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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0199
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Visitations-Rezess in der Altstadt Brandenburg von 1541.

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Caplan.
Ein ider pfarrer dieser pfarrkirchen soll hin-
füro stets annehmen und halten zwen caplan, die
sollen haben ider freie behausung, jerlich sechzig
gulden an gelde und zween wispel korns, halb
rocken und halb geraten, daneben auch die aci-
dentz von begrebnüssen, einleitungen und andern
davon hieunden gesatz.
Es sollen sich aber der pfarrer und caplan,
auch die schule, davon hie unden im predigen,
sacramentreichung, kirchenceremonien, kirchen-
gesangen und andern, hochgedachter unsers gnedig-
sten und gnedigen herrn des churfursten und
bischoffs zu Brandenburg ausgangen kirchen-
ordnung gebürlich erhalten. Und der pfarrer
ordnen und mit seinen caplanen vergleichen, wie
oft und zu welcher zeit, an feier- und werkel-
tagen, in der wochen zu predigen und welcher
predigen soll. Sollen die kranken in der stadt
und hospital mit fleisse besuchen, die tröffen und
wenn es noth, das hochwirdige sacrament denen,
die es bitten, reichen. Damit auch der catechis-
mus dem gemeinen volke sonderlich eingepildet
und bekant werde, soll derselbig in diser pfarr-
kirchen alle virtel jhar uff etliche tage, nach ein-
ander uff ein gelegner stunde, dazu auch alle
feirtag nach der vesper geprediget und wol ge-
deutet werden, und sollen die pfarrer samt den
caplanen das volk mit fleisse vormahnen, den
catecismum zu hören, auch iren kindern und ge-
sinde zu verlauben und zuhören zu lassen.
Die altaristen und vikarien, so in diser pfar-
kirchen geistliche lehren haben und dabei resi-
diren, sollen den pfarrer und caplanen mit singen,
beicht hören und sacramentreichen in der kirchen
fleissiglich helfen, auch stets zu predigt und andern
amtern, so in der kirchen gehalten werden, gehen;
die sich des wegern, sollen der lehen priviret
werden.
Wurde sich auch altaristen einer oder ander
von hinne absondern und sunderlich an orte, do
in der religion hochgedachter unser gnädigsten
und gnädigen herrn kirchenordnung nicht gemess
gelert wird, begeben, die sollen ihrer lehen privirt
werden.
Auch sollen pfarrer, caplan und alle geist-
liche personen kein unzüchtig oder vordechtige
weibspersonen bei sich haben oder halten, wie im
auch das geistliche recht bei verlast irer amt und
lehen verpeut, darauf der erbar rath sunderlich
soll acht haben und sehen lasen, und wo solche
weibspersonen bei den geistlichen befunden, sollen
die weiber der stadt vorwiesen und wieder den
geistlichen, bei dem sie antroffen, vermoge der
recht verfahren werden. Es soll auch der rath
sunst uff den ehebruch und unzüchtig leben in

der stadt lassen gute acht haben und solches auch
vermög der recht strafen.
Von den organisten und küstern.
Einem organisten soll fürnehmlich freie be-
hausung und holzung geschafft werden, aber der
andern besoldung halb sollen sich die vorsteher
des gemeinen kastens mit einem iden organisten
seiner geschicklichkeit nach vorgleichen, dan die
visitatores bedenken gehabt, dismal eine sunder-
liche summa auszudrucken. Ein küster soll
auch bevor haben freie behausung und den jarlich
sechs fuder holzes und (von) deme rath ides virtel
jahres aus einem hause drei pfenning vor den
caldar, achzehn scheffel koins von den Lucken-
bergischen hufen. Und nachdem ein küster hievor
von den memorien järlich ein anzall geldes gehabt
und aber die memorien, wie hieunden gesatz,
numals in gemeinen kasten vorordnet, sollen dem
küster jerlich aus dem kasten dafur und sunst
zur besserung seines soldes, acht gulden gegeben
werden; davon soll er den, so im leuten und uff-
sehen helfen, ihren lohn geben, von andern
accidentalien des küsters ist hieunden gesatz.
Von der schule.
Nachdem die schule in dieser stadt etwas
gefallen und das nöthigste ist, das die wieder
angericht erhalten und darin die jugent, so her-
nach zu pfarrern, predigern und im weltlichen
regimenten zu gebrauchen, wol instituirt werde,
ordnen darauf die visitatores, das fürderlich
sollen angenommen werden ein kantor und zwen
gesellen, welche bacalarien oder sonst geschickt
wären, und soll eines schulmeisters besoldung sein
järlich 60 gulden an gelde, der nechst gesell nach
dem schulmeister soll haben dreissig gulden an
gelde, der cantor fünfundzweinzig gulden und der
ander gesell zweinzig gulden; soll auch getrachtet
werden, das sie alle vier uff der schulen oder
sunst bequeme freie behausung haben mogen.
Dieser schulmeister samt seinen gesellen sollen
etliche ordnung oder klasses scolosticorum machen,
und ein ider klassen oder anzall, indem dazu sie
geschickt, es sei in gramatika, dialectica, retorica
und dergleichen artibus dienend, mit fleiss in-
stituirt und in scribendo exerciren, auch fürnehm-
lich elementa pietatis und kathecismum mit fleisse
treiben und einen iden schüler dem junggesellen
recitiren lassen, aber der cantor soll alleweg in
musica lesen, mag ime auch der schulmeister noch
eine lection auflegen.
Und soll der pfarrer mit aufsehen, das die
schule wol angericht erhalten, die knaben züchtig
leben und instituirt werden und das so mehr von
nöten daran bessern. Es soll auch der kantor mit

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