Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0457
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung von 1585.

441

und mit ehegelde vorsorgen. D. de ritu nupt. L.
Qui liberos.
Wo in vorlobnussen eine heirat mit einer
ehrlichen condition, welche in ehefellen billig stat
und raum hat, bewilliget worden were, als da
sein, wofern meine eltern, freunde und vormünden
hirin gehelen werden, auch wie weit und fern,
mir meines standes gelegenheit nach, gebürlicher
brautschatz und ehegeld werden mag etc. kan
solches nicht bindlich noch kreftig sein, wo solche
vorbehalten bedingunge nicht erfolget. Vorgisset
aber einer solcher bedingten und fürbehaltenen
condition, und greifet zu der beschlaffunge, so
mag er seiner condition nicht mehr geniessen.
Extra de condit. apposit. Innocenti 3. c. de illis,
et de conditio, appos. c. per tuas.
Wo jemand in der heirat also betrogen
würde, dass er nicht anders wisse noch gleubte,
denn dass seine braut jungfrau were, und sie also
ihme und nicht ander gestalt verlobet were worden:
aber ohn sein wissen sich hernach offentlich be-
fünde, dass sie ihre ehre und jungfrauschaft vor-
spildet hette, oder auch von einem andern were
geschwengert worden, und das unschüldige theil
sich hierüber beklagen würde, sol dieser unter-
scheid in acht genommen werden, nemlich, wo
die persone nach dem verlöbnuss sich ungebührlich
vorhalten, und ihrem breutigam untreu worden
were, so wirt sie billig als eine ehebrecherinne
gestrafet. Wenn aber sie für dem vorlöbnuss zu
falle kommen und gleichwol für jungfrau aus-
gelobet were, so ist klar, dass jure canonico solche
personen nicht können gescheiden werden, sondern
der mann das weib behalten. Ext. de iure jurand.
quemadmodum. § ita C. 29. q. 1, dabei es auch
viele consistoria beruhen lassen, dass error quali-
tatis die ehe nicht auflöse. Derwegan wenn solche
klage fürfallen. sol fleissig mit den parten güt-
liche handlunge gepflogen werden, ob man die
unschüldige persone dahin bewegen köndte, dem
schüldigen theile solchen fall und ubertretunge zu
vorzeihen und bei sich zu behalten, oder zu freien,
damit ferner unheil und weiterunge vorkommen
werde, wie in solchem falle David die Michol
Sauls tochter zu sich nimpt 2. Sam. 3 und 6. Da
aber nach viel fleissiges unterhandeln die vor-
söhnunge und zusammenteidinge nicht zu erhalten
sein würde, und man auf das klagende theil nicht
bringen könte, dass es sich hernach zu der andern
persone gehalten, und hernach ihrer nicht schüldig
worden were, wie er solches gerüchte von ihr er-
faren und inne worden were, kan man nicht
irren, dass man im namen des herrn nach dem
gesetze gottes, Deut. 22, sie scheide, und das
schüldige theil an ander örter vorweise, auf dass
nicht der unzucht und schande hiedurch uber-
holfen werde. Da er aber hette wissenschaft ge-
Sehling, Kirchenordnungen. V.

hapt, dass es umb seine braut also beschaffen,
und er gleichwol sie geehliget oder fleischlich er-
kandt hette, so hat er sich solcher richtlichen er-
forderunge dadurch vorlustig gemacht, und ihre
misshandlunge gebilliget und vorziehen.
Es zeuget auch Davids exempel, 2. Sam. 11,
dass eine ehe kan wol verstattet und geschlossen
werden zwischen solchen personen, welche sich
mit einandern bei leben ihrer vörigen ehegemalen
berüret haben. Jus canonicum vorbeut solche
ehe hart und ernstlich, aber in den reformirten
evangelischen consistoriis wirt nach des Davids
exempel in dieser frage gemeiniglich gesprochen,
und die scherfe juris canonici gemiltert. Wenn
aber ehebruch nach gepür gestrafet würde, were
solcher fragen nicht von nöten.
Und bedarf keiner schweren erorterunge, ob
ein christ sich mit einem unchristen und un-
gleubigen verheiraten müge. Denn hierin kan
mit bescheidenheit in gottesfurchte und gutem rate
wohl gehandelt werden. Denn gottes wort ist
hievon offenbar, Gen. 24. 28. 34, Exod. 34,
Deut. 7, Josu. 23, darin gott solchs verboten hat,
und ist auch oft nicht on gross gefahr, wie die
erfarunge zeuget. Und auch sonst bedenklich,
solcher gestalt seine kinder auszusteuren. Kan
derwegen jederman hierin der seinen heil, selig-
keit und nutz zu gemüte führen. Und Ambrosius
lib. 9, epist. 70 schreibet von solchen heiraten
und ehefellen an Vigilium: Doce ergo plebem, ut
non ex alienigenis, sed ex domibus Christianis,
conjugii quaeratur copula, 28. q. 1 et 2, Cyprian,
de lapsis. August, de fid, et oper. cap. 18, Hieron.
cont. Jovinia, Loadic. concil. can. 10 et 31, et
Chalced. 14 et Carthagin. 14 conjugia talia omnino
improbant. Etsi quae de iis dissolvendis disputant,
mitigatione egent juxta Paulum. Et Ambrosius
inquit: Quomodo potest congruere charitas, si
discrepet fides? Aber wenn ohn wissen des andern
teils das eine unrichtiger religion von anbeginne
gewesen, oder hernach in stehender ehe falscher
unchristlicher religion worden were, ist klar, dass,
welche wegen ungleicher religion und glauben die
ehe zwischen solchen eheleuten zerreissen und
scheiden wollen, offentlich wieder Paulum, auch
viele exempel und historien handeln, es were
denn, dass das eine theil das ander derwegen
bösslichen vorliesse und vorliefe, wie bei den
widerteufern oft geschicht. Denn in solchem fall
muss dem unschüldigem theile vermüge der lehre
des apostels Pauli hülfe geleistet werden. Denn
hiemit wirt das gleubige theil frei, gleich wie in
den andern desertionibus.
Auch wollen wir, dass nicht ungestrafet bleibe
die leichtfertigkeit, da oft nach gehaltenem und
geschlossen, einen ordentlichen vorlobnuss, ein
teil das ander on ursach, nur aus wankel-

56
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften