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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0088
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72

Kurland.

aufgehoben, und wie es sich immer gebüren wil,
in eine verbesserung und christliche ordnung mit
gnugsamer habender volmacht gebracht werden.
Darnach sich menniglich habe zuverhalten.
Des müssen sich die pfarherrn und kirchen-
diener ihres unzimlichen ungeburlicheu geniesses
genzlich eussern und nicht den geizteufel be-
thören lassen, das sie um eigener nützigkeit willen
uber der pauren opferung, und was derselben
aufkumpst an wachs, wachskerzen und derselbigen
opferhandlung mehr sein können oder genennet
werden, halten wollen. Aber viel mehr und lieber
das arme unverstendige volk von solchem aber-
gleubigen, unchristlichen wahne glimpflich ab-
keren, die superstition samt ihren instrumenten
und occasionen weg thun, und zu rechter warer
erkentnus göttlichs wesens und christlichen gehor-
sam seines zugeneigten veterlichen willens, die
zuhörer und pfarleute mündlich anleiten, wie solchs
alzeit von den lieben propheten, den dienern gött-
lichs worts zum exempel geschehen und die aller-
heiligesten könige, sonderlich Ezechias aller christ-
lichen obrigkeit auch ein merklich ansehenlich
exempel, alle abgötereien genzlich abzuthun nach-
gelassen hat, in dem 4. der könige am 18. capitel,
da er auch der ernen schlangen von Mose nach
göttlichem bevehlich aufgerichtet, nicht verschonet,
sonder zubrechen und wegnemen lassen. Des-
gleichen zeiget auch unser lieber herr und ge-
treuer heiland Jesus Christus nicht ohne sonder-
lichem eiver, wie aus dem 68. psalm zuersehen,
da er spricht: Zelus domus tuae comedit me. Und
die historien Lucae 19., Johan. 2. bezeugen, wie
er sich des gottes hauses angenommen. Solchen
exempeln zu folgen, wil sichs gebüren, das ein
jeder in seinem berufenen stande, bevorab der
superintendens in der visitation und die andern
kirchendiener zu gelegener zeit, durch christliche
und unergerliche mittel, sich gottes ehre und der
armen leuten seelen seligkeit treulich lassen be-
vohlen sein.
Zu dem sollen sich auch dieses fürstenthums
prediger allerhand verneurung eussern und sich
wachten, das die armen pauren, in sonderheit
nicht mit neuer auflage oder gerechtigkeit un-
gebürlicher weise wider die billigkeit an beicht-
pfennigen, echte und taufgelde ubersetzet oder sonst
unbillich ubervortheilet werden, besonder viel mehr
mit der armut gedult tragen, und ein jeder sich
an seiner besoldung und jerlichen aufkumpst be-
gnügen lassen, da es anders befunden, sol der
superintendens alles wissen zu endern, und den
ungehorsam nicht lassen ungestrafet hingehen.
So wenig als wir nun wollen, das die greu-
liche abgötterei und alle andere sünde der ersten
tafeln solten geduldet und gehandhabet werden,
so viel weniger wollen wir, das zuhörer und

unterthanen offentliche vorechter des lieben worts
und der heiligen sacramenten bleiben solten. Und
da sonst keine andere mittel, solche mutwillige
verachtung abschaffen können, sollen ernstliche
strafe und peen auf deutsch und undeutsch,
solchem gottlosen wesen zuwehren, in nechst-
folgender visitation verordnet werden, und den
haupt und amtleuten die execution befohlen,
darzu bei vermeidung höchster der obrigkeit un-
gnade den bevelichhabern verboten, das sie selbst
keine ursach oder jenige occasion den armen
leuten zu verachtung des worts und verseumnus
des gottesdienstes geben, sonder ihnen auch gerne
die arbeit, wenn in der wochen gepredigt, er-
lassen, dazu alle befürderung zuthun, zeit und
raum gönnen, das reich gottes für allen dingen
zusuchen, worzu Christus selbst Matth. 6., und
der lehrer zu den hebreern am 4. aus dem
59. psalm vermanet, und zu diesem fürnemlichen
ende, die obrigkeit, haupt und amtleute unter-
scheidlich verordnet', und samt denen vom adel,
andern gemeinen leuten fürgezogen, das sie
höchstes vermügens, gottes treue diener sein,
Roma. 13. und seines reichs amtleute, Sapient. 6.
Da solchs von ihnen nicht geschehen wird, so
spricht der weise man weiter, das sie schwere
rechenschaft geben müssen müssen, und schreck-
liche strafe ausstehen, potentes, inquiens, potenter
tormenta patientur, die gewaltigen sollen gewaltig-
lich gestrafet werden.
Und weil wir gnugsam von etzlichen getreuen,
bekanten, wolgeübten predigern dieses landes aus
teglicher erfahrung warhaftig berichtet, das es
sonderlich bei dem armen undeutschen paurs
volke nicht gnug sein wil, der wochen eins oder
zwei mal in gemeinen predigten das wort gottes,
wie sonst die woche uber gebreuchlich, treulich
zuverhandeln, auch unter zeiten in der beicht,
oder jerlich die fasten uber, nach alter papisti-
scher gewonheit, die leute zu leren, examinirn
und unterrichten, sonder weil ganz notturftig,
daran nicht wenig gelegen sein, das die ver-
ordenten pastores, capelanen, kirchendiener und
getreuen seelssorger gar oft, wenn immer die ge-
legenheit, sonderlich aber um den herbst nach
der ernte, wenn das liebe getreide in diesen
landen zusammen genommen, und in der fasten,
gegen das liebe osterliche fest oder sonst zu ander
gelegen zeit ihre annuales visitationes und paro-
chiales revisiones unter dem gemeinen kirchspils
volke anstellen und ohne einigerlei uberdruss oder
verseumnus in ihrer pfarkirchen, bewidmeten
dörfern oder gesinden, persönlich verreisen, und
die pfarkinder jung und alt ohne unterscheid ge-
bürlich examinirn, und was sie aus teglicher
predigte göttlichs worts, den ceremonien und
psalmen, sonderlich aus dem heiligen catechismo
 
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