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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0064
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Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

nicht, ob gleich alle welt, alle teufel und sein
eigen gewissen ein anders einbilden wollen, der-
wegen, wie etliche meinen, ein mittel zu treffen,
das man sol bekennen, das wir durch den glauben
gerechtfertigt werden etc. Aber das man das
wörtlein allein auslassen sol etc., solchs kan
kein weges bestehen und ist der seelen höchste
ferligkeit.
Es haben auch nicht allein die alten lerer
dieselbe exclusivam expresse gesetzt, sondern die
schrift bringt die gewaltiglich mit sich, und da
etwas neben den glauben fur oder nach der tauf
gesetzt, es sei so köstlich als es wölle, damit die
vergebung, rechtfertigung und die seligkeit zu
erlangen, so stehet es nicht mehr auf der gnaden
gottes, dahin der glaube allein gerichtet, sondern
stehet auf der condition, so dasselbe das dabei
gesetzt volkömlich verbracht, es sei nu welchs
werk des gesetzes, das doch alles in der liebe
beschlossen, und die das gröste werk im gesetz
ist, so wil doch da ungewisheit der seligkeit
folgen, dieweil die condition der verbrengung des-
selben gebots unerfullet, und fellt der glaube
dahin, welcher nicht ungewis und zweifeln, sondern
gewis sein mus, on das ists kein glaube, ja es
wird denn der mensch so viel mehr der verdam-
nis gewis und mus in verzweifelung versinken,
dieweil er solch condition als eben das gebot der
liebe nicht erfüllet. Darumb schleust S. Paul zun
Römern und Gal. selber gewaltiglich, das so die
verheissung hat sollen feste und bestendig sein,
hat sie nicht auf die werk des gesetzes, sondern
auf das wort und zusage gottes gegründet werden
müssen, welchem so Abraham gegleubt, ist von
gott fur gerecht angenomen, eher das einig gesetz
gegeben, aus dem zu sehen, das in der exclusiva
sine operibus legis Paulus nicht allein meinet die
ceremonien, sondern auch die werk die sitlichen
gesetz, wie er den auch legem factorum nennet
und ad Titum sagt: non ex operibus iusticie que
fecimus nos, davon denn Augustinus de spiritu
contra iram reichlich schreibt.
Darumb mügen die zusehen, die das wörtlein:
allein der glaub on zuthun unser werk, nicht
leiden können und es wegnemen, denn damit die
armen gewissen verirren, dasselbe ist zu besorgen.
Sie werdens in irer letzten not und kampf innen
werden; Gott gebe ihnen ja, das sie es denn
wider ergreifen, damit sie in verzweifelung an
göttlicher gnaden nicht versinken, dafur der all-
mechtige gott ein itzlich christlich herz behüten
und denselben heiligen, bestendigen , festen , ge-
wissen glauben, auf sein barmherzige erlösung,
des gabe es allein ist, und fleisch und blut von
sich selbst nicht haben mag, gnediglich verleihen,
Da nu die christliche evangelische lere recht-
schaffen sein sol, da mus auch klerlich diese

exclusiva, allein der glaub on verdienst der werk,
ungescheuet geleret werden. Denn die auch nu
wol viel vom glauben predigen und diese exclu-
sivam umbgehen, sein verdechtige und ferliche
predigen; und wie dis der haubtartikel ist christ-
liches glaubens, so ists auch eben die differentia
specifica und eigentlicher unterschied, damit der
christlich glauben von allen andern vermeinten
religionen, wie sie namen haben, wesentlich ab-
gescheiden, und aus dem er allein gewis ist; denn
ob wol in schriften des neuen testaments von
guten werken viel sitlich leer begriffen, damit
solcher ehrlicher eusserlicher wandel bestetigt und
erfordert wird, so ists doch nicht der grund und
sonderliche eigne leer des evangelii, die dem-
selben zustehet allein; denn es haben die andern
vermeinte religion, die Türken sowol als die alten
heiden, von guten sitten so wol tradirt, das es
sich ansehen liesse, es hettens christen gemacht.
So gleuben sie alle, das gott die sünder strafen
und die fromen belohnen wil. Wenn sie aber
endlich empfinden, das sie nichts anders denn
sünder sind, da ist denn aller trost dahin, und
müssen denn in iren gewissen zeugen, welchs sie
richtet, das sie nichts von gott denn strafe zu
gewarten haben, und ist also ir thun auf verdam-
nis gericht, der christen glauben aber allein stehet
auf die seligkeit. Haben doch die Jüden das ganze
gesetz gottes, daraus was in schriften des neuen
testaments von guten werken geleret, alles ge-
nomen; aber daran mangelt es inen, das sie auch
den vater nicht haben, so sie den son auch nicht
annemen. Es ist aber nicht gnug, das er auch fur
ein son gottes gegleubt werde, auch das er ge-
litten, erstanden etc. Wie in denn viel aus der
beschneidung annamen, und gleichwol durch ir
werk die seligkeit suchten, und dieweil sie ir
eigene gerechtigkeit erhuben , sind sie gottes ge-
rechtigkeit nicht unterthenig worden, sondern es
mus gegleubet werden, das uns Christus die ver-
gebung der sünde aus lautern gnaden, on verdienst
der werk, durch sein leiden und auferstehen etc.
erworben und geschenkt und zugesagt, der solchs
festiglich glaubet, das der sol selig werden, un-
angesehen, das er das göttlich gesetz nicht erfüllet.
Dis ist, das fur andere allein der christliche glaube
hat, welchs auch das erschrockene gewissen, das
den zorn gottes uber die sunde ernstlich ansihet,
allein trösten und zufrieden stellen kann; denn
so die seligkeit allein auf die gnade gottes be-
ruhet und der glaube dahin sich nur wendet, so
ist er gewis und richtig, welches allen feilet,
die auf etwas anders, denn dahin, die seligkeit
gründen.
So hoch denn von nöten, das dieser artikel
rein geleret und dem volk mit rechter mas ein-
gebildet werde, also ist auch von nöten, das alle
 
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