Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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5. Kirchenordnung [1581]

und zur besserungh diene, gib innen verstandt unnd
gedult, linder innen ihre trübsall unnd erlöse sie
endtlich, daß sie sich deiner gütte frewen unnd dei-
nen nahmen ewigh preisenn.
Endtlich, erbarm dich uber die, so noch in fin-
sternus und irthumb steckhenn, unnd fuhre sie in
das liecht deiner warheit durch Jesum Christum,
unnsern herrn. Umb diese unnd alle andere noth bit-
tenn wir dich, wie unns unnser getrewer herr unnd
heilandt Jesus Christus selbst gelehret hatt: Unnser
Vatter, etc.m

Es ist vonnötteno, daß ahn bettagen die teutsche li-
taney, wie bis annhero brauchlich gewesenn, in der
kirchen gesungen oder der gemein furgelesenn wer-
de. Dan dieweil in diesem gebett die noth der gant-
zenn christennheit Gott ordentlich, unnd das nit
ohne bewegungh und besserungh der |11v| gemein,
wirt furgedragen, so soll es bey demselben pleiben,
außgenommen, das der diener mit außgedruckten
wortten69 der noth, so furhannden, im gebett ge-
denckhen soll, etc.

Vom heiligen tauff

Daß der christenn kinder sollen getaufft werdenn,
ist auß folgender ursachen offenbahr70:
1. Erstlich, dieweil sie zum bundt Gottes, den er mit
Abraham, dem vatter aller gleubigenn, und seinem
sahmen gemacht hat71, gehören unnd alle verhei-
schungen deß heiligen evangelii inen wie auch den
altenn, alls vergebungh der sünden, gerechtigkheit
unnd ewiges lebenn, zukhommen, so sollen innen die
heiligh tauff alls daß wahrzeichen unnd siegell dieses
bundts unnd der evangelischer verheischungh auch
mittgetheilt unnd sie allso von der ungleubigen kin-
der unnderscheidenn werden.
2. Zum andern ist auch gewiß, daß die kinder
sowoll allß die altenn den heiligen geist empfangen,
der denn glauben in die hertzen pflantzet. Dan wer
den geist nit hatt, Rom. 8 [9], der ist nit sein, die
aber denn geist Gottes habenn, die khan niemandts
wehrenn, daß sie nit sollen getaufft werden72, der-
halbenn sollen die kinder, dieweil sie deß heiligen
geistes fehigh seindt, sowoll alls die altern geteufft
werden.
3. Zum dritten seindt auch die kinder nit der
geringster theil der christlichenn kirchen73, welche
o In der Handschrift: unvonnötten.
p In der Handschrift: teuffel.
q In der Handschrift: gestehet.
69 Ausdrücklich.
70 Vgl. Heidelberger Katechismus, Frage 74, Neuser, Ka-
techismus, S. 193.

kirch sambt allen ihren gliedern durch daß bluth
Christi erlöset ist unnd gereiniget würdt durch daß
wasserbadt im wort, Eph. 5 [26]. Ist derhalbenn bil-
ligh, daß die glieder der christlichenn kirchenn, den-
nen zu gueth der tauff, wie vorhin74 die beschnei-
dungh, ist eingesetzt75, den tauffp alls daß zeugnus
| 12r | unnd siegel der reinigungh von den sünden, die
allein im bluth Christi bestehetq, unnd einleibungh
in die christliche gemein empfangen.
4. Zum leztenn. Dieweil die Israeliten sambt ih-
ren kindern mit denn wolckenn bedeckt werden
unnd durch daß rothe mehr giengen76, unnd der hei-
ligh apostel Paulus, 1. Cor. 10 [1], zeucht, daß sie
alle mit denn wolcken und dem mehr geteufft
seindt, welches ein vorbildt uff unsere tauff gewest
unnd mit demselben viel gemeines gehabt, so sollen
nit weniger unsere kinder dan auch jener geteufft
werdenn.
Aus diesenn und dergleichen ursachen ist clar,
daß nit allein die junge kinder kheines wegs vom
heiligen tauff sollen außgeschlossenn werden, son-
dern man verstehet auch auß dennselben ursachen,
daß der einigh grundt unnd fundament deß tauffs
der jungen kinder sey nit die satzungh77 (wie die
71 Gen 17,7.9.
72 Apg 10,47.
73 Vgl. Mk 9,36-37; 10,13-16.
74 Vormals.
75 Gen 17,10.
76 Ex 14,1-31.
77 Anspielung auf die kirchlichen Traditionen.

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