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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0279
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3. Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung 1588/1619

auff den Freitag oder einen andern tag in der Wo-
chen. Die Predigt aber sol desto kurtzer sein, damit
das gemeine gebet für alle Stende und allerley noth
nach der Predigt geschehen möge wie folgetd:
pGebett für alle anligende Noth der Christenheit
nach der Predigt:
Almächtiger, barmhertziger Gott, wir erkennen bey
uns selbst unnd bekennen vor dir, wie die warheit
ist, daß wir nit würdig sein, die Augen gen Him-|41|
mel auffzuheben81 unnd unser Gebett dir fürzutra-
gen, so du wollest unser verdienst und würdigkeit
ansehen, dann unser Gewissen verklagt uns und un-
sere Sündt geben zeugnuß wider uns82. So wissen wir
auch, daß du ein gerechter Richter bist, der du
straffest die Sünde deren, die deine Gebott uber-
tretten. Darumb, O Herr Gott, wann wir uber-
schlahen und gedencken unser gantzes leben, befin-
den wir anders nicht in uns dann eitel verdamnuß.
Aber, O Herr, dieweil du uns auß deiner unauß-
sprechlichen barmhertzigkeit befohlen hast, dich in
aller noth anzuruffen, hast uns auch verheissen, daß
du unser Gebett wollest erhören83, nicht wegen un-
sers verdienstes, sondern wegen deß Verdienstes
Jesu Christi, welchen du uns zum Mittler unnd |42|
Fürsprecher84 hast fürgestelt, So sagen wir ab alle
andere hülff unnd haben allein unser zuflucht zu
deiner barmhertzigkeit, Erstlich, O Herr, uber die
unzehlichen wolthaten, die du allen Menschen ins
gemein auff Erden erzeiget, hastu uns insonderheit
so viel und grosse Gnaden bewiesen, daß uns un-
möglich ist, dieselbige anzusprechen oder genugsam
zu bedencken. Sonderlich hat es dir gefallen, uns zu-
beruffen zu der erkentnuß deines heiligen Evange-
liums, Hast uns errettet auß dem dienst deß Teuf-
fels, darinnen wir waren, und uns erlöset von der
verfluchten Abgötterey deß Bapsts, darinnen wir
waren ersoffen, und hast uns geführet zu dem liecht
deiner Warheit, unnd nicht desto weniger haben wir
durch undanckbarkeit |43 |+ deiner gutthaten verges-
p-p Folgt KO Kurpfalz 1563, Sehling, EKO XIV, S. 394f.
81 Vgl. Esr 9,6.
82 Vgl. Jer 14,7.

sen, seindt von dir abgewichen und unsern begirden
gefolget, haben dich nicht geehret, wie wir schuldich
weren, Darumb haben wir gesündiget, O Herr, und
dich schwerlich erzürnet, Unnd, so du mit uns wol-
lest handelen nach unserm verdienste, kondten wir
anders nicht gewertig sein dann deß todts und der
ewigen verdammnuß. Dann, so wir uns wolten ent-
schuldigen, so ist unser eigen Gewissen da und ver-
klaget uns, und unser bößheit gibt zeugnuß wider
uns, unnd zwar, lieber Herr Gott, wir erkennen an
den straffen, so uns täglich begegnen, daß du uns
billig mit deiner Ruhten heimsuchest. Dann dieweil
du gerecht bist, straffest du niemandt ohne ursach.
Ja, wir sehen auch jetzunder deine Handt auffge-
haben, uns |44| zu straffen. Aber wann du uns viel
härter straffest, dann du je bißher gethan, unnd daß
wir hundert straffen vor eine solten leiden, Ja, wann
auch alle die Plagen auff uns fielen, mit welchen du
die Sünde deines Volckes Israel hast heimgesucht, so
bekennen wir, daß du uns nicht unrecht thetest,
unnd reden nicht dawider, als hetten wir es nicht
wol verdienet. Aber doch, O Herr, du bist unser
Gott, unnd wir seindt nur Erdt und Staub85. Du bist
unser Schöpffer, und wir seindt die werck deiner
Hände. Du bist unser Erlöser, wir seindt das Volck,
das du erlöset hast. Du bist unser Vatter, wir seindt
dein Erbgut. Derhalben wollest uns nicht straffen in
deinem grimmigen zorn, sondern züchtige uns gnä-
diglich. Erhalt |45 | vielmehr das werck, das du in
uns angefangen hast durch deine Gnad, auff daß die
gantze Welt erkenne, daß du unser Gott bist.
Dein Volck Israel hat dich manchmal erzürnet
mit Sünden, und du hast es billich gestraffet. Aber,
so offt sie sich zu dir bekehret, hast du sie allezeit zu
gnaden angenommen, unnd wie schwer auch ihre
Sünde gewest, hast du doch deinen Zorn unnd ver-
maledeyung, so ihnen bereit war, abgewendet von
wegen deß Bundes, den du gemacht hast mit deinen
Dieneren Abraham, Isaac unnd Jacob86 Also, daß
das Gebett deines Volckes nie ist von dir verstossen
worden. |46|
83 Ps 50,15; 91,15.
84 Vgl. 1Tim 2,5; 1Joh 2,1.
85 Sir 17,31.
86 Gen 15,18; 17,21; 28,13-14.

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