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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0296
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276

Die Mark Brandenburg.

ihres berufs und amtes, wie obsteht, damit sie
ohne des genug zu thuen, warten sollen.
So seind auch die visitatores berichtet, dass
etzliche prediger den erbarn rath auf der canzel,
den gemeinen pöffel damit zu hoffirn, angreifen
und specificirn sollen, und hernach, da mans ihnen
furhelt, nicht gestehen wollen, welchs den gotts
wort zuwieder ist und zu aufruhr gereichen möchte;
darum sollen sie bei meidunge unsers gn. herrn
strafe solchs hinfuro unterlassen und hierinne
der ordenunge in göttlicher schrift ausgesetzt
volgen, also, wen hendel, die wieder einen erbarn
rath sein, vorfallen, dieselben erstlich privatim
mit ihnen reden und nicht alsbalte ungehort auf
der canzel damit laufen, in ansehunge, das hier-
aus viel unrate entstehen könte.
Es sollen auch die gebetlein und christlichen
gesänge, auch andere ceremonien in den kirchen
pleiben und keine ohne s. churf. g. vorwissen
unterlassen oder abgethan werden, inmasen auch
die predicanten die leute von der canzel ver-
mahnen sollen, wen man die betglocke schlegt,
das sie in ihren häusern und arbeit ein vater
unser vor allerlei noth der ganzen christenheit
beten, auch erhalt uns herre bei deinem wort etc.
singen sollen, wie denn solchs in andern städten
ganz andächtig auch geschicht.
Mit dem beichtsitzen soll es hinfuro allerlei
unordnunge zu vermeiden also gehalten werden,
das der pfarrer und beide caplene des sonnabends
zur vesperzeit in Marien kirche allhie zugleich
beicht sitzen und einem jeden frei stehen soll,
weme er beichten soll.
Es sollen aber der pfarrer und caplane in
solchen ihren amt treu und fleisig sein, sonderlich
invermahnen der rohen gewissen und tröstunge
der bloden erschrocken herzen und solchs nicht
unterlassen, noch wegen des beichtpfennigs davon
eilen, sondern allwege gedenken, das gott zusehe,
wie sie dis hohe amt bestellen. Damit man aber
die verächter des hochwirdigen sacraments desto
füglicher erfahren möge, sollen sie die jenigen,
so alle woche beichten, aufschreiben, die aus-
bleibenden fleisig in acht haben und zum gebrauch
desselben, wie obstehet, treulich vornehmen.
Das kindtaufen soll stets wie gewonlich tertia,
wo die kindlein nicht schwach sein, gehalten,
und von der jungfern schule allewege der psalm :
Christus, unser herr, zum Jordan kam, nach dem
einsegnen gesungen werden und darauf die taufe
nach gewonlicher weise, wie in dieser lande kirchen
herbracht und vermuge unsers gnedigsten herrn
christlichen kirchenordenung in aller reverentz, weil
die heilige dreifaltigkeit gewisslich aldo kegenwertig
ist, bescheken; nach der taufe aber sollen sie den
psalm : Allein gott in der höh sei ehr, oder: Sei loh
und ehr mit hohen preis etc. singen, dass also gottes

hohe werk und sein heiliger name möge gepreiset
und geehret werden. Und mag ein jeder einen,
zwei oder drei gefattern bitten, doch soll niemand
schuldig sein, ehe er taufen lesset, dem ministerio
zu vermelden, was er vor gevattern bitten will,
viel weniger jemands ausgeschlossen werden, es
sei den von den consistorio, wie obstehet, erkant.
Es sollen auch der pfarrer und die caplene
keine paar volks ehelig zusamen geben, sie
sein den zuvor dreimal aufgeboten, fürnemlich
aber sollen sie sämtlich darauf gute achtung
geben, das die ehe in verbotenen graden und mit
den personen, die andern verlobt sein oder in
unentscheidener ehe, lauts der consistorialorde-
nunge, hengen, nicht mogen zugelassen werden,
und solchs jederzeit dem consistorio vermelden.
Desgleichen sollen sie den missbrauch des kirchen-
gangs in hochzeiten vorhuten helfen, also, welcher
bräutigam oder braut des abends um vier schlege
und des morgens um zehn schlege aus der kirchen
pleibet, das sie ehe nicht getrauet werden sollen,
sie haben den jedesmal zwei thaler, einen in
den kasten allhie und einen dem pfarrer zur
strafe erleget. — Es soll auch ein ehrbar rath,
wan viel hochzeiten sein, die vormugenden
durch pfandunge und sonst dahin gehalten,
das sie dem pfarrer und schule vor das
trauen und brautmesse die gebuer erlegen , fur-
nemlich weil es in der visitationordenunge also
vorsehen und ein jeder den dienern göttliches
worts ihre gebur, weil sie ihrenthalben aufwarten
mussen, zu geben schuldig ist. — Do auch, wie
die visitatores berichtet sein, ein groser tumult
und geschrei von dem gemeinen volk bei dem
trauen in der kirchen getrieben wird, zweifeln
die visitatores nicht, ein erbar rath werde durch
ihre diener und bettelvogte solch los gesinde mit
der peitschen aus der kirchen treiben, oder do
es die noturft erfordert, mit gefängnis strafen
lassen, damit dannoch zucht und erbarkeit in der
kirchen gesetzt werden möge.
Das einleiten der breute und sechswocherinnen
soll wie in andern städten dieses churfürsten-
thums mit den worten: der herr bewahre deinen
eingang und ausgang etc. beschehen und hernach
die gebetlein, davon die kirchenordnung redet,
vor dem altar gehalten werden.
So sollen auch die caplene, wie sich ge-
buhret, in besuchung und tröstunge der kranken,
sie sein arme oder reiche, fleisig sein und solch
christlich werk ohn unterlass treiben und der
pfarrer solch gleicher gestalt zu thun sich nicht
schemen. — —
Es soll aber in den neben kirchen kein leich,
wan in der pfarrkircke die predigt geschicht, be-
graben, sondern damit bis nach geendigter predigt
verzogen werden.
 
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