Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0074
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
54

Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

Vorrede der taufe.
Dieweil einem jeden christen hoch und viel
an der tauf gelegen, auch gut und von noten ist,
das ein jeder wisse, wie er getauft sei, und die
umbstehenden zu mererm ernst und andacht ge-
reitzt, dieses hochwirdigen sacraments zu brauchen,
so sol hinfurt in unserm churfurstenthum und
landen in gemeiner teutscher sprach getauft werden,
mit brauchung etlicher ceremonien, wie bisher be-
schehen, wie denn dieser artikel weiter mit fleis
geleret und gepredigt, auch in sonderheit daneben
angezeigt werden sol, das dieselben ceremonien
nicht de substancia baptismi sein, als kond on
die nicht getauft werden oder were die tauf on
zuthuung derselben nicht gnugsam rechtschaffen
oder volkomen, sondern das solche alte ceremonien
(wie sie auch sonder zweifel von den vorfarn und
einsetzern nicht anders gemeint sein), als obstehet,
zu reitzung christlicher andacht, reverenz und
eusserlicher zier gehalten werden. Daneben sollen
die pfarherrn auch alle umbstehenden jederzeit
fleissig ermanen , dis heilig hochwirdig sacrament
(alle leichtfertigkeit oder misbreuch, so daneben
eingerissen, hindan gesetzt) mit christlicher, in-
brünstiger , ernstlichen andacht zu halten und zu
brauchen.
Und weil denn auch insonderheit ein alte
hergebrachte ceremonia, den chresem bei der tauf
zu brauchen, wollen wir denselben nachmals auch
im brauch bleiben lassen, aber doch sol die
meinung desselben in nachfolgendem verstande sein.
Nachdem der chresem ein althergebrachte
ceremonia ist, einer sonderlichen bedeutung, als
nemlich, wie im alten testament, aus gottes be-
felch allein die könige und priester gesalbet sein,
wir aber christen von Christo Jesu, unserm herrn,
durch den heiligen geist zu einem königlichen
priesterthum geistlich gesalbet werden, und also
von Christo, auch Christi, das ist gesalbete, heissen;
das anzuzeigen haben auch die veter in der tauf
diese eusserliche ceremonia gebraucht, und die
christen mit dem chresem gesalbet zur bedeutung,
das sie durch den heiligen geist als geistliche
könige und priester gesalbet, wie denn das etliche
ostercollecten ausweisen.
Und so denn solche ceremonia dergestalt nicht
schedlich oder dem glauben abbrüchlich, sondern
ein gute erinnerung ist, wollen wir sie bleiben
lassen, darneben aber sol gleichwol das volk gnug-
sam unterricht werden, das alleine der heilig geist
in der tauf uns salbe und zu christen mache, und
nicht der chresem, der solchs nur ein bedeutung
ist, das auch diejenigen, so gleich mit chresem
nicht gesalbet, nichts minder volkomene christen,
und inen des gar nicht schedlich sei, darumb auch
unnötig die kinder, so in der eil und not von
weibern oder sonst getauft, dieselben hernacher

zu chresemen, denn so würde es als notwendig
angesehen.
Von der nottauf.
Erstlich wie es mit der nottauf sol gehalten werden.
Die pfarrer sollen das volk in den predigten
unterrichten, das sie nicht leichtlich zu der not-
tauf eilen sollen, wenn es aber die hohe notturft
erfordert, das man taufen sol und mus, das sie,
so dabei sein, unsern herrn gott zuvor anrufen
und ein vater unser beten; wenn solchs geschehen,
alsdenn darauf teufen im namen des vaters und
des sons und des heiligen geists, und das man
denn nicht zweifel, das kind sei recht und gnug-
sam getauft, das im on not, das es anderweit in
der kirchen oder sonst getauft werde.
Doch ob man wil, so mag man solch kind,
wenn es am leben bleibt, in die kirchen tragen,
das der pfarrer die leut frage, ob sie auch gewis
sein, das das kind recht getauft sei, und mit was
weise und mit worten sie es getauft haben, und
wo sie denn sagen werden, das sie gott uber dem
kind in der not angerufen und nach beschehenem
gebet im namen des vaters und des sons und
des heiligen geists getauft haben, und das sie
nicht zweifeln, sondern des aufs gewissest sein,
wenn das kindlein gleich so bald gestorben, das
es dennoch rechtschaffen getauft were, so sol es
der pfarrer nicht wiederteufen, sondern es bei
solcher tauf bleiben lassen, und es alda in die
gemeine und zal der rechtschaffenen christen an-
nemen, das evangelion Marci am 10., so man bei
der tauf zu lesen pflegt, uber das kindlein lesen,
und es durch das gebet gott, dem allmechtigen,
befehlen und im namen des herrn gehen lassen,
wie folget.
Der pfarrer frage also:
Lieben freunde Christi, weil wir allesampt in
sunden unter gottes zorn zum ewigen tod und
verdamnis geborn werden, und kein ander mittel
haben, dadurch wir der sunden los, fur gott ge-
recht und selig werden mögen, denn durch unsern
einigen mitler und heiland Jesum Christum, und
dieses gegenwertige kindlein in solchen nöten
auch steckt, so frage ich euch, ob es dem herrn
Christo zugetragen und durch die tauf auch ein-
geleibt sei oder nicht.
Wird nu geantwortet:
Ja!
So frage der pfarrer ferner:
Durch wen ist solchs geschehen, und wer ist
dabei gewesen.
Spricht denn jemand:
Die und die personen N. und N. sind dabei
gewesen, und die person hat dem kind die tauf
gegeben.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften