit die zeit
mit vergeblichen, unnutzen redten, die zu der ma-
terien, so man vorhat, nit dienen, zubringen, wel-
ches auch der heiligh apostel Paulus von innen er-
fordert, 2 Tim. 1 [13]: Haldt ahn dem vorbildt der
heilsamen wort, die du von mir gehört hast, vom
glauben unnd von der liebe in Christo Jesu. Item
2. Tim. 2 [15] vermahnet er den | 1v| Timotheum und
alle andern diener, daß sie daß wort der warheit
recht scheidtenb unnd theiln4.
a Textvorlage (Handschrift): Historisches Archiv der
Stadt Köln, Best. 295, Geistl. Abt. Nr. 237, fol. 1r-40v.
Unsere Textvorlage geht auf eine Xerokopie zurück, die
sich J.F. Gerhard Goeters vermutlich in den 1970er Jah-
ren anfertigen ließ und die in seinem Nachlass erhalten
ist (AEKiR, Best. 7, NL 015, Nr. 43). Regest: Ja-
cobson, Urkunden-Sammlung, S. 78-82 Nr. XXXI.
b In der Handschrift: schneidten.
Damit aber die diener gutte ordnungh in den
predigen halten, dienet nit wenigh darzu, daß sie
den underscheidt deß gesetz Gottes unnd deß heili-
gen evangelii woll wissen, verstehen unnd nach dem-
selben alle predigen richten, dan auß unverstandt
derselbigen, wie menniglich bewust, grosse irthumb
fur und nach entstanden, und sollen derhalben uff
folgende ordnungh, wie die auß den schrifften der
h[eiligen] propheten und apostolen gelehrnet wirt,
woll acht haben. Erstlich, dieweil die leuth insge-
mein von naturen unverstendigh und blindt seindt,
also daß sie weder Gott noch sich selbst recht er-
khennen, so sollen sie daß gesetz, darauß die er-
khandtnus der sunden kömbt, Rom. 3 [20], und Got-
tes gerechtigkheit wider die sündt verstanden
würdt, fleißigh predigen, darnach den zerschlagenen
und betrübten hertzen zu trost daß evangelium,
welches lehret, daß die sünden allein auß gnaden
von wegen deß verdiensts Jesu Christi allen glaubi-
gen vergeben werden5, furhalten, unnd, auf daß die
glaubigenn in ihrer selbst und Gottes erkhantnus
wachsen und zunehmen, auch wissen, was sie Gott
vor einen inwendigen und außwendigen dienst lei-
sten sollen, so sollen die diener widerumb daß gesetz
predigen, auf welche drey stuckh die prediger in ih-
rem furhabenden text fleißigh sehen unnd also fur
1 Zu Ringenberg siehe oben, S. 164.
2 Vgl. Heidelberger Katechismus, Frage 31, Neuser, Ka-
techismus, S. 183.
3 Träume, Trugbilder, Grimm, DWb 21, Sp. 1436f. Vgl.
Jer 23,25.28.
4 An die Gläubigen austeilen, ihnen verkündigen.
5 Vgl. Röm 3,24; Eph 2,8.
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5. Kirchenordnung3
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Ringenbergh1
Kirchenordnung
Ordnung, wie es mit der christlichen lehr, gemeinen gebet, heiligen sacramenten, disciplin oder
kirchenstraff, einleitung der ehe, christlichem cathechismo, besuchungh der krancken, haltungh der
feirtagen, begrebnus der todten und den synodis [gehalten werden soll]
Von der christlichen lehr und predigh
Es spricht der herr Jesus Christus, unnser einiger
heilandt, der erschiennen ist, daß er den hohen unnd
verborgen willen unnd rath Gottes von der men-
schen säligkheit solt offenbahren2, zu seinen heilig
apostelnn und allen andern beruffenen dienern,
Math. 28 [19-20]: Gehet hin in alle weldt, predigt
daß evangelium allen creaturen, item: Lehret sie al-
les halten, was ich euch bevohlen hab, mit welchen
wortten der herr zuverstehen gibt, daß nit nothwen-
digers uff erden sey, dan die predigh seines heiligen
worts.
Dieweil nun dieselbe den ordentlichen kirchen-
dienern bevohlen, so sollen sie allen fleiß anwenden,
das wort Gottes unnd nit menschen satzungen und
treum3 lauter unnd rein dem volckh vorzutragen
etc., unnd sollen daneben sich befleißigen, daß sie in
ihren predig gutte ordnungh halten und nit die zeit
mit vergeblichen, unnutzen redten, die zu der ma-
terien, so man vorhat, nit dienen, zubringen, wel-
ches auch der heiligh apostel Paulus von innen er-
fordert, 2 Tim. 1 [13]: Haldt ahn dem vorbildt der
heilsamen wort, die du von mir gehört hast, vom
glauben unnd von der liebe in Christo Jesu. Item
2. Tim. 2 [15] vermahnet er den | 1v| Timotheum und
alle andern diener, daß sie daß wort der warheit
recht scheidtenb unnd theiln4.
a Textvorlage (Handschrift): Historisches Archiv der
Stadt Köln, Best. 295, Geistl. Abt. Nr. 237, fol. 1r-40v.
Unsere Textvorlage geht auf eine Xerokopie zurück, die
sich J.F. Gerhard Goeters vermutlich in den 1970er Jah-
ren anfertigen ließ und die in seinem Nachlass erhalten
ist (AEKiR, Best. 7, NL 015, Nr. 43). Regest: Ja-
cobson, Urkunden-Sammlung, S. 78-82 Nr. XXXI.
b In der Handschrift: schneidten.
Damit aber die diener gutte ordnungh in den
predigen halten, dienet nit wenigh darzu, daß sie
den underscheidt deß gesetz Gottes unnd deß heili-
gen evangelii woll wissen, verstehen unnd nach dem-
selben alle predigen richten, dan auß unverstandt
derselbigen, wie menniglich bewust, grosse irthumb
fur und nach entstanden, und sollen derhalben uff
folgende ordnungh, wie die auß den schrifften der
h[eiligen] propheten und apostolen gelehrnet wirt,
woll acht haben. Erstlich, dieweil die leuth insge-
mein von naturen unverstendigh und blindt seindt,
also daß sie weder Gott noch sich selbst recht er-
khennen, so sollen sie daß gesetz, darauß die er-
khandtnus der sunden kömbt, Rom. 3 [20], und Got-
tes gerechtigkheit wider die sündt verstanden
würdt, fleißigh predigen, darnach den zerschlagenen
und betrübten hertzen zu trost daß evangelium,
welches lehret, daß die sünden allein auß gnaden
von wegen deß verdiensts Jesu Christi allen glaubi-
gen vergeben werden5, furhalten, unnd, auf daß die
glaubigenn in ihrer selbst und Gottes erkhantnus
wachsen und zunehmen, auch wissen, was sie Gott
vor einen inwendigen und außwendigen dienst lei-
sten sollen, so sollen die diener widerumb daß gesetz
predigen, auf welche drey stuckh die prediger in ih-
rem furhabenden text fleißigh sehen unnd also fur
1 Zu Ringenberg siehe oben, S. 164.
2 Vgl. Heidelberger Katechismus, Frage 31, Neuser, Ka-
techismus, S. 183.
3 Träume, Trugbilder, Grimm, DWb 21, Sp. 1436f. Vgl.
Jer 23,25.28.
4 An die Gläubigen austeilen, ihnen verkündigen.
5 Vgl. Röm 3,24; Eph 2,8.
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