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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0072
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Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

einfeltigen volk den catechismum von den zehen
geboten, glauben, vater unser und den heiligen
sacramenten furhalten sol, so wil auch nu von
nöten sein, ferrer anzeigung zu thun von den
heiligen hochwirdigen sacramenten, welcher gestalt
wir es auch in unserm churfürstenthum, darneben
mit den ceremonien und andern kirchenubungen
wollen gehalten haben.
Denn nachdem der mensch nicht allein geist,
besonder auch fleisch und blut ist, die die seel
beschweren, wie Salomon sagt, und neben dem
göttlichen wort auch christliche eusserliche er-
innerung und anreizung bedarf, demnach der all -
mechtige selbst im alten testament mancherlei
eusserliche ceremonien und gebreuch verordnet,
auch folgend im neuen testament der herr selber
die hochwirdigen sacrament der heiligen tauf und
seines waren leibs und bluts eingesetz, als sichtige
wort und pfand, darinnen er uns sein gottliche
gnad und gabe, inhalts der klaren wort, warhaftig
anbeut, verleihet und mitteilet.
Und folgend auch die heiligen apostel und
veter mancherlei gute ceremonien und ubungen
der kirchen verordnet, damit es alles, wie Paulus
sagt, ordentlich fridlich und züchtig zugehe und
die leute zu gottes wort und den heiligen hoch-
wirdigen sacramenten zu mehrer andacht gereitzt,
darneben aber der satan durch die seinen zum
teil im namen der christlichen kirchen viel mis-
breuchische ceremonien eingefürt, unter denen die
einsetzung Christi verandert, verkert zu anderm,
denn von Christo verordnet und befolhen, gebraucht,
auch letzlich Christi ordnung aufgehaben, verboten
und verdamlich gemacht. Widerumb, was den
entgegen fur recht approbiret und geboten, darüber
auch viel menschliche erfindung und gut bedunken
aufgebracht, dadurch die ewige seligkeit zu ver-
dienen, welches denn unleugbar ist, damit auch
letzlich die guten christlichen ceremonien und
kirchenubung und das noch mehr ist, die guten
werk, so gott selbs geboten, beklecket, befleckt,
verderbt und schedlich gemacht, indem das gelert,
dadurch die rechtfertigung und seligkeit fur gott
zu erlangen, auch davon einen überflus andern
mitzuteilen, zu haben, welches denn alles wider
den haubtartikel ist unsers christlichen glaubens,
welcher allein auf die verdiente gnade durch
Christum sihet, gründet und allein die seligkeit
verwissiget.
Nu ist unser gemüte und meinung durch die
gnad des allmechtigen dahin gerichtet, auch unser
ernster befelch, das die hochwirdigen sacrament
von Christo selbs eingesetzt, nach seiner göttlichen
ordnung und befelch unverruckt und unverandert
gehandelt und gereicht werden sollen, und das
die anderung und misbreuch, so dawider eingefurt,
on alle mittel abgethan und in unserm lande nicht

hinfürder sollen gebraucht noch gestattet werden,
wie wir denn auch die aus fürstlicher, von gott
gegebener öbrigkeit, als die alten löblichen könige
des israelitischen volks und andere, gott angeneme
regenten, uns des billich ein exempel sein) bereit an
etlichen enden unsers churfurstenthums abgeschafft
und ferrer abgeschafft haben wollen; denn dieweil
kein engel vom himel, was Christus geordnet, zu
verandern macht hat, soviel weniger gebürt es denen,
die sichs haben letzlich anmassen dürfen, und der-
halben sie noch die, die inen in dem fall wissen-
lich folgen, gegen gott nicht entschuldiget sein
mögen, darumb wir es nicht weiter zu verteidingen,
uns und die unsern in solcher gefar der seelen
ferrer zu stecken noch bleiben zu lassen wissen.
Zum andern, so ist auch unser gemüt meinung
und ernstlicher befelch, das alle andere misbreuch,
so wider gottes wort eingefüret und auf mensch-
liche ungewisse gedanken gegründet, und gleich-
wol denen der verdienst der ewigen seligkeit,
unchristlich zugelegt, abgethan und hinfurder in
unserm lande nicht gehalten noch zugestattet
werden sollen, wie wir denn die an bequemen
orten, soviel wir der itzt in unserm churfursten-
thum gebreuchlich wissenschaft tragen und bericht
sein, stückweis anzeigen wollen.
Zum dritten, weil, wie oben berürt, dis leib-
liche leben je etliche ceremonien und eusserliche
gebreuche haben mus und nicht müglich, das man
der aller dinge entberen könne, damit christliche
ordnung und zucht erhalten und mit gebürlicher
reverenz und ehererbietung die hochwirdigen
sacrament tractiret und gehandelt, und das gött-
liche wort dem einfeltigen beide mit predigen,
singen, lesen, zu bequemer zeit, und anderer
eusserlichen ubunge desterbas eingebildet werde,
so ist auch unser gemüt und meinung, alle
löbliche, alther gebrachte, christliche ceremonien
und kirchenubungen sampt iren gesengen, und dem
anhengig, soviel wir berichtet, das die dem gött-
lichen wort nicht entgegen und in rechter meinung
mit gutem gewissen gehalten werden mögen, in
unserm churfürstenthum und landen bleiben zu
lassen, dieweil die schrift nicht verbeut, sondern
zulest, das in der christenheit wol gute unstraf-
bare ubungen sein mögen, damit der mensch neben
dem gottlichen wort erweckt, auch etliche sonder-
liche ordnung gemacht werden, von feirtagen,
zeiten, stetten u. s. w., auf das die leute sich dar-
nach richten und gewislich wissen mögen , auf
welchen tag, welche stund und an welchem ort
sie zusamen komen, gottes wort zu hören und die
hochwirdigen sacrament empfahen sollen; als denn
der heilig Paulus die Corinther unterrichtet, mit
was ehrerbietung sie das abendmal Christi handeln,
lectiones lesen, auch in eusserlicher zier menner
und weiber sich halten sollen, damit, wie er sagt,
 
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