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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0322
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Die Ordnungen des Gottorfer Anteils

dat he dat volck helpe yn der eindrechtigen lere Christi tho beholden. Für die Visitation der Kirchspiele auf dem
Land mußten die betreffenden Pfarrer und Vertreter der Gemeinden in die nächstgelegene Stadt kommen
oder, bei Gebieten ohne Städte, in ein vorher als Visitationsort ausgewähltes Dorf77.
Nach 1544 fielen die Visitationen in den Teilherzogtümern in die Zuständigkeit der Pröpste. Verschie-
dentlich wirkten auch der Amtmann oder der Staller an ihnen mit78. Nach der Darstellung in seinem
„Bericht unde verkleringe“ nahm der Hadersiebener Propst Jürgen Boye jährlich eine Visitation der Ge-
meinden seiner Prostei vor. Als Elemente nennt Boye die Prüfung der Katechismuskenntnisse der Kirch-
spielgenossen und die Examinierung des Ortspfarrers anhand einer Predigt über einen von diesem ausge-
wählten Text79. Nicht zur Visitation gehört bei Boye die Abnahme der Rechnung der Kirchgeschworenen
{ahne de Rekennschop). Sie fand getrennt von der eigentlichen Visitation an einem anderen Termin im Jahr
statt80. Diese Trennung dürfte aber eine Besonderheit darstellen, bildeten die Prüfung der Kirchenrechnung
und die Kontrolle der kirchlichen Vermögensverwaltung doch anderenorts den Hauptbestandteil der Visi-
tation81.
Während der zweiten Hälfte des 16. Jh. kam es in zahlreichen Propsteien zu einem Abweichen vom
jährlichen Rhythmus der Visitationen, sei es aus Überlastung oder Nachlässigkeit der Pröpste, sei es auf-
grund des Drängens der Gemeinden, denen die mit den Visitationen verbundenen Kosten (s. die Mahlzeiten
zum Abschluß) über den Kopf wuchsen82. In einer Reihe von Gebieten bürgerte sich im Laufe des 17. Jh.
dann ein dreijähriger Rhythmus bei den Visitationen ein. In den zum königlichen Anteil gehörenden Äm-
tern wurde 1695 dagegen ein Turnus von zwei Jahren festgeschrieben83.
Neben den regelmäßigen, von den Pröpsten in den Gemeinden ihrer Ämter durchgeführten Visitationen
gab es die sogenannten „Generalvisitationen“. Sie wurden eigens vom jeweiligen Landesherrn angeordnet,
vielfach aus einem besonderen Anlaß heraus, und fanden in unregelmäßigen Zeitabständen statt. Für die
Generalvisitationen setzte der betreffende Landesherr gesonderte Kommissionen ein. So berief Herzog
Adolf I. von Gottorf im Jahr 1557 den Hamburger Superintendenten Paul von Eitzen zum Visitator und
betraute ihn mit der Leitung der Kommission, zu deren weiteren Mitgliedern der Gottorfer Propst und
Hofprediger Volquard Jonas (Jensen) und der Husumer Pfarrer Peter Bockeimann gehörten84.
Die Visitation des Jahres 1557 dürfte aber, entgegen der Formulierung des Mandats: in den Kirchen
unser Fürstenthumb Gepiethen, vermutlich nicht alle Ämter des Herzogtums Gottorf umfaßt, sondern sich
weitgehend auf Husum und die Landschaft Eiderstedt beschränkt haben85. Bei dieser Visitation standen,
wie aus der Anweisung des Herzogs hervorgeht, eindeutig die Lehre und das Bekenntnis im Vordergrund.
Geistliche, die von der richtigen Lehre abgewichen waren, sollten mit christlicher Vermahnung und Unter-
richt zur Wahrheit zurückgeführt werden. Hielt einer an seinen irrigen Ansichten fest, konnte er von den
Visitatoren seines Amtes enthoben werden.
Gleich zu Beginn der Visitation wurde den Geistlichen der Landschaft Eiderstedt in Tönning86 ein
„Bekenntnis“ zur Unterschrift vorgelegt. Dessen Verfasser dürfte Paul von Eitzen gewesen sein87. Das

77 Nr. 7, S. 120.
78 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 232.
79 Rordam, M. Jergen Boies Beretning, S. 276.
80 Ebd., S. 278: der kerken Rekenschop tohören von allen guder
und inkumpst der kerkenn.
81 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 231.
82 Ebd., S. 232. Am Ende der Visitationen fand eine gemein-
same üppige Mahlzeit im Pfarrhaus statt. Diese nahm
aber nicht selten derartige Ausmaße an, daß sich die Ob-
rigkeit zum Einschreiten gezwungen sah (vgl. Corpus
Constitutionum Regio-Holsaticorum 2, S. 724f.).
83 Corpus Constitutionum Regio-Holsaticorum 1, S. 461f.
und 2, S. 725.

Zu Volquard Jonas (Jensen) und Peter Bockeimann vgl.
die Biogramme unter Got Nr. 2, Anm. 2 und 3.
Vgl. Feddersen, Lutherische Konkordie, S. 18. Die Ein-
beziehung eines mit den örtlichen Gegebenheiten vertrau-
ten Geistlichen wie des Husumer Pfarrers Peter Bockel-
mann dürfte dabei nützlich gewesen sein.
Zur Bedeutung der Stadt Tönning vgl. Schleswig-Hol-
stein Lexikon, S. 582f. Herzog Adolf errichtete hier 1581-
1583 ein Schloß.
Zum Bekenntnis und der Verfasserschaft Eitzens vgl.
Feddersen, Lutherische Konkordie, S. 18-21.

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