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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0251
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Consistorialordnung von 1570.

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nicht weitleuftig, so soll keiner partei dieselbige
durch schriftlichen process aufzuziehen gestattet
werden.
Der protonotarius soll keine citation noch
andere process ohne befehlich der kirchenräthe
ausgehen lassen.
Tit. IV.
Von terminen der citation und ungehor-
sam des klegers und beklagten.
Die citation soll dem theil, so vorbe-
schieden wird, zum weinigsten vier wochen von
dem gerichtstermin zukommen. Wenn nun durch
des geschwornen boten relation, welche der nota-
rius, wie obgemelt, registriren soll, oder durch
anderen glaubwirdigen schein, die geschehene in-
sinuation der citation, und dass sie in vorberürter
frist der citirten partei zukommen, dargethan
würde, und dieselbe vorbescheidene partei gleich-
wol nicht erschiene, noch dem consistorio seine
ehehafte entschuldigung vorbringen liesse, alsdann
soll das gericht macht haben, auf den ungehorsam
zu erkennen. Und im fall der kleger nicht er-
scheinen, und also der beklagte seinen ungehor-
sam beschuldigen würde, soll er von der citation
und ladung absolvirt, und der kleger in die ex-
pens des gerichts, auf vorbehaltene moderation,
verteilt werden, und soll klegern anderweit
citation nicht mitgetheilt werden, er habe denn
dem gegentheil die gerichtlich gemessigte expens
zuvor erleget, und daneben cavirt, hinfüro ge-
horsamlich zu erscheinen.
Würde aber der beklagte aussen bleiben
und ungehorsam sein, soll er im ersten termin
gleichfalls in expensas verteilt werden. Da er
aber auf den andern termin citirt und abermals
ungehorsamlich ausbliebe, so soll dem klegern in
actione reali die possession und einweisung in das
gut ex primo decreto zuerkannt werden. Ist aber
schuld oder anderer sachen halben, und also per-
sonaliter geklagt, so soll pro modo debiti de-
clarati die einweisung ex primo decreto, erstlich
in des beklagten fahrende habe, und, da die nicht
verhanden, die immission auf die liegende güter
erkannt werden. Würde dann der ungehorsame
beklagte innerhalb jahresfrist seinen ungehorsam
entschuldigen, und dem gehorsamen theil die auf-
gewandte expens erlegen, so soll er alsdann zu
seiner antwort in der hauptsache gestattet werden.
Wann aber die parteien auf obbestimmten
termin erscheinen, sollen sie beide, nach der
sachen gelegenheit, entweder gegen einander
öffentlich, oder in abtretung der andern par-
teien , ein jeglich theil allein, und insonderheit,
gehöret werden. Und so alsdann die verordenten
kirchenräthe, aus solcher mündlichen verhör gnug-

sam bericht der sachen bekommen, sollen sie die
gütliche vergleichung erstlich versuchen, und so
dieselbige bei den parteien nicht statt findet, ge-
richtlich darauf erkennen und urtheilen.
Würde aber der sachen nothdurft erfordern,
in scriptis zu procediren, so soll klegeren
und beklagten auferlegt werden, in einem oder
zweien setzen, und zum lengsten in monats frist,
wechselsweise zum urteil zu schliessen und den
grund ihrer action und exception und beweisungen
zugleich, so viel möglich, auszuführen. Es soll
auch regulariter niemanden, zu fürung und ein-
bringung seiner beweisungen lenger, als sechs
wochen zeit vergünnet werden.
Wann aber religionsstreit von einem artikel
christlicher lehre in dem gericht anhengig ge-
macht weren, sollen die kirchenräthe erstlich
beide part eigentlich verhören, und auf den scopum
controversiae fleissig achtung geben, damit sie er-
kündigen , ob es ein wortgezenke oder die lehre
selbst antreffe, und alsdann nach der richtschnur
des göttlichen worts bei sich darüber judiciren.
Darnach mit beiden, und sonderlich mit dem
irrenden theil, fleissig und freundlich handlen,
dass sie die eigentliche formam sanorum verborum,
wie St. Paulus redet, treulich und fleissig brauchen
und behalten, und nicht mit zweifelhaftigen, un-
gewöhnlichen, neuen oder verdechtigen formis
loquendi, oder wortgezenken, die arme betrübte
kirchen höher und weiter beunruhigen, betrüben
und zerrütten.
So aber der streit in einen hochwichtigen
artickel die lehre selbst antrift, und der irrende
teil sich durch der kirchenräthe freundliche
unterweisunge und vermahnung aus gottes wort
nicht will unterrichten und bewegen lassen, so
sollen die kirchenräthe mit unserm vorwissen,
hülf und zuthun, auch mit zuziehung und rath
etlicher verstendiger, gottseliger, gelehrter und
friedliebender prediger und theologen, eine ge-
wisse eigentliche und unzweifelhaftige formam der
lehre von demselben streitigen artikel aus gottes
wort stellen, und dieselbige bestendiglich und ernst-
lich zu treiben, und die irrthum zu strafen, beiden
theilen, insonderheit aber dem irrenden theil, auf-
erlegen, einbinden und befehlen. Und wann ein
zanksüchtiger, friedhessiger, eigensinniger, toller
kopf dieselbige gewisse formam anfechten und zu
schelten und zu lesteren nicht aufhören wolte, so
soll er sich dadurch seines amts selbst entsetzt
haben. Wie wir ihn dann auch nicht leiden,
sondern aus unsern landen zu verweisen wissen
wollen.
Es sollen aber auch nicht ohne unterscheid
alle prediger, eben sowol die, so sünde und
irrthum und öffentliche sünder und verführer
ernstlich strafen, als die andern, die ohne ursach
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