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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0066
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46

Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

Darumb darf man keine gute werk thun, ei
schöne consequentien.
Da fellt denn nicht allein der pobel her,
sondern auch grosse leute, die aus menschlicher
vernunft richten und noch nicht den streit des
gewissens empfunden, nemen solche deutung, das
gute werk damit verboten, gerne an, meinen, so
sie nur sagen, sie glauben, und doch selber nicht
wissen, was sie gleuben sollen, viel weniger, das
sie den glauben fülen, so sind sie selig, sie mögen
spielen, saufen, ehebrechen und nur alles thun,
das gott misgefellt und aller zucht und erbarkeit
entgegen ist, denn sind sie gute christen. Aus
dem entstehet denn, das rohe, lesterliche, schend-
liche, mehr denn heidnisch, ja das viehisch und
unvernunftig wesen. Daran stossen sich denn die
gottfürchtigen herzen, welche wol empfinden, das
solch wesen keinen vernunftigen heiden, viel
weniger gott gefallen möge, und vermeinet also
der teufel, denselben diesen grossen trost des
heiligen evangelii verdechtig zu machen und da-
mit durch verzweifelung zu sich zu bringen; die
andern aber, die bereit in seinem strick sind,
durch solch rohes wesen zu erhalten.
Da gebürt dem krieger gottes, dem christ-
lichen prediger, der allzeit mit dem teufel zu feld
ligen mus, psal. 67: so viel dester fester uber
dem schilt des glaubens zu halten und keins weges
inen diese lere nemen lassen, denn so hette der
teufel gewunnen, sondern ein christlicher prediger
sol ungeachtet, wie es etliche böse leut felschlich
deuten oder aufnemen, diese lere unerschrocken
leren und mit der heiligen schrift durch gottes
hülfe bis ins ende verteidigen, wie auch S. Paul
und folgend nach im S. Augustinus die verkerer
irer wort nicht angesehen, sondern diese lere
dester heftiger getrieben und erhalten.
Da gehöret aber weiter darzu, das, wie ge-
sagt, die prediger das göttliche gesetz zuvor mit
ernst treiben sollen, dadurch die herzen zu dieser
ler bereitet und der fehig gemacht. Also sollen
sie auch mit fleis die wirdigen früchte der buss
und glaubens predigen und die kraft des glaubens
den leuten anzeigen, das wie der nicht, ja den
rohen, unbussfertigen oder auch stolzen herzen,
die die sunde und gottes zorn nicht erkennen,
nicht haften möge, das gleicher gestalt, auch da
derselbe glaub ein gottfürchtig zerschlagen ge-
wissen angetroffen, alda derselbe glaub nicht ein
kalter müssiger wahn und gedanken sei, sondern
hitzig, kreftig und thetig. Denn so das herz mit
ernst glaubet, und fület gottes zorn und ungnad
uber die sunde, und widerum on verdienst, die er
in der warheit bei im nicht empfindet, aus lauter
gnaden, vergebung der sunde, gerechtigkeit und
seligkeit, gewislich on zweifel zu haben glaubet
und vertrauet, da kan nicht anders denn unaus-

sprechliche freude sein, da kan nicht anders denn
herzlich hoffnung und trost zu einem solchen
gnedigen gott, der sich zu den ungehorsamen so
veterlich gethan und erzeigt, stehen, da kan nicht
anders sein denn herzliche feurige lieb zu im,
und aus seinem befelch zum negsten, daraus alle
gute werk fliessen müssen.
Derselbe mensch lebt nüchtern und in allen
messig, damit er solchen vater nicht verzürne;
derselbe mensch lebt gerecht, damit er seinen
negsten nicht beschedige, viel mehr dem in allen
dienstlich sei; derselbe mensch lebt gottselig, denn
er seinen willen thut und den höchsten gottes-
dienst verbringt, das er im glaubt, damit er im
allein und niemands, auch keinem andern werk,
die er gibt, das er in in vertrauet, auf in hoffet,
in liebet und in der not nicht vergeblich anrufet,
verbringet also sein königlich priesterlich ampt,
darzu wir berufen, und thut das opfer der lippen
und göttliche lobe, hie zeitlich anfahend und dort
ewiglich vollendet.
Wo nu solche früchtnicht folgen, da ist auch
derselbige warhaftige glaube noch nicht ins herz
komen. Darumb betriegen sich die selber, die da
meinen, wenn sie von solchem glauben prechtig
reden können, das sie denn nicht guts dürfen
thun. Mus derwegen ein christlicher prediger
klerlich anzeigen, was durch die exclusiva aus-
geschlossen , nemlich, das man durch kein werk,
das wir durch gottes gnade thun, so heilig als
es wölle, bei gott vergebung der sunde etc.
verdienen und erlangen, sondern das solches allein
durch den glauben erreicht, der nur auf gottes
gnade und gewisse zusage sich steuret, aber das
diese exclusiva dermassen gute werk nicht aus-
schliesse, das man die werk nicht thun dürfe.
Denn es ist nicht ein ding, gute werk thun und
durch gute werk selig werden; gute werk sol man
thun, sie sind aber zur seligkeit nicht gnugsam;
darumb hat der son gottes selber sterben müssen.
Dahin gehört der glaube allein; gute werk aber
sol man thun, gott zu gehorsam und ehren, und
dem negsten zu gut, zu weisung des glaubens, der
da nicht ruhet. Denn wie der glaube sein ampt
hat, als gegen gott aufwarts, also haben auch die
guten werk ir ampt niderwarts; denn des glauben
ampt ist, das er empfehet und ergreift gottes
verheissene gnade, uns angeboten, beide in
seinen worten und sakramenten, welchs auch visi-
bilia sind.
Demnach erlangt der glaube nicht kraft seins
verdiensts die seligkeit, sondern das er die war-
haftigen verheissung, der eher anhanget, ergreift,
und also haben wir gerechtigkeit fur gott, die
seligkeit durch den glauben allein. Aber der werk
ampt ist, das die der mensch durch gnaden aus
demselben glauben werke und zu gottes gehorsam
 
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