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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0111
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Kurländische Kirchenordnung von 1570.

95

Zum zwelften, von der nottaufe.
Die pfarherrn sollen das volk in den pre-
digten unterrichten, das die hebammen oder die
bei der geburt sein, nicht leichtlich zu der not-
taufe eilen sollen.
Wenn es aber die hohe notturft erfürdert,
das man taufen sol und mus, das alsden die-
jenigen, so dabei seind, gott den herrn zuvor an-
rufen und das vater unser beten, wenn solchs
geschehen, von kirchendienern, so man sie immer
haben mag, oder einem andern gottfürchtigen
manne oder fraues person, das schwache kindlein
mit wasser drei mal im namen gottes des vaters
und des sohns und des heiligen geistes taufen
lassen, und darnach je nicht zweifele, das kind
sei recht gnugsam und vollenkommen getauft und
das es keiner widertaufe bedörfe.
Doch damit des kindes taufe im hause nicht
heimlich bleibe, sonder habe auch gezeugnusse
von unser gemeine, und werde eine offentliche
bekentnusse Christi, wollen wirs mit der witten-
bergischen kirchen, als es von dem seligen herrn
Luthero und Pomerano bestellet, gerne eintrechtig
halten iuxta formulam sequentem, die wir um
derjenigen willen, so vielleicht solche büchlein
nicht haben, gutwillig hinzu gesetzet, denn also
schreibet D. Bugenhagen.
Wenn ein kind im hause in solchen nöten
getauft ist mit wasser, im namen des vaters und
des sohns und des heiligen geistes, so sollen je
die priester dasselbige kind nicht noch ein mal
teufen. Denn die rechte taufe nach Christus be-
vehl ist dem kinde gegeben, sondern so das kind
lebendig bleibet (wie wirs halten in unsern kirchen)
sol man paten oder gefattern dazu bitten und mit
frauen und andern zeugen, besondern die bei der
taufe seind gewest, das kind nach gewohnheit zur
kirchen führen und daselbst, bei dem taufstein,
offentlich dem priester fürstellen, da sollen sie
alle mit dem kinde zum priester treten und der
priester sol verhören und examinirn, wie das kind
getauft ist.
Er sol aber fragen die, so bei der taufe ge-
west, da das kindlein getaufet ward, und sie sollen
antworten nach dieser weise.
Habt ihr das kindlein getauft? Ja.
Wer ist dabei gewest? Diese und jene.
Wer hats getauft? Ich.
Was habt ihr für wort und weise darzu
gebraucht?
Wir habens getauft mit wasser, im namen
des vaters und des sohns und des heiligen
geistes.
Wollet ihr für gott und der welt solchs
bekant sein? Ja.

Welche seind gebeten zu paten und ge-
fattern ? Wir.
Wie heisset ihr das kind? N.
Ist ihm aber kein name gegeben in der taufe,
so gebe man ihm noch hie einen namen.
Ihr paten sollet auch in sonderheit zeugen
sein, das dis kindlein nach dem bevehl Christi
recht getauft ist mit wasser, im namen des vaters
und des sohns und des heiligen geistes.
Weil ihr also getauft habt, wie Christus be-
vohlen, und solchs bekant sein wollet, darzu auch
Christus sagt, das zweier menschen zeugnusse wahr
sei, so beken ichs auch und wils mit euch be-
kennen, das dis kind recht getauft ist, und darf
keiner andern taufe.
Zum andern.
So höret auch die wort Christi aus dem evan-
gelio, da er die kindlein annimt zum ewigen leben.
Zu der zeit brachten sie kindlein zu Jesu.
Post lectum evangelium presbyter praecedat
et omnes cum puero sequantur ad altare, ubi solet
sumi coena domni, ibi coram altari presbyter, versus
ad illos, dicat.
Zum dritten.
So höret auch den glauben, auf welchen das
kind getauft ist, in welchem es auch sol auf-
erzogen werden zum ewigen leben. Hic ponat
super puerum manus et dicat. Ich gleub an gott
den vater, almechtigen, et impositis manibus puero
sic pergat.
Zum vierden.
So lasset uns auch für dis kind beten, das
es müge im glauben erhalten werden und denn
bekennen. Hic flexis genibus cum patrimis et aliis
dicat, vater unser, der du bist, post hoc dicat
ultimam orationem super puerum, der almechtige
gott und vater unsers herrn Jesu Christi, der
dich etc.
Der friede sei mit dir, amen.
Finis.
Solchs kind sol man ja nicht exorciziren, das
wir nicht den heiligen geist (der gewisslich bei
dem getauften kinde ist), bösen geist heissen.
Wird aber anders befunden, das das kind
nicht recht (wie gesagt) getauft ist, oder das die
leute da in der kirchen vor dem priester nichts
gewisses können beichten, da soll es der priester
freilich taufen, wie Christus bevohlen hat und
nicht anders, denn es ist war, wie Augustinus
sagt: Non potest dici iteratum, quod nescit esse
factum. Wir müssen von den sacramenten Christi
als von gottes wort gewisse sein.
 
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