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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0320
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Die Ordnungen des Gottorfer Anteils

Im Mai 1542 wurde Tilemann von Hussen als erster evangelischer Bischof in Schleswig in sein Amt
eingeführt. Die Ordination nahm wie bei den dänischen Bischöfen Johannes Bugenhagen vor60. Hussen
hatte in Wittenberg studiert und war 1537 zusammen mit Bugenhagen und Peder Palladius nach Kopen-
hagen gekommen. Dort ernannte ihn Christian III. zum Professor der Theologie an der wiedereröffneten
Universität Kopenhagen und zum Erzieher und Hofprediger seiner Tochter Anna61. Bereits 1549 kam es
jedoch zu einer entscheidenden Veränderung, die ein vollkommenes Abrücken von dem in der Kirchenord-
nung vorgegebenen Modell bedeutete: Das Domkapitel wurde gezwungen, den 1544 bei der Teilung der
beiden Herzogtümer unberücksichtigt gebliebenen jüngsten Bruder des Königs, Friedrich, zum Koadjutor
des Bischofs mit dem Recht der Nachfolge anzunehmen. Der neue Koadjutor garantierte dem Kapitel zwar
seine Rechte und Privilegien. Die Verfügungsgewalt über die Stiftsgüter und das Schloß Schwabstedt gin-
gen aber vollständig in seine Hände über62. Als Tilemann von Hussen im Mai 1551 starb, fiel die Bischofs-
würde an Friedrich. Zwar bemühte sich der neue Bischof zusammen mit König Christian III. um die
Berufung eines geistlichen Stellvertreters; die Pläne, Georg Major für Schleswig zu gewinnen, schlugen aber
fehl63. Damit fehlte der von der Kirchenordnung geforderte Visitator und Ordinator.
Herzog Friedrich starb 1556 mit nur 24 Jahren und wurde im Schleswiger Dom bestattet64. Noch vor
dessen Tod hatte Herzog Adolf I. von Gottorf seine Ansprüche auf das Schleswiger Bistum geltend gemacht
und sich von seinem Bruder zum Nachfolger ernennen lassen65. Mit der Designation Adolfs setzte sich
Friedrich über eine 1553 dem König gegebene Zusage hinweg, das Bistum nicht ohne dessen Zustimmung an
andere zu übertragen. Adolf I. nötigte das Domkapitel, ihn aufgrund der Designation zum Administrator
des Bistums Schleswig zu wählen. Die Bedingungen für die Wahl handelte Adolfs Sekretär Georg Corper
mit Mitgliedern des Kapitels aus. In dem am 31. Juli 1556 geschlossenen Vertrag garantierte der Herzog die
Privilegien, Freiheiten und Gewohnheiten des Kapitels. Auch versprach er, dessen Statuten sowie die Kir-
chenordnung zu beachten und in geistlichen Angelegenheiten nur in Absprache mit dem Kapitel zu handeln,
sich keine Jurisdiktion über die Kapitularen und ihre Untertanen anzumaßen, auch keine Verleihung von
Präbenden und Vikarien vorzunehmen. Der Herzog war aber von vornherein nicht gewillt, die Bestim-
mungen des Vertrags zu erfüllen.
Da die Wahl zum Administrator ohne die nach den Bestimmungen der Kirchenordnung erforderliche
Konsultation König Christians III. und Herzog Johanns d.Ä. als Mitregenten zustande kam66, verpflich-
tete sich Adolf I. in dem Vertrag vom 31. Juli 1556 ausdrücklich, das Domkapitel vor aller ungnad unnd
beschwerung des Königs und Herzog Johanns zu schützen. König Christian III. erkannte die Wahl Adolfs
zum Administrator des Bistums Schleswig jedoch nicht an und drohte dem Kapitel sogar mit Disziplinar-
maßnahmen67. Erst unter Christians Nachfolger, Friedrich II., kam es 1563 zu einer Verständigung zwi-
schen den beiden Seiten, weil der König die Unterstützung des Gottorfer Herzogs für den Krieg gegen
Schweden benötigte: Friedrich II. erklärte seine Zustimmung zur Wahl Adolfs. Im Gegenzug mußten sich

60 Siehe oben S. 46.
61 Vgl. NDB 10, S. 87; BBKL 2, Sp. 1205f.; Dansk Biogra-
fisk Leksikon 6, S. 616f. Über die Amtsführung Tilemanns
von Hussen als Bischof von Schleswig ist wenig bekannt,
vgl. die Informationen bei Feddersen, Kirchenge-
schichte 2, S. 115 und Dahl, Sonderjyllands Bispehisto-
rie, S. 20f.
62 Vgl. Rasmussen, Dänische Könige, S. 88; Hoffmann /
Reumann, Herzogtümer, S. 151; Feddersen, Kirchen-
geschichte 2, S. 117f.
b3 Major war Ende 1552 auf seine Professur an der Univer-
sität Wittenberg zurückgekehrt, nachdem er von Graf
Albrecht von Mansfeld aus seinem Amt als Superinten-

dent der Grafschaft Mansfeld vertrieben worden war. Vgl.
TRE 21, S. 726f.
64 Vgl. Baresel-Brand, Grabdenkmäler nordeuropäischer
Fürstenhäuser, S. 105ff.
65 Abdruck der Ernennungsurkunde bei Westphalen, Mo-
numenta inedita 4, Sp. 3171f.
66 Nr. 7, S. 120: Desgliken schal ydt mit Koninckliker Maies-
tat unde dersulven Broder unde nakamen weten unde willen
tho yeder tidt gescheen.
67 Vgl. dazu die bei Rordam, Bidrag til Sonderjyllands Kir-
kehistorie, S. 646f. und 698-700 abgedruckten Schreiben
Christians III.

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