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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0075
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Kirchenordnung Joachim’s II. von 1540.

55

Darauf frage der pfarrer weiter:
Habt ir auch den namen des herrn angerufen
und gebetet.
Und wird geantwort:
Ja, wir haben gott angerufen, und das heilig
vater unser gebetet.
So frage er weiter:
Womit habt ir getauft.
Antwort man denn:
Mit wasser.
So frage er:
Mit was worten habt ir getauft.
So man denn sagt:
Ich teufe dich im namen des vaters und des
sons und des heiligen geists.
So frage er endlich:
Wisset ir, das ir der wort nach dem befelch
Christi gebraucht habt.
Und wo sie darauf antworten:
Ja, wir wissens.
So sagt er:
Nu, meine lieben freunde, weil ir denn im
namen und auf den befelch unsers lieben herrn
gottes solch alles gethan, so sage ich, das ir recht
und wol gethan habt, sintemal die armen kindlein
der gnaden bedürfen, und unser herr Jesus
Christus inen dieselbig nicht absagt, sondern die
aufs allerfreundlichst darzu fordert, wie solchs
der nachfolgend text des heiligen evangelii tröst-
lich zeuget, welchen der evangelist also beschrieben
hat, Marci am 10. capitel.
In der zeit brachten sie die kindlein zu Jesu,
das er sie anrüret; die jünger aber furen die an,
die sie trugen; da es aber Jesus sahe, ward er
unwillig und sprach zu inen: Lasset die kindlein
zu mir komen und wehret in nicht, denn solcher
ist das reich gottes. Warlich, ich sage euch, wer
das reich gottes nicht empfehet als ein kindlein,
der wird nicht hinein komen. Und herzet sie und
leget die hende auf sie und segnet sie.
Und weil wir aus itzt gehörten worten unsers
herrn Jesu Christi des gewis und sicher sein, das
dis kindlein zum reich der gnaden auch an-
genomen, wollen wir bitten, das es darinnen
moge zur ewigen seligkeit auch bestendig erhalten
werden.
Und last uns beten.
Der allmechtig gott und vater unsers herrn
Jesu Christi, der dich durchs wasser und heiligen
geist anderweit geboren, und dir alle deine sunde
vergeben hat, der sterke dich mit seiner gnad
zum ewigen leben, amen.
Friede sei mit dir.
Wurden aber die leut, so das kindlein zur
tauf bringen, auf des pfarrers frage ungewisse

antwort geben und sagen, sie wusten nicht, was
sie gedacht, viel weniger, was sie geredt oder ge-
than in solcher grossen not (als denn oftmals zu
geschehen pflegt), so mache man nicht viel dispu-
tirens, sondern neme das kind als ungetauft und
forder es zur tauf, also wie man alle ungetaufte
zur tauf zu fordern und zu teufen pflegt.
Und wenn man die gebete sampt den exor-
cismis gesprochen, und die kinder durch die paten
dem teufel entsagen und des glaubens bekentnis
hat thun lassen, alsdenn teufe der pfarherr die
kinder on alle condition, wie hernach folget, im
namen des vaters und des sons und des heiligen
geists.
Ordnung der tauf.
Erstlich sol der priester fragen, wes das kind
sei, wie es heissen sol, und, wo es nicht jachtauft
ist, anfenglich folgende ermanung thun.
Ermanung.
Lieben freund in Christo, wir hören alle tage
aus gottes wort, erfarens auch beid an unserm
leben und sterben, das wir von Adam her alle-
sampt in sunden empfangen und geborn werden,
darinnen wir denn unter gottes zorn in ewigkeit
verdampt und verlorn sein müssen, wo uns nicht
durch den eingebornen gottesson, unsern lieben
herrn Jesum Christum, daraus geholfen were.
Wenn denn dieses gegenwertige kindlein in
seiner natur mit gleicher sunden inmassen, wie
auch wir vergiftet und verunreinigt ist, derwegen
es auch des ewigen tods und verdamnis sein und
bleiben muste,
und aber gott, der vater aller gnaden und
barmherzigkeit, seinen son Christum der ganzen
welt und also demnach auch dem kindlein nichts
wenigers denn den alten verheissen und ge-
sand hat,
welcher auch der ganzen welt sunde getragen
und die arme kindlin nichts wenigers, sondern
gleich sowol als die alten von sunden, tod und
verdamnis erlöset und selig gemacht hat und be-
folhen, man solt sie zu im bringen, das sie ge-
segnet werden, derhalben, so wollet aus christ-
licher lieb dieses gegenwertigen armen kindleins
gegen gott, den herrn, euch mit ernst auch an-
nemen, dasselbige dem herrn Christo furtragen
und vergebung der sunden, und das es ins reich
der gnaden und seligkeit auch aufgenomen werden
möge, verbitten helfen.
Ungezweifelter zuversicht, unser lieber herr
Jesus Christus werde solchs euer werk der liebe
gegen dem armen kindlein erzeigt, in allen gnaden
von euch annemen und euer gebet auch gewislich
erhören, sintemal er die kindlein zu im zu bringen
 
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