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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0069
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Kirchenordnung Joachim’s II. von 1540.

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wie den heiligen zustehet, und 1. Tess. 4.: Das ist
der wille gottes eur heiligung, das ir meidet die
hurerei.
Darnach sol er inen auch die straf gottes an-
zeigen, die er denjenen drauet, die mit solchem
laster beladen sind, wie das Paulus spricht 1. Cor.
am 6.: Die hurer werden das reich gottes nicht
ererben, und Ephe. 5.: Kein hurer oder unreiner
hat erbe am reich gottes, denn umb dieser willen
kompt der zorn gottes (das ist theurung, krieg,
pestilenz und ewige verdamnis) uber die kinder
des unglaubens, und Salomon in spruchen am 29.:
Ein hurer verderbt sein hab und gut, und Levitici
20. Deutero. am 22. wird geboten, man sol ehe-
brecher und ehehrecherin versteinigen ; desgleichen
auch ein junge tochter, so hurerei in ires vaters
haus treibt, ehe denn sie verheirat wird, sol auch
versteinigt werden. Dabei mocht man auch die
verbot der weltlichen obrigkeit anziehen und da-
neben anzeigen, das es auch gottes ordnung sei,
was sie in solchem fall setzen und ordnen, wie
Paulus zun Römern am 13. leret.
Als denn sol er auch solcher heftigen straf
etlich exempel furhalten, als das exempel Sichem,
des Hemors son, der mit allem seinem volk er-
stochen wurd, darumb, das er die Dina, Jacobs
und Lea tochter, geschwecht hette, Genn. am 34.
Item das exempel Zimbrij, den Pinhas bei der
hurn Casbi erstochen und ward von gott darumb
gelobt, Numeri am 25. Auch ward das volk
zur selbigen zeit heftig gestrafet von gott selbs,
wie Paulus auch meldet und spricht 1. Corinth. 10.:
Last nicht hurerei treiben, wie etlich aus inen
hurerei trieben und fielen auf einen tag drei und
zwenzig tausent. Item das exempel Davids, der
umb des ehebruchs und todschlags willen von gott
also gestraft wurde, das in sein leiblicher son
Absolon aus dem königreich sties und umbzubringen
begert, und was solcher exempel mehr in der schrift
vorhanden sein.
Wenn nu die sünder also geschreckt sein durch
das gesetz, sol man sie zur buss vermanen, mit
etlichen tröstlichen sprüchen oder exempeln, da-
durch sie zur hoffnung gereitzt werden und nicht
verzagen, als Ezechielis am 18.: Ich hab kein ge-
fallen am tod des sterbenden, spricht der herr,
darumb bekeret euch, so werdet ir leben; oder
das exempel vom verlornen sone, Luce am 15.,
oder sonst, was sich nach gelegenheit der sachen
wol fuget.
Also sol man auch mit allen andern sunden
und lastern thun, so lang bis die leute ire sunde
erkennen und im gewissen empfinden, gottes zorn
forchten und demselbigen herzlich begeren zu
empfliehen; denn wo das geschicht, da werden die
leut geschickt, das evangelion anzunemen, und
sich desselben zu bessern; sonst wenn mans den
Sehling, Kirchenordnungen. III,

frechen, unbussfertigen, rohen leuten sagt, werden
sie nur erger.
Darumb ist dieser artikel von der buss ein
ser notwendiger artikel, der ganz von nöten ist,
das man denselben dem volke wol einbilde; denn
wo nicht reu und leid ist uber das sundlich leben,
so wir alle tag, stund und augenblick füren, da
mus man sich des gewislich vermuten, das kein
glaube da sei, und das alles licht des glaubens,
durch welchs man die sunde allein erkend und
gros acht, verloschen ist in dem menschen, und
das ein solcher frecher mensch gott nicht an-
geneme sei; denn wie David im psalm sagt, so
hat der herr allein gefallen an denen, die in
fürchten und auf seine güte vertrauen.
Das aber die busslere ein notwendig lere sei,
und das die pfarherrn und prediger schuldig sein,
dem volk ire sunde anzuzeigen, und die buss-
prediger, haben wir offentlich in den propheten,
den gebeut gott Isaia und sagt: Rufe getrost und
schone nicht, erheb dein stimm wie ein posaune,
und verkündige meinem volk ire ubertreten und
dem haus Jacob ire sunde, cap. 58. Und gott
sagt selbs zu Ezechiel am 3.: Wenn der prediger
nicht straft den irsal und sunde, die er leret, so
wölle er derselbigen seelen von iren henden
fördern.
Man sol aber das volk recht leren, was recht
erkentnis der sunden sei, nemlich das solch er-
kentnis der sunde nicht blos stehe, in dem das
man weis, was man hat gethan oder wie oft mans
gethan hat, sondern es mus ein schwerlich er-
kentnis sein, das vom betrübten herzen und geist
herkome, welcher die sunde erkend als missethat
wider das höchste gut, so gott selbst ist, und
trage derhalben reu und leid, und stelle im fur mit
gottes gnaden, die nu noch nimer mehr widerumb
zu thun. Und also hat David sein sunde erkent
als ein böse that, die wider gott ist, darumb da
Nathan in straft, sagt er: peccavi domino.
Und solche rechte reu und erschrecken uber
die sunde, wiewols gott allein wirkt, und der
mensch kann aus eigenen kreften nicht darzu, so
wirkt sie doch gott auch oftmals durch sein wort
und das predigampt, welchs die grobheit der
sunden anzeigt, und die straf und zorn gottes,
und widerumb seinen geneigten willen, die sunde
in der buss zu vergeben. Denn wie man durch das
predigampt den glauben in kraft göttlichs worts
erbauet und gott wirkt glauben durch solch pre-
digt, also sol man auch zur reu vermanen das
rauchlos volk, der hoffnung, gott werde gnugsame
ware reu und buss wirken, wie denn gott im Esaia
sagt, cap. 55: Mein wort wirds alles ausrichten
und wird einen glücklichen fortgang haben; und
nicht wenigers, denn sein wort ist ein feurigs
wort und frist derhalben und greift alles an.
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