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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0187
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Einleitung

Nicht neu war das Verbot des Scheltens und Lästerns der Geistlichen von der Kanzel, finden sich
entsprechende Weisungen doch bereits in den frühesten evangelischen Mandaten15. Auch auf dem Naum-
burger Fürstentag war den Kirchen- und Schuldienern das gegenseitige „Kondemnieren“ nochmals unter-
sagt worden16. Als Konsequenz aus dem Lüneburger Edikt erließen einzelne Kreisstände, wie etwa der
Bremer Senat, in der Folge auch entsprechende Mandate gegen das Lästern und Schelten auf der Kanzel17.
Bereits auf dem Naumburger Fürstentag war eine Zensur aller theologischen Schriften ins Auge gefaßt
worden18. Dieser Plan wurde nun umgesetzt: Alle Schriften mußten fortan vor ihrem Druck der Obrigkeit
zur Genehmigung vorgelegt werden. Darüber hinaus erließ der Lüneburger Kreistag ein ausdrückliches
Druck- und Verkaufsverbot für alle famos Übel oder Gemdhlte, in denen andere Personen angegriffen wurden.
Das Lüneburger Edikt wurde von König Friedrich II. und den Herzogen Johann d.Ä. und Adolf I.
gemeinsam publiziert; es galt also in allen drei Landesteilen. Nach Feddersen war seine Proklamierung „die
erste staatsrechtliche Bindung des Konfessionsstandes Schleswig-Holsteins an die Confessio Augusta-
na“19. Auch wenn in den Herzogtümern im Unterschied zu anderen Gebieten die theologischen Auseinan-
dersetzungen von geringerer Schärfe waren, bot das Mandat doch eine Handhabe für die Eindämmung
zukünftiger Streitigkeiten.
Auf Widerstand bei den Geistlichen Schleswig-Holsteins scheint der Lüneburger Abschied nicht gesto-
ßen zu sein. Dagegen wurde das Edikt anderenorts vor allem von seiten der gnesiolutherischen Theologen
scharf kritisiert, zielte das in ihm erlassene Verbot von Angriffen auf die Universitäten doch konkret auf
ihre Attacken gegen die Universitäten Wittenberg und Leipzig20. Schriften gegen das Lüneburger Edikt
verfaßten u.a. der Braunschweiger Superintendent Joachim Mörlin, der Hamburger Joachim Westphal und
Tilemann Heshusen21. Heshusen bestritt den Niedersächsischen Kreisständen überhaupt das Recht, Man-
date in Religionssachen zu erlassen. An der Kanzelpolemik wollte er zum Schutz des Evangeliums festhal-
ten. Auch die Verdammung von Personen sah er als notwendig an, da ein Irrtum nur dann wirkungsvoll
bekämpft werden könne, wenn man den namhaft mache, der ihn begangen habe22. Joachim Westphal be-
klagte den Einfluß der Juristen bei der Formulierung des Lüneburger Abschieds. Als eigentlichen Urheber
hinter dem gegen die Theologen gerichteten „Maulkorbgesetz“ vermutete er den Kanzler Herzog Adolfs I.
von Gottorf und früheren Hamburger Syndikus Adam Tratziger23.
Angesichts der Kritik der eigenen Theologen gab es bei einigen Kreisständen Widerstand gegen die
Umsetzung des Lüneburger Abschieds. Dazu gehörte auch die Stadt Hamburg. Herzog Adolf von Gottorf
wurde deshalb am 19. August 1562 durch einen Kreisabschied ermächtigt, auf den Hamburger Rat und die
Kirchgeschworenen der Hansestadt einzuwirken24.
Gern 4. Einrichtung eines Almosenkastens in den Kirchen zur Versorgung der Versehrten der Türkenkriege,
1. Oktober 1595 (Text S. 179)
Der ständige Grenzkonflikt mit den Osmanen in Ungarn entwickelte sich unter Sultan Murad III. zu einem
regelrechten Krieg. Die offizielle Kriegserklärung des Sultans erfolgte zwar erst im August 1593, aber schon

15 Vgl. dazu z.B. die Sehling, EKO XX,1, S. 159f. aufge-
führten Mandate.
16 Vgl. Feddersen, Lutherische Konkordie, S. 28.
17 Sehling, EKO VII,2,2,2, S. 510.
18 Vgl. Feddersen, Lutherische Konkordie, S. 29.
19 Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 271.
20 Vgl. Hund, Wort, S. 13-43.
21 Vgl. Dänische Bibliothec 7, S. 202-204; Feddersen, Lu-
therische Konkordie, S. 46.
22 Tilemann Heshusen, Ursach, warumb das newe Hsel-
lische Mandat einem trewen Leerer nicht anzunemen sey,

o.O. [1562] (VB 16, H 3151). Das Hallische Mandat ba-
sierte auf dem Lüneburgischen Kreisabschied von 1562 (s.
in der Schrift Bl. A 2v).
23 Vgl. die in der Dänischen Bibliothec 7, S. 204ff. abge-
druckten „Acta zwischen dem Rath und dem Ministerio
der Stadt Hamburg wegen Annehmung des Lüneburgi-
schen Kreyß-Mandati anno 1562“: Ock sind Juristen
darmede averst tho Luneborch, de idt ock vellichte uth erem
Koppe und nha erem Gefallen gestellet hebben (S. 209). Zum
Kanzler Adam Tratziger s. auch unten S. 296.
24 Abdruck in Dänische Bibliothec 7, S. 270f.

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