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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0112
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Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

ob er auch das vorurlauben verwirkt, erkennen
lassen.
Zum funfzehenden, weil die herrn visitatores
in gehaltener visitation vielfeltig befunden, das
die patronen die filial von der heuptpfarren, daraus
sie von alters curirt worden, gezogen und andern
pfarren zugelegt oder incorporirt haben, doher
dann allerlei unrichtigkeiten erstanden und er-
waschen. Sollen derwegen die pfarren, so allwege
unirt und zusammen gewesen, hinfüro ungeschei-
den und zu kaufe bleiben, auch in der collatorn
oder patronen macht oder gewalt nicht stehen,
dieselbigen ohne hochgedachts unsers gnedigsten
herrn oder s. churf. g. geistlichen consistorii zu
Cölln an der Sprew vorwissen und erkantnus zu
distrahirn und andern pfarren zuzuwenden.
Zum sechszehenden, wann ein pfarrer vor-
stirbt und sein weib, kinder, erben oder erbnemen,
wolten desselbigen vorlassene farende habe oder
erbschaften aus den gerichten, darinne der pfarrer
verstorben, wegbringen, das soll inen ohne einige
verhinderung offen stehen und kein abschoss oder
abzug den gericliten davon zu geben schuldig
sein. Also solle es auch mit dem, so der pfarrer,
sein weib und kinder aldo erworben, auch eins
von dem andern oder anders woher ererben
würden, gehalten und dasselbe aller beschwerung
frei ausgestadtet werden. Sonst sollen auch
der pfarrer, sein weib, kinder und gesinde
aller dorfbürden und pauerschaften ledig und ent-
hoben sein. Hetten sie aber eigene liegende
gründe in städten oder dörfern, davon sollen sie
wie andere steuren und thun. Doch sollen auch
der pfarrer kinder keine pfarrgüter erben. Sonst
und one das sol in erbschaften, succession und
privilegien der eheleute kein unterscheid zwischen
der pfarrer und andern weltlichen eheweibern und
kindern gehalten werden, fürnemlich, do es gar
ein ehestand und den geistlichen die hurerei von
gott verboten, aber die ehe zugelassen ist.
Zum siebenzehenden soll der pfarrer auch
beschaften, das in seinem abziehen oder absterben
das verordente inventarium in der pfarre gelassen
werde und dann der schulthies und fürsteher
darauf, das solch inventarium also dem zukünf-
tigen pfarrer aldo bleiben möge, gute achtung
geben.
Zum achtzehenden sollen die dorfherrn,
pauren und einwohner allhie dem pfarrer, küster
und der kirchen den vierzeiten pfenning und
andere einkommen, wie vor alters, unweigerlich
geben, und do sie dem pfarrer kornzehet zu geben
schuldig, soll der pfarrer macht haben, an welchem
ende des stücks es in gelegen, anzufangen, um die
dreissigste mandel zu zelen und ime an dem orte,
do ine die dreissigste mandel fallen wirdet, un-
vorhindert folgen. Geben sie ihme aber korn-

pachte, miss oder scheffel korn, so sollen sie ime
gut und reine korn liefern und in deme iren pfarrer
und seelsorger nicht bekriegen. Wo es aber hier-
über geschehe, sollen diejenigen, so es thun, in
strafe genommen werden, dann unserm gnedigsten
herrn in keinem wege gelegen, sich mit fremden
und den strafen zu belegen, davon Malachias
weissaget.
Zum neunzehenden sollen die leute treulich
zur kirche gehen, beten, gotts wort fleissig hören
und das hochwirdige sacrament, wie es von unserm
herrn Jesu Christo selbst eingesatzt, gerne emp-
fahen, ire kinder und gesinde dozu mit ernste
verplanen und dieselbigen in gottes furcht auf-
ziehen, auch sich gegen iren pfarrern fein erbar-
lich und aufrichtig erzeigen, wie sie dann schuldig
sein, ihn in allen ehren und reverenz zu halten.
Zum zwainzigsten sollen die fürsteher der
kirchen alhie jerlich den dorfherrn, pfarrern,
schultiess und zweien von der gemeine von der
kircheneinname und ausgabe, bei meidung hoch-
gedachts unsers gnedigsten herrn strafe, rechnung
thun, und do sie was ausser der kirchen, auch
des kirchhofs gebeude und notturft erübern, solchs
dem gotteshause zum besten anlegen und dasselbe
also, wie die getreuen haushalter, in vorrath
bringen, damit man des in feuers- oder kriegs-
nöthen zu wideraufbauhung der kirchen zu ge-
brauchen haben möchten.
Zum einundzwainzigsten sollen die gottshaus-
leute und der schulze fleissige achtung geben, das
der pfarrer die pfarrgebeude in guten wehren
halte, zu jeder zeit bessere und nicht vorfallen
lasse. Dann würde es darüber geschehen, so
sollen sie dem pfarrer des vorwarnen, das er die
pfarre alleine wider aufbauen solle.
Zum zweiundzwainzigsten sol der pfarrer all-
hie seine pfarrhuefen wider den junckern, noch
den pauren anders vermieten, dann das er und
seine folgende pfarrer alwege macht behalten, die
jedes jars wider an sich zu nemen oder auch
einem andern auszuthun und wann das vermieten
den junckern geschicht, das sie sollen dem pfarrer
revers geben, ime die huefen berürter masse wider
zuzustellen, werden aber die huefen den pauren
vormietet, das der pfarrer neben den pauren,
wehren für berürt consistorium zu Cölln an der
Sprew kommen und hetten solchs, wie obgesatzt,
auch vorzeichnen lassen.
Zum dreiundzwainzigsten, weil offenbar und
leider dahin gerathen, das ein jeder gerne von
Jesus rock ein stück haben wolte und sich der-
wegen viel leute befleissigen, die geistlichen güter,
es sei auch unter was unbefügten schein sie
immer können, an sich zu bringen und zu practi-
cirn, in meinung sich damit zu bereichen, do doch
draus erfolgt, das der geistlichpfenning den welt-
 
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