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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0419
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Kirchenordnung von 1585.

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lehret, aber ergerlichen lebet, so bricht er mehr
mit seinem unchristlichen wandel, denn er mit
dem predigen aufbauet, sagt Augustinus und
Nazianzenus.
Zum vierten, dieser publicirten kirchen ord-
nungen gehorsamlichen und getreulich in allen
puncten nachzukommen, seinem superintendenten
zu gehorsamen, mit jederman, predigern und zu-
hörern, friedlichen zu leben, und wo er mit jemand
aufstützig werden, und in zweihung oder miss-
verstende geraten würde, des superintendenten,
oder, wo es die wichtigkeit der sachen erfordern
würde, des negsten consistorii oder synodi ent-
scheidung oder abhelfunge gewertig sein und er-
dülden, sich vorpflichten und vorbinden.
Zum fünften sol er auch ermanet werden,
des landsfürsten und seines patroni und obrig-
keit nutz und bestes treulich zu wissen und fodern
und allen schaden zu vorwarnen, gleich andern
unterthanen, neben welchen er denn auch der
obrigkeit schutzes und freiheiten teglich ge-
neusset.
Und zum sechsten, wenn er solches alles
getreue und fest, mit handgebender vorpflichtunge
und treue zu halten, angelobet, alsdenn soll er
der kirchen ordnung unterschreiben, und damit
zu dem ampte zugelassen werden.
Und sol diese obgesatzte ordnunge immer mit
allen predigern unnachlessig also gehalten werden,
ungeachtet, ob gleich die vocirte persone, bereit
im predigtamt, ausserhalb dieser lande, und ordi-
niret sei oder nicht. Denn ohn vorgehendes
fleissiges examen sol niemand in diese kirchen
zu dienste, gefahr und schaden vorzukommen,
aufgenommen werden. Welche aber zuvor sein
zu dem predigtampt ordiniret worden, mit denen
sol es bei der vorigen beschehener ordination be-
wenden. Aber mit denen, so noch ungeordiniret,
muss der ritus ordinationis umb vieler ursachen
willen, wie hernach folgen wirt, gehalten werden.
II.
De jure patronatus.
Demnach auch, was der prediger wahl und
beruf angehet, sich wegen des juris patronatus
oft viel weiterungen und uurichtigkeiten begeben,
dass etwan den patronis ihre lehens gerechtigkeit,
welche sie an den pfarren ersessen und wol her-
gebracht haben, etliche aller dinge ganz und gar
entwenden und abstricken wollen, oder auch
etwa die patronen ihr recht weiter und ferner,
denn es sich billig gebüret, ziehen, und nur
ihres gefallens, ohn alle masse und bescheidenheit
auch gottes worte von dem ordentlichen berufe

der kirchen diener stracks zugegen, handeln
könten, nicht anders, als man den bauren einen
vogt ohn alle ihres vorwissen und consens einsetzet,
die kirchen gleicher weise mit predigern zu be-
stellen, sich möchten unterwinden, wie liederlich
geschehen kan, wenn nicht bestendiger bericht
vom jure patronatus bekant ist. Also haben wir
es eine hohe notturft erachtet, aus guten funda-
menten und gründen, auch zugleich aus göttlicher
heiliger schrift, allhie von diesem puncte beider-
seits ubermasse und ausschlage, zu guter richtig-
keit in unsern kirchen zu bringen, billigen und
klaren unterricht zu thunde.
Wollen derwegen erstlich anzeigen, woher
das jus patronatus seine ankunft und ursprung
habe.
Zum andern, wie ferne es sich erstrecke,
dass man wisse, wie weit der patronus mit gutem
gewissen zu gebaren, recht und fuge habe.
Und daraus wirt zum dritten sich selbst
finden und geben, worin der missbrauch solcher
gerechtigkeiten stehe, welche unbillig, und gottes
wort zu widern, und derwegen einzustellen sei.
Erstlich: zeugen die canones decretorum
Gratiani deutlich, das jus patronatus daher sei
komen, fürs erste, das entweder christliche und
andechtige leute zu gottes ehren, einem ganzen
kirchspiel zu gute, von ihren eigen erb und
lehen gütern eine kirche oder gottes haus ge-
stiftet und auferbauet haben, darin gottes wort
gelehret, die heilige hochwirdige sacramente zu
nutz des ganzen kirchspiel volkes ausgespendet
und empfangen, und der gottesdienst vorrichtet
solle werden. Oder auch, dass von der patronen
vorfaren und eltesten der grund, stette und boden
dem gemeinen kirchspiel zu nutz und gute ist
geschenket worden. Oder auch, dass sie etliche
und milte järliche rente, einkommen und güter
an liegenden gründen, stehenden erben, korne,
gelde und andern, zu des gottes hauses, und der
pastoren und anderer kirchendiener unterhalt und
vorsorgunge, vorordenet, und zu des gottesdienstes
beforderunge unwiderruflich, zu ewigen zeiten, dar-
zu vormacht und gewiedemet haben, für welche
christliche milte und gütigkeit entweder sie selbst
oder die gemeine zu ewiger gedechtnüss und
dankbarkeit ihnen die ehre bewiesen und für-
behalten, dass sie, entweder so lange als ihre
ganzes geschlecht übrig und im leben sein würde,
oder auch wol auf gewisse grad, personen, be-
lehnungen, nominationes, und zeit des gottes-
hauses lehenherren, collatores, custodes, pfleger oder
patronen sein sollen, also dass niemand in dem
kirchspiel ohn ihre wissen und consens pastor
sein, noch der järlichen pfarr güter einhaben
noch geniessen solle. Diss sein die ursachen,
daher das jus patronatus eigentlich seinen anfang
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